Essener Tafel – Wie ist die Lage bei den anderen Tafeln in NRW?

Kleine Anfrage
vom 05.03.2018

Kleine Anfrage 842
der Abgeordneten Herbert Strotebeck und Helmut Seifen AfD

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Prolog: Die Tafel in Essen hat sich im Dezember 2017 zu einem (vorübergehenden) Aufnahmestopp für Ausländer entschieden bzw. vergibt Berechtigungen zum Empfang von Lebensmitteln nur noch an Menschen mit deutschem Pass. Anlass für die Regelung ist laut Essener Tafel, dass sich vor allem ältere Deutsche dort nicht mehr wohlfühlen und von den Ausländern be- und verdrängt werden. Der Ausländeranteil der Nutzer der Essener Tafel betrug 2015 35 Prozent, mittlerweile sind es 75 Prozent. Die Ausländer haben laut Tafelleitung einen „mangelnden Respekt gegenüber Frauen“ gezeigt. Die Hauptzielgruppe der Tafel sind Senioren, Familien mit Kindern und Alleinerziehende.

Unter anderem CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Staatssekretärin Sawsan Chebli kritisierten den vorübergehenden Aufnahmestopp für Ausländer. Die Essener Tafel will dennoch daran festhalten.

Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete und Philosoph Richard Schröder machte in einem Essay in der „Welt“ am 28. Februar darauf aufmerksam, dass der Verdrängungsprozess einheimischer Frauen von Lebensmittelausgaben seit  mindestens zwei Jahren bundesweit auftrete: „Und wenn 75 Prozent der Registrierten Migranten sind, ist es doch gerecht und in Ordnung, nun den Nicht-Migranten die Gelegenheit zu geben, auch noch registriert zu werden.“

Neben Essen haben offensichtlich auch andere Städte Lösungen für das Problem mit dem hohen Ausländeranteil bei Tafeln gesucht: In Chemnitz wurden getrennte Ausgabetage für Deutsche und Ausländer eingerichtet.

Daher fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie hoch ist der Ausländeranteil der Nutzer der Tafeln der drei größten Städte in NRW (Köln, Düsseldorf, Dortmund)?
  2. Wie hat sich der Ausländeranteil an den Tafeln in NRW insgesamt seit 2015 entwickelt (bitte in Prozent und absoluten Zahlen)?
  3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es in den letzten zwei Jahren auch an anderen Tafeln zu Problemen mit Ausländern gekommen ist?
  4. Wie wertet die schwarz-gelbe Landesregierung den „Ausländer-Aufnahmestopp“ der Essener Tafel?
  5. In welcher finanziellen Höhe unterstützt die Landesregierung den Landesverband der Tafeln dieses Jahr?

Herbert Strotebeck

Helmut Seife

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 842 im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und In­tegration wie folgt:

  1. Wie hoch ist der Ausländeranteil der Nutzer der Tafeln der drei größten Städte in NRW (Köln, Düsseldorf, Dortmund)?

Der Landesverband der Tafeln in Nordrhein-Westfalen erstellt keine Statistiken bzgl. der soziodemographischen Daten der Nutzerinnen und Nutzer. Der Landesregierung liegen hierzu somit keine Daten vor. Die Tafeln sind als Initiativen in privater Trägerschaft grundsätz­lich selbständig und unterscheiden sich in Bezug auf Organisation und Herangehensweise. So beliefert die Kölner Tafel regelmäßig ca. 180 soziale Einrichtungen, die sich in besonderer Weise um bedürftige Menschen kümmern. Eine direkte Lebensmittelausgabe an Bedürftige findet nicht statt.

  1. Wie hat sich der Ausländeranteil an den Tafeln in NRW insgesamt seit 2015 entwickelt (bitte in Prozent und absoluten Zahlen)?

Entsprechende Daten liegen der Landesregierung nicht vor.

  1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es in den letzten zwei Jahren auch an anderen Tafeln zu Problemen mit Ausländern gekommen ist?

Die Nachfrage nach Lebensmitteln der Tafeln hat allgemein, auch durch den Zuzug von Flüchtlingen und Arbeitsmigranten, in den letzten Monaten im Durchschnitt zugenommen. Einzelne Tafeln entscheiden sich für Aufnahmestopps bzw. Wartelisten, da die wach­sende Nachfrage nicht überall mit einer entsprechend größeren Menge an zur Verfügung stehenden Lebensmitteln korrespondiert.

  1. Wie wertet die schwarz-gelbe Landesregierung den „Ausländer-Aufnahmestopp“ der Essener Tafel?

Die Arbeit der Essener Tafel zeichnet sich durch ein langjähriges und umfängliches Engagement aus. Bei ihr sind 1.800 Einzelpersonen und Familien registriert, insgesamt gibt es rund 6.000 Menschen, die die Tafel nutzen und die von 120 Mitarbeitenden versorgt werden. Zu den Kunden gehören nach eigenen Angaben der Tafel insbesondere Alleinerziehende, Familien mit minderjährigen Kindern, Seniorinnen und Senioren und Menschen mit Migrationshintergrund.

Es müssen bei großem Andrang Kriterien gefunden werden, wie diese begrenzten Mittel gerecht verteilt werden können. Deshalb begrüßt die Landesregierung, dass nun unter Moderation des Sozi­aldezernenten der Stadt Essen am 9. März 2018 ein runder Tisch mit den Verantwortlichen der Essener Tafel, den Essener Wohlfahrts­verbänden sowie den Migrantenselbstorganisationen stattgefunden hat.

Der hierzu veröffentlichten gemeinsamen Presseerklärung aller Be­teiligten ist zu entnehmen, dass sich die beteiligten Organisationen und Verbände unter anderem darauf verständigt haben, die derzeiti­gen vorübergehend eingeführten Beschränkungen schnellstmöglich aufzuheben. Sollte es zukünftig erneut zu Kapazitätsengpässen bei der Aufnahme von Neukarteninhaberinnen und -inhabern kommen, würden besonders Alleinerziehende, Familien mit minderjährigen Kindern sowie Seniorinnen und Senioren – egal welcher Herkunft ­bevorzugt aufgenommen. Darüber hinaus werde die Essener Tafel ihre Kernzielgruppe um die Gruppe der über 50-Jährigen Essenerin­nen und Essener im Transferleistungsbezug erweitern.

  1. In welcher finanziellen Höhe unterstützt die Landesregierung den Landesverband der Tafeln dieses Jahr?

Eine finanzielle Unterstützung des Landesverbandes der Tafeln durch die Landesregierung findet nicht statt und ist auch nicht vorge­sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Josef Laumann