„EuroVisions“ – Was kostet den Steuerzahler die Indoktrination seiner Kinder?

Kleine Anfrage
vom 13.07.2020

Kleine Anfrage 4089des Abgeordneten Sven Werner Tritschler vom 13.07.2020

 

„EuroVisions“ – Was kostet den Steuerzahler die Indoktrination seiner Kinder?

Seit dem Jahre 2006 fordert das Land Nordrhein-Westfalen jährlich alle Schüler auf, sich mit multimedialen Beiträgen an einem Wettbewerb unter wechselnden Mottos zu beteiligen. Nachdem in den vergangenen Jahre Leitsätzen wie „Willkommen in Europa?!“ und „#WERTVOLLES EUROPA“ vorgegeben wurden, stand das Jahr 2019 unter der Parole „Dein Europa – Deine Initiative“.1

Die Schüler werden ermuntert sich mit verschiedenen Beiträgen in den drei Kategorien „Kurzfilm“, „Foto / Sekundarstufe I“ und „Foto / Sekundarstufe II“ für den Europagedanken im weitesten Sinne zu engagieren. Von den eingereichten Projekten werden anschließend zwei bis drei aus jeder Kategorie ausgewählt und zum „Sieger“ erklärt.

Im Jahre 2019 erhielt das siegreiche Projekt ein Preisgeld in Höhe von 750 Euro, das zweitplatzierte eines in Höhe von 500 Euro und das drittplatzierte eines in Höhe von 300 Euro.2 Die Siegerfotos der beiden Foto-Kategorien wurden anschließend als Poster gedruckt und an unterschiedliche Adressaten versandt, zum Beispiel an die Büros von EU-Abgeordneten. Außerdem können die erfolgreichen Motive in Form von Postkarten bestellt werden.

Die siegreichen Kurzfilme können auf der „EuroVisions“-Homepage abgerufen werden. Die prämierten Beiträge der Schüler tragen Titel wie „Seenotrettung für alle“, „Wir sind die EU“ oder „Von Mali nach Deutschland“.

Es ist wichtig und richtig, dass sich Kinder, aber vor allem auch Jugendliche, mit Themen wie EU, Massenmigration oder illegale Einwanderung beschäftigen und auseinandersetzen. Jedoch bleibt es angesichts der tendenziösen Mottovorgaben ungewiss, ob und wie differenziert die Schüler an solche Themen herangeführt werden und ob auch kritische Gedanken und Fragen gestattet sind. Es bleibt offen, ob die Kinder und Jugendlichen im Rahmen der Themenbearbeitung erfahren oder eigenständig herausfinden können, dass beispielsweise Flüchtlinge aus Mali auf dem Weg nach Deutschland mehrere Urlaubsländer und sichere Drittstaaten durchqueren, dass es ein Asylrecht gibt, an das es sich zu halten gilt oder dass die Institution „Europäische Union“ etwas anderes ist als der Kontinent Europa. Weiterhin bleibt die Frage offen, ob ein EU-kritischer Beitrag die gleichen Chancen auf einen Sieg hat wie ein Projekt mit dem Titel „EU – It‘s for you!“. Es ist ebenfalls nicht offensichtlich, wieviel Geld abseits der Siegprämien in das Projekt „EuroVisions“ fließt.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie hoch waren die Kosten der „EuroVisions“-Wettbewerbe seit dem Jahre 2006 bis heute insgesamt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr und Verwendung der Gelder)
  2. Wurde in der Geschichte des Schülerwettbewerbs „EuroVisions“ jemals ein EU- oder migrationskritischer Beitrag eingereicht? (Bitte aufschlüsseln nach den Kategorien Kurzfilm, Foto/Sek.I und Foto/Sek.II)
  3. Nach welchen Beurteilungskriterien werden die eingereichten Beiträge bewertet? (Bitte aufschlüsseln nach Kriterium und Gewichtung des Kriteriums)
  4. Wie viele Beiträge wurden im Jahre 2019 insgesamt eingereicht? (Bitte aufschlüsseln nach den Kategorien Kurzfilm, Foto/Sek.I und Foto/Sek.II)
  5. Inwieweit ist der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Dr. Holthoff-Pförtner, offen für ein EU-kritisches Motto (z.B. degressive proportionale Repräsentation), für den Schülerwettbewerb in diesem oder nächstem Jahr?

Sven Werner Tritschler

 

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1 https://www.mbei.nrw/eurovisions

2 https://www.m bei.nrw/de/pressemitteilung/die-gewinner-im-schuelerfoto-und-kurzfilmwettbewerb-eurovisions-stehen-fest-0


Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales hat die Kleine Anfrage 4089 mit Schreiben vom 5. August 2020 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie hoch waren die Kosten der „EuroVisions“-Wettbewerbe seit dem Jahre 2006 bis heute insgesamt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr und Verwendung der Gelder)

Da die Aufbewahrungsfrist laut II (2) Anlage 1 der Registratur- und Aktenordnung der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen zehn Jahre umfasst, werden in der folgenden Darstellung die Wettbewerbsjahre 2010 bis 2019 berücksichtigt. Die Sachkosten umfassen vor allem die Ausrichtung der Jurysitzung und der Preisverleihung.

Jahreszahl Preisgeld Druck- und
Sachkosten
Gesamt  
2019 4.600,00 9.114,55 13.714,55
2018 4.600,00 15.583,50 20.183,50
2017 4.650,00 13.171,23 17.821,23
2016 4.600,00 13.130,63 17.730,63
2015 3.300,00 13.810,33 17.110,33
2014 4.525,00 13.396,76 17.921,76
2013 5.000,00 15.038,37 20.038,37
2012 5.800,00 10.524,00 16.324,50
2011 4.500,00 17.589,44 22.089,44
2010 4.450,00 12.967,07 17.417,07

 

  1. Wurde in der Geschichte des Schülerwettbewerbs „EuroVisions“ jemals ein EU-oder migrationskritischer Beitrag eingereicht? (Bitte aufschlüsseln nach den Kategorien Kurzfilm, Foto/Sek. I und Foto/Sek. II)

In der Geschichte des Wettbewerbs wurden ganz unterschiedliche Beiträge eingereicht. Die Landesregierung ist weiterhin offen für jegliche Art von Beiträgen.

  1. Nach welchen Beurteilungskriterien werden die eingereichten Beiträge bewertet? (Bitte aufschlüsseln nach Kriterium und Gewichtung des Kriteriums)

Die Beiträge werden grundsätzlich nach inhaltlichen und ästhetischen Kriterien ausgewählt. Eine besondere Rolle in der Bewertung spielt dabei die kreative Auseinandersetzung mit dem Thema Europa und die qualitative Beschaffenheit der eingereichten Beiträge. Auch die Schulform sowie das Alter der teilnehmenden Jugendlichen finden Berücksichtigung.

  1. Wie viele Beiträge wurden im Jahre 2019 insgesamt eingereicht? (Bitte aufschlüsseln nach den Kategorien Kurzfilm, Foto/Sek. I und Foto/Sek. II)

Im Jahr 2019 sind 268 Wettbewerbsbeiträge eingegangen: 44 Kurzfilme, 96 Beiträge in der Kategorie Foto/ Sek. I und 128 Beiträge in der Kategorie Foto Sek. II.

  1. Inwieweit ist der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Dr. Holthoff-
    Pförtner, offen für ein EU-kritisches Motto (z.B. degressive proportionale Repräsentation), für den Schülerwettbewerb in diesem oder nächstem Jahr?

Nach unserer Landesverfassung trägt „Nordrhein-Westfalen […] zur Verwirklichung und Entwicklung eines geeinten Europas [bei], das demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen sowie dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist, die Eigenständigkeit der Regionen wahrt und deren Mitwirkung an europäischen Entscheidungen sichert. Das Land arbeitet mit anderen europäischen Regionen zusammen und unterstützt die grenzüberschreitende Kooperation.“

An dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe werden sich zukünftige Wettbewerbe orientieren.

 

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Beteiligte:
Sven Tritschler