Essen: Jugendliche misshandeln zwei Mädchen – Sind unsere Kinder noch sicher?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 854
des Abgeordneten Markus Wagner vom 01.12.2022

Essen: Jugendliche misshandeln zwei Mädchen Sind unsere Kinder noch sicher?

Nach Informationen der Bild-Zeitung wurden zwei Mädchen in Essen von insgesamt vier Jugendlichen gefangen, geschlagen und gefoltert. Das Martyrium der Opfer spielte sich am 8. November 2022 in einer Wohnung im Stadtteil Schonnebeck ab und wurde erst durch eine Nachbarin unterbrochen. Diese hörte Schreie der 15 und 16 Jahre alten Mädchen und klingelte an der Wohnungstür. Die mutmaßlichen Täter verließen daraufhin fluchtartig die Wohnung. Die alarmierten Rettungskräfte brachten die Mädchen in ein Krankenhaus, wo sie medizinisch versorgt werden mussten. Laut Aussage eines Polizeisprechers sollen die Opfer „geschlagen und unter anderem mit einem Elektroschocker, einer Zigarette und heißem Wasser misshandelt worden sein. Die Tatverdächtigen sollen auch mit Messern gedroht und die Haare einer der jungen Frauen abgeschnitten haben“.1 Außerdem habe man die Opfer durch Stromstöße und Schläge sowie durch das Ausdrücken brennender Zigaretten auf der Haut gequält. Des Weiteren seien ihre Köpfe gegen die Wand geschlagen worden. Noch am selben Tag nahm die Polizei vier Verdächtige im Alter von 15, 16 und 17 Jahren fest. Die mutmaßlichen Täter, die allesamt polizeibekannt seien, haben die deutsche sowie die deutsch-guineische Staatsangehörigkeit. Unter anderem fielen sie schon neben Diebstahldelikten wegen anderer Gewalttaten auf, bei denen Waffen eingesetzt wurden.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wurden oder werden die Tatverdächtigen als Intensivtäter geführt?
  3. Welche (Er-)Kenntnisse liegen hinsichtlich der Erziehungsberechtigten der in Frage 1 abgefragten Tatverdächtigen vor? (Bitte alle Vorstrafen der Erziehungsberechtigten, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Erziehungsberechtigten, seit wann die Erziehungsberechtigten im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Erziehungsberechtigten und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Erziehungsberechtigten nennen.)
  4. In welcher Form wird gewährleistet, dass die Opfer psychologische Hilfe in Anspruch nehmen können? (Bitte konkret benennen.)

Markus Wagner

 

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1 Vgl. h t t p s :/ / w ww . b il d . de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/essen-zwei-maedchen-15-16-gequaelt-4-jugendliche-in- u- h a f t- 8 1 9 4 8 910.bild.html.

2 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 854 mit Schreiben vom 5. Januar 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tat­verdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vor­namen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Zur Beantwortung hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 14.12.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat dem Ministerium der Justiz hierzu unter dem 06.12.2022 u. a. berichtet, dass sich die mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Ermittlungen gegen vier Jugendliche, nicht vorbestrafte Beschuldigte mit deutscher Staatsangehörigkeit – in einem Fall zugleich mit einer weiteren Staatsangehörigkeit – wegen gefährlicher Körperverletzung richteten und andauerten. Die Beschuldigten befänden sich aufgrund am 11.11.2022 antragsgemäß erlassener Haftbefehle in Untersuchungshaft. Seit wann die Beschuldigten, die allesamt in Deutschland geboren seien, im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, sei ihr nicht bekannt und für die Ermittlungen ohne Bedeutung.

Von einer Mitteilung weiterer personenbezogener Einzelheiten zu den jugendlichen Beschul­digten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemei­nen Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten und der Unschuldsvermutung sowie auch im Hin­blick auf den besonderen Schutz jugendlicher Beschuldigter und den Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts vorliegend abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren wären die Beschul­digten bei Mitteilung weiterer Einzelheiten identifizierbar bzw. würde die Gefahr der Identifi-zierbarkeit erheblich erhöht. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das nicht der kon­kreten Strafverfolgung einzelner Personen gilt, sondern der Regierungskontrolle und Gesetz­gebung dient, wird durch die weiteren Angaben zu den Beschuldigten und zum Sachstand entsprochen.“

  1. Wurden oder werden die Tatverdächtigen als Intensivtäter geführt?

Die Tatverdächtigen wurden zum Zeitpunkt der Tatbegehung nicht als Intensivtäter geführt. Im Rahmen der fortlaufenden Auswertung und Bewertung der Kriminalitätslage wird auch eine mögliche Aufnahme der vier Tatverdächtigen ins Intensivtäterkonzept des Polizeipräsidiums Essen geprüft.

  1. Welche (Er-)Kenntnisse liegen hinsichtlich der Erziehungsberechtigten der in Frage 1 abgefragten Tatverdächtigen vor? (Bitte alle Vorstrafen der Erziehungs­berechtigten, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Erziehungsberechtig­ten, seit wann die Erziehungsberechtigten im Besitz der deutschen Staatsbürger­schaft sind, Vornamen der deutschen Erziehungsberechtigten und sonstige poli­zeiliche Erkenntnisse über die Erziehungsberechtigten nennen.)

Zur Beantwortung hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 14.12.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„Dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht zufolge liegen der Staatsanwaltschaft Essen weder Erkenntnisse zu den Erziehungsberechtigten vor noch hat das Ermittlungsverfahren bisher Anlass zu Ermittlungen im Sinne der Frage 3 gegeben.“

  1. In welcher Form wird gewährleistet, dass die Opfer psychologische Hilfe in An­spruch nehmen können? (Bitte konkret benennen.)

Zur Beantwortung hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 14.12.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat hierzu in ihrem in der Frage 1 genannten Be­richt mitgeteilt, dass die Geschädigten im Rahmen des polizeilichen Einsatzes einem Kran­kenhaus zugeführt und ihre Erziehungsberechtigten informiert worden seien, hinsichtlich einer Geschädigten auch das für sie zuständige Jugendamt. Die Prüfung und Umsetzung gebotener Opferschutzmaßnahmen dauere an.“

Zur Beantwortung hat mir das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit Schreiben vom 13.12.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„Menschen, die Opfer eines rechtswidrigen vorsätzlichen tätlichen Angriffs geworden sind, ha­ben für die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen eines solchen Angriffs Anspruch auf Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz. Dieser Anspruch umfasst neben Leistun­gen der Heil- und Krankenbehandlung laufende Leistungen zur Kompensation aller aus der Schädigung resultierender Folgen. Diese Ansprüche bestehen uneingeschränkt auch für die in der Anfrage genannten Betroffenen. Zu den psychologischen Hilfsangeboten zählen auch Behandlungen in Traumaambulanzen für Erstintervention und Verhinderung von Traumata.“

 

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Beteiligte:
Markus Wagner