Explosion beschädigt Linken-Parteibüro

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 153
des Abgeordneten Markus Wagner vom 07.07.2022

 

Explosion beschädigt Linken-Parteibüro

Nach Medienberichten kam es in der Nacht zu Dienstag, dem 5. Juli 2022, zu einer Explosion am Parteibüro der Linken am Friedensplatz in Oberhausen. Dabei wurden die Schaufenster sowie der Innenbereich des Parteibüros völlig zerstört.1 Auch angrenzende Geschäfte wurden beschädigt. Nach Angaben der Polizei wurde ein selbstgebastelter Sprengstoff, eine sogenannte „unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung“ eingesetzt.2 Nach Angaben der Linksfraktion habe es in den vergangenen Wochen immer wieder Drohbriefe aus der rechten Szene gegeben.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Welche Kenntnisse haben die Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden des Landes NRW über die Anzahl von Angriffen auf Büros bzw. Räumlichkeiten von Parteien seit dem 1. Januar 2016 in Nordrhein-Westfalen, die im nordrhein-westfälischen Landtag, im Deutschen Bundestag respektive im Europaparlament vertretenen sind? (Bitte nach Tatort, Tatzeitpunkt, Tathergang, Delikt, Partei und ggf. Abgeordneter aufschlüsseln.)
  3. Welche Erkenntnisse haben die Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden des Landes NRW über die Anzahl von Angriffen auf Privatwohnungen und Kfz von Abgeordneten des nordrhein-westfälischen Landtags beziehungsweise deren Mitarbeitern seit dem 1. Januar 2016? (Bitte nach Tatort, Tatdatum, Tathergang, Delikt, Partei, Abgeordneten und Parteizugehörigkeit aufschlüsseln.)
  4. Zu welchen der in Frage 2 aufgeführten Taten konnten nach Kenntnis der Landesregierung Täter beziehungsweise Tatverdächtige ermittelt werden respektive welchen politischen Hintergrund weisen diese Täter/Tatverdächtigen auf?
  5. Zu welchen der in Frage 2 aufgeführten Taten liegen nach Kenntnis der Landesregierung Hinweise für eine politische Motivation der Taten vor beziehungsweise wie sehen diese Hinweise für die einzelnen Taten aus respektive auf welchen politischen Hintergrund der Täter lassen sie schließen? (Bitte nach Tatort, Tatdatum und Tathergang, Delikt aufschlüsseln.)

Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. https://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/oberhausen-sprengstoffanschlag-auf-buero-der-linken-80604056.bild.htm l.

2 Vgl. https://www.stern.de/politik/deutschland/oberhausen–staatsschutz-ermittelt-nach-explosion-in-linke-parteibuero-32512904.html.

3 Vgl. https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/oberhausen-explosion-101.html.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 153 mit Schreiben vom 11. August 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß der §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Die Erhebung der Fallzahlen für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen als vorläufig zu betrachten sind.

1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Zur Beantwortung hat mir das Ministerium der Justiz folgenden Beitrag übersandt:

„Die Leitende Oberstaatsanwältin in Duisburg hat dem Ministerium der Justiz unter dem 20.07.2022 berichtet, dass sich die mit der Frage 1 angesprochenen Ermittlungen gegen Unbekannt richteten und wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u. a. geführt würden. Zum Tathergang hat sie im Wesentlichen mitgeteilt, dass nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen ein an dem Griff der Eingangstür des Parteibüros angebrachter Sprengsatz zur Explosion gebracht worden sei, wobei es sich nach vorläufiger Einschätzung des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen um eine Sprengvorrichtung gehandelt habe, die aus einem pyrotechnischen Gegenstand und einem oder mehreren mit Gas gefüllten Druckbehältern bestand. Aufgrund der Wucht der Explosion sei ein erheblicher Sachschaden an dem Gebäude und den angrenzenden Nebengebäuden, jedoch kein Personenschaden entstanden.“

2. Welche Kenntnisse haben die Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden des Landes NRW über die Anzahl von Angriffen auf Büros bzw. Räumlichkeiten von Parteien seit dem 1. Januar 2016 in Nordrhein-Westfalen, die im nordrhein-westfälischen Landtag, im Deutschen Bundestag respektive im Europaparlament vertreten sind? (Bitte nach Tatort, Tatzeitpunkt, Tathergang, Delikt, Partei und ggf. Abgeordneter aufschlüsseln.)

4. Zu welchen der in Frage 2 aufgeführten Taten konnten nach Kenntnis der Landesregierung Täter beziehungsweise Tatverdächtige ermittelt werden respektive welchen politischen Hintergrund weisen diese Täter/Tatverdächtigen auf?

5. Zu welchen der in Frage 2 aufgeführten Taten liegen nach Kenntnis der Landesregierung Hinweise für eine politische Motivation der Taten vor beziehungsweise wie sehen diese Hinweise für die einzelnen Taten aus respektive auf welchen politischen Hintergrund der Täter lassen sie schließen? (Bitte nach Tatort, Tatdatum und Tathergang, Delikt aufschlüsseln.)

Die Fragen 2, 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Im Rahmen der KPDM-PMK werden ausschließlich Straftaten erfasst, bei denen eine politische Motivation des Täters bzw. der Täterin vermutet wird und/oder aufgrund der Eigenschaft des Zähldeliktes ein politischer Bezug (originäres Staatsschutzdelikt) gegeben ist.

Angriffsziel einer politisch motivierten Straftat ist das Objekt (Ort, Sache, Institution, Veranstaltung oder Person), welches aufgrund einer festgestellten oder sich aus Phänomenbereich und ggf. Themenfeld ergebenden Motivation heraus direkt und/oder inhaltlich gezielt angegriffen wird.

Für den Zeitraum vor dem 01.01.2019 verweise ich auf die Antwort auf die Kleine Anfrage 3043 aus 2019 (LT-Drs. 17/7787).

Seit dem 01.01.2019 steht das bundesweit gültige Auswahlkriterium “Angriffsziel Parteigebäude bzw. Parteieinrichtung“ im Rahmen des KPMD-PMK zur Verfügung. Dieses Angriffsziel umfasst alle Sachverhalte im Zusammenhang mit den o.g. Erfassungskriterien des Objektes. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 131 Fälle im Zusammenhang mit dem Angriffsziel bekannt. In 13 Fällen handelt es sich um eine geschädigte Partei, die zum Tatzeitpunkt in keinem der aufgezählten Parlamente vertreten war. IN sechs Fällen konnten Tatverdächtige ermittelt werden.

Eine detailliertere Darstellung ist ausschließlich im Rahmen einer händischen Auswertung möglich. Diese war in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Die Aufschlüsselung der 131 Fälle bitte ich der beigefügten Anlage zu entnehmen.

3. Welche Erkenntnisse haben die Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden des Landes NRW über die Anzahl von Angriffen auf Privatwohnungen und Kfz von Abgeordneten des nordrhein-westfälischen Landtags beziehungsweise deren Mitarbeitern seit dem 1. Januar 2016? (Bitte nach Tatort, Tatdatum, Tathergang, Delikt, Partei, Abgeordneten und Parteizugehörigkeit aufschlüsseln.)

Für den Zeitraum vor dem 01.01.2019 verweise ich auf die Antwort auf die Kleine Anfrage 3043 aus 2019 (LT-Drs. 17/7787).

Für die Jahre 2019 bis 2022 konnten automatisiert eine geringe Anzahl an Sachverhalten erhoben werden, bei denen eine Person wegen ihres aktiven Landtagsmandates für Nordrhein-Westfalen Ziel einer Straftat wurde. Die weitergehenden Kriterien (KFZ/Privatwohnung) konnten ausnahmsweise im Rahmen einer händischen Auswertung festgestellt werden.

Die gewünschte Aufschlüsselung von Angriffen auf Privatwohnungen und Kfz von Abgeordneten des nordrheinwestfälischen Landtags bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Tatort/Tatzeit Tathergang Deliktsgruppe Parteizugehörigkeit
Hückelhoven, 25.06.2020 Es wurden Graffitis „Fuck CDU“ auf Gehweg unmittelbar vor Privathaus des MdL festgestellt. Sachbeschädigungs-delikt CDU
Bielefeld, 24.08.2020 Ein Zettel mit Beleidigungen und Verleumdungen wurde im Briefkasten der Privatanschrift aufgefunden. Beleidigungsdelikt AfD
Höxter, 11.01.2022 Ein Autoreifen des Privat-Kfz des MdL wurde aufgeschlitzt. Sachbeschädigungs-delikt CDU
Hückelhoven, 14.04.2022 Auf dem Gehweg vor der Privatanschrift wurden Graffitis festgestellt. Weiter wurden Flyer mit der Aufschrift „Idiot“ am Pkw, welcher auf dem Grundstück des Geschädigten stand, angebracht. Sachbeschädigungs-delikt CDU

 

Eine Aufschlüsselung der Angriffe gegen Mitarbeiter kann mit einem vertretbaren Aufwand innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht erstellt werden.

 

Antwort samt Anlage als PDF

Beteiligte:
Markus Wagner