Kleine Anfrage 2400
der Abgeordneten Klaus Esser und Markus Wagner AfD
Fahrraddiebstähle in NRW: Warum soll eine Radinfrastruktur aufgebaut werden, wenn den Bürgern das „Verkehrswende“ Transportmittel reihenweise entwendet wird?
Fahrräder sind nicht nur bei umwelt- und gesundheitsbewegten Bürgern in unseren Großstädten beliebt, sondern auch seit Jahren bei Dieben. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Fahrräder zu den am häufigsten gestohlenen Gegenständen in Deutschland zählen. Im Jahr 2022 wurden 265.562 Fahrraddiebstähle bundesweit polizeilich erfasst.1 Das sind im jährlichen Durchschnitt mehr als 700 pro Tag. Da hilft es wenig, wenn der ADFC postuliert, dass die Zahl der Diebstähle gesunken sei und sich dabei primär auf gestohlene Räder bezieht, die auch versichert waren.2 Der Versuch, die Zahlen klein zu rechnen, liegt auf der Hand, da sonst die Verlässlichkeit des individuellen Fortkommens per Rad keineswegs als gesichert gelten kann. Wem aber das Rad einfach so weggeklaut wird, der braucht auch keine moderne Radwegeinfrastruktur und wird sich schwerlich noch von einer „Verkehrswende“ begeistern lassen – zumal auch hochpreisige E-Bikes von Diebesbanden selbst bei Tageslicht blitzschnell und absolut dreist entwendet werden.3
Daher fragen wir die Landesregierung:
- Wie viele Fahrraddiebstähle ereigneten sich in den letzten fünf Jahren in NRW? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Art bzw. Wert des gestohlenen Rades sowie örtlichen Diebstahlschwerpunkten)?
- Wie hat sich die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen in NRW in den letzten fünf Jahren entwickelt?
- Welche Täter bzw. Tatverdächtige wurden in den letzten fünf Jahren ermittelt? (Bitte Anzahl, Herkunft, Nationalität, Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit benennen)
- In welchem Umfang tragen GPS-Tracker für Fahrräder dazu bei, gestohlene Fahrräder wieder ausfindig zu machen?
- Wie will die Landesregierung nach den „Corona-Jahren“ den erneut stark anziehenden Fahrraddiebstählen begegnen?
Klaus Esser
Markus Wagner
2 https:// www .adfc.de/neuigkeit/zahl-der-fahrraddiebstaehle-gesunken
3 https:// twitter .com/Perowinger94/status/1693918547829801298
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2400 mit Schreiben vom 6. Oktober 2023 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.
- Wie viele Fahrraddiebstähle ereigneten sich in den letzten fünf Jahren in NRW? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Art bzw. Wert des gestohlenen Rades sowie örtlichen Diebstahlschwerpunkten)?
Die Anzahl der Fahrraddiebstähle nach Jahren bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Jahr | bekannt gewordene Fälle |
2018 | 71 065 |
2019 | 65 488 |
2020 | 61 902 |
2021 | 55 155 |
2022 | 62 405 |
- Wie hat sich die Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen in NRW in den letzten fünf Jahren entwickelt?
Die Entwicklung der Aufklärungsquote bei Fahrraddiebstählen in NRW bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Jahr | Aufklärungsquote in % |
2018 | 8,23 |
2019 | 7,92 |
2020 | 7,74 |
2021 | 8,18 |
2022 | 8,53 |
- Welche Täter bzw. Tatverdächtige wurden in den letzten fünf Jahren ermittelt? (Bitte Anzahl, Herkunft, Nationalität, Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit benennen)
Die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Jahr | Tatverdächtige |
2018 | 5 065 |
2019 | 4 749 |
2020 | 4 507 |
2021 | 4 007 |
2022 | 4 431 |
- In welchem Umfang tragen GPS-Tracker für Fahrräder dazu bei, gestohlene Fahrräder wieder ausfindig zu machen?
Eine statistische Auswertung, in wie vielen Fällen GPS-Tracker zum Wiederauffinden entwendeter Fahrräder beigetragen haben, liegt nicht vor.
Das Anbringen oder der Einbau von GPS-Trackern kann dazu beitragen, entwendete Fahrräder wieder aufzufinden. In der Regel wird die Besitzerin bzw. der Besitzer des Fahrrades per SMS alarmiert, wenn das abgestellte Fahrrad bewegt wird. In diesem Fall können bei einer direkten Alarmierung der Polizei durch die Besitzerin bzw. den Besitzer polizeiliche Maßnahmen zur Ergreifung der Täterinnen und Täter und zum Wiederauffinden des Fahrrades umgesetzt werden. Gleichwohl ist einschränkend hinzuzufügen, dass die Funktionalität von GPS-Trackern von bestimmten Faktoren abhängig ist – beispielsweise in Bezug auf die Art der Datenübermittlung oder die Signalstärke.
Neben weiteren Sicherungsmaßnahmen – beispielsweise der Sicherung von Fahrrädern mit bruchsicheren Fahrradschlössern, einem Fahrradpass und der Fahrradregistrierung bei der örtlich zuständigen Kreispolizeibehörde – stellt das Anbringen von GPS-Trackern eine sinnvolle Sicherungsmöglichkeit für Fahrräder dar. Zu berücksichtigen ist auch, dass bereits die Kenntnis, dass ein Fahrrad mit einem GPS-Tracker ausgestattet ist, dazu beitragen kann, potenzielle Diebinnen und Diebe abzuschrecken.
- Wie will die Landesregierung nach den „Corona-Jahren“ den erneut stark anziehenden Fahrraddiebstählen begegnen?
Zunächst ist unter Bezugnahme auf die Beantwortung der Frage 1 zu konstatieren, dass die Fallzahlen des Jahres 2022 signifikant unterhalb der Fallzahlen vor den Jahren, die unter dem Einfluss von der Covid19-Pandemie standen, liegen. Die Kreispolizeibehörden analysieren und bewerten fortlaufend die aktuelle Kriminalitätslage, initiieren im Rahmen der eigenen Schwerpunktsetzung interne und behördenübergreifende Maßnahmen und entwickeln diese fortlaufend weiter. Dabei bedienen sie sich umfangreicher präventiver und repressiver Maßnahmen. Die Kreispolizeibehörde Münster beispielweise hat die Bekämpfung des Fahrraddiebstahls in ihre Behördenstrategie aufgenommen und konzeptionell hinterlegt. Das Konzept beinhaltet unter anderem Schwerpunkteinsätze, bei denen zum Beispiel die Möglichkeit einer strategischen Fahndung im Sinne des § 12a PolG NRW genutzt wird.
Weiterhin hat sich die Einrichtung von anlassbezogenen Ermittlungskommissionen und -grup-pen – insbesondere zur Bekämpfung von Tatserien – als effektives Mittel bewährt. Eine in der Kreispolizeibehörde Aachen eingerichtete Ermittlungsgruppe konnte im Jahr 2022 insgesamt 55 Tatverdächtige ermitteln und 147 Fahrräder/Elektrofahrräder an die Geschädigten zurückführen.
In allen Kreispolizeibehörden informieren zudem die zuständigen Präventionsdienststellen anlassbezogen über verschiedene Kriminalitätsphänomene, Opferrisiken, tatbegünstigende sowie -reduzierende Verhaltensweisen. Die Polizei Nordrhein-Westfalen empfiehlt Bürgerinnen und Bürgern in diesem Kontext die Nutzung von geeigneter Sicherheitstechnik (z.B. massive, zertifizierte Schlösser) zur Sicherung von Fahrrädern. Auch der Einsatz von GPS-Trackern wird neben der Nutzung eines Fahrradpasses, in dem alle wichtigen Daten des Fahrrades aufgeführt werden, und der Fahrradregistrierung als zusätzliche Maßnahme empfohlen. Zudem gibt sie Hinweise zum richtigen Abstellen und Anschließen des Fahrrades sowie zur Wahl einer geeigneten Örtlichkeit. Begleitend dazu werden unter anderem Präventionsmedien, wie zum Beispiel das Faltblatt „Räder richtig Sichern“ des Programms Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK), ausgegeben.
Darüber hinaus führen die Kreispolizeibehörden weitergehende Präventionsmaßnahmen, wie zum Beispiel Fahrradcodierungen, durch.