Familien unterstützen und Zukunft sichern: Zeit für ein familienfreundliches NRW!

vom 27.01.2025

Antrag

der Fraktion der AfD

Familien unterstützen und Zukunft sichern: Zeit für ein familienfreundliches NRW!

I. Ausgangslage

Die Familie spielt eine zentrale Rolle im Leben eines jeden Menschen. Sie ist ein Ort der emo­tionalen Unterstützung und Geborgenheit, an dem man Freude und Leid teilen und in schwie­rigen Zeiten Halt finden kann. Diese Unterstützung stärkt das Selbstwertgefühl, fördert die psychische Gesundheit und vermittelt ein Gefühl der Zugehörigkeit und Sicherheit.

Darüber hinaus ist die Familie ein essenzieller Ort für persönliche Entwicklung. Hier werden grundlegende Werte, Normen und Fähigkeiten vermittelt, die für das soziale Miteinander un­erlässlich sind. Innerhalb der Familie lernen wir, Beziehungen aufzubauen, Konflikte zu lösen und Verantwortung zu übernehmen. Sie legt somit den Grundstein für Empathie, soziale Kom­petenz und moralisches Handeln.

Auch auf gesellschaftlicher Ebene erfüllt die Familie eine wichtige Funktion. Sie trägt zur sozi­alen Stabilität bei, indem sie Kinder erzieht, Traditionen weitergibt und für ältere Generationen sorgt. Durch diese Funktionen fördert sie Gemeinschaft und Solidarität, die für den Zusam­menhalt der Gesellschaft unverzichtbar sind. Familien bilden somit wortwörtlich das Funda­ment und die Keimzelle unserer Gesellschaft.

Insbesondere in Zeiten zunehmender Unsicherheiten bleibt die Familie ein unverzichtbarer Rückzugs- und Orientierungsort. Daher sollte es ein zentrales Anliegen der Politik sein, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Familien ihre essenzielle Rolle erfüllen und wach­sen können.

Die Lebensrealität macht deutlich, dass Familien zunehmend durch eine familienunfreundliche Politik beeinträchtigt werden. Sie sehen sich mit Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt, finan­ziellen Belastungen und der immer schwieriger werdenden Vereinbarkeit von Beruf und Fami­lie konfrontiert, denn von einem Einkommen kann man schon lange nicht mehr leben. Dies führt häufig dazu, dass die Entscheidung für Kinder verschoben oder gänzlich aufgehoben wird.

Gerade in Nordrhein-Westfalen ist die Situation besonders dramatisch: Kaputtgesparte Kitas, verzweifelte Eltern und eine soziale Infrastruktur, die auf dem letzten Loch pfeift, sind der bit­tere Alltag zahlreicher Familien. Besonders bemerkbar macht sich dies in der Kindertagesbe­treuung. So herrscht in NRW seit Jahren ein gravierender Mangel an Kita-Plätzen und qualifi­ziertem Personal, der zunehmend die Qualität und Verfügbarkeit der frühkindlichen Betreuung gefährdet.

Allein in NRW betrug die Betreuungslücke im Jahr 2024 immer noch deutlich über 90.000 fehlende Plätze1 – davon der deutlich größte Teil bei der personal- und kostenintensiven U3-Betreuung. Viele berufstätige Eltern werden allein gelassen und vor die große Herausforde­rung gestellt, eine adäquate Betreuung für ihre Kinder zu finden. Gleichzeitig wird prognosti­ziert, dass in den kommenden Jahren bis zu 20.000 Fachkräfte in diesem Bereich fehlen wer-den.2 Der bestehende Fachkräftemangel führt allerdings bereits jetzt schon zu erheblichen Einschränkungen im Kitabetrieb. Im September letzten Jahres wurden so rund 3.600 Meldun­gen zu Angebotseinschränkungen registriert. Die Folgen sind schwerwiegend: Kita-Schließun­gen, Auflösung ganzer Gruppen oder verkürzte Betreuungszeiten machen den Alltag für viele Familien unplanbar.3 Die Folgen tragen die Eltern.

Die seitens der Landesregierung vorgelegten Lösungsansätze sind mehr als unzureichend und teilweise völlig kontraproduktiv. Denn trotz der alarmierenden Situation hat die Landesre­gierung die Mittel für die Ausbildungsoffensive in der frühkindlichen Betreuung in diesem Jahr drastisch gekürzt. Diese Entscheidung steht im direkten Widerspruch zum dringenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften und gefährdet langfristig die Sicherstellung einer qualitativ hoch­wertigen Betreuung und der Aufsichtspflicht. Stattdessen legt die Landesregierung den Haupt­fokus auf den Ausbau weiterer Kita-Plätze. Dies ist jedoch keine logische Schlussfolgerung: Neue Kitas sind wenig hilfreich, wenn wir die bereits bestehenden aufgrund des Fachkräfte­mangels nicht offenhalten und neues Personal aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht ein­stellen können. Vielmehr sollte der Fokus hierbei auf der ausreichenden Finanzierung der be­reits bestehenden Kitas und dem Erhalt des vorhandenen Personals liegen.

Diese Missstände in den Kindertageseinrichtungen wirken sich unmittelbar auf die Kinder, die Eltern und somit die ganze Familie aus. Während fehlende Betreuungsplätze und überlastetes Personal die frühkindliche Bildung, soziale Entwicklung und schulische Laufbahn der Kinder erheblich beeinträchtigen, stehen berufstätige Eltern, die auf ein funktionierendes Betreuungs-und Bildungssystem angewiesen sind, unter wachsendem Druck mit Sorge darum, wie sie ihre Kinder während der Arbeitszeit betreuen lassen können. Auch die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zu zentralen Themen der Landespolitik werfen ein besorgniserregendes Licht auf die Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen. Erschütternde 80 Prozent der Befragten bewerten die Situation in den Kitas als „weniger gut“ oder gar „schlecht“.4

Das Problem: Derzeit sind beide Elternteile nahezu gezwungen, einer Erwerbstätigkeit nach­zugehen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Das liegt unter anderem daran, dass die Lebenshaltungskosten massiv in die Höhe gestiegen sind – insbesondere Ausgaben für Kin-derpflegeprodukte. Aus diesem Grund sollte sich Nordrhein-Westfalen weiterhin auf Bundes­ebene dafür stark machen, die Umsatzsteuer für Artikel des Kinderbedarfs auf 7 Prozent zu reduzieren.

Eltern sollten grundsätzlich die freie Entscheidung haben, ob ihr Kind in den ersten drei Lebensjahren eine Kindertageseinrichtung besucht oder zu Hause betreut wird. Dies kann durch ein angemessenes Betreuungsgeld, das sich am vorherigen Einkommen des betreuen­den Elternteils orientiert, oder durch angemessene Steuererleichterungen honoriert werden. Das ist nicht nur ein Wunsch vieler Eltern, sondern würde auch Plätze in den Tageseinrichtungen für diejenigen Kinder schaffen, die tatsächlich darauf angewiesen sind, und somit das gesamte Kita-System entlasten. Mittlerweile weisen auch Bildungsforscher darauf hin, dass die sichere Bindung zwischen Eltern und Kind die Grundlage für eine gute Entwicklung ist, nicht die frühe institutionelle Betreuung. Vor allem die lange Betreuung von Ein- und Zweijährigen in Kitas muss kritisch hinterfragt werden, da dies Stress und erhöhte Cortisolausschüttung bei den Kindern auslösen kann, was wiederum die Entwicklung gefähr­det. Die derzeitige Diskussion um frühe Kita-Betreuung ist jedoch stark ideologisch geprägt und oft nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse untermauert. Eltern wird hierbei fälschli­cherweise suggeriert, dass frühe Betreuung automatisch besser sei, was nicht der Fall ist.5

Die zunehmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen machen eine grundlegende Neuausrichtung der Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen erforderlich. Essen­ziell sind hierbei die Stärkung des Familienverbundes, eine finanzielle Entlastung der Familien, Kinderbetreuungsangebote, die sich an den Lebensrealitäten und Bedürfnissen der Familien orientieren, sowie gezielte Fördermaßnahmen, um Familien nachhaltig zu stärken und ihnen wieder Luft zum Atmen verschaffen. Nur so kann eine nachhaltige und zukunftsfähige Gesell­schaft gewährleistet werden.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Nordrhein-Westfalen muss familienfreundlicher werden.
  2. Familien bilden einen Ort der Geborgenheit, Unterstützung und Wertevermittlung. Sie sind essenziell für die persönliche Entwicklung und gesellschaftliche Stabilität. Passende Rahmenbedingungen zu schaffen, muss ein Kernanliegen der Politik sein.
  3. Die Familienpolitik in NRW ist mangelhaft und hat ihre Hauptaufgabe aus den Augen verloren: Eltern dabei zu unterstützen, Beruf und Familienaufgaben zu vereinbaren, ohne diese durch übermäßige Betreuungssysteme zu ersetzen. Stattdessen muss der Fokus darauf liegen, den Familienverbund zu stärken und nicht auf eine maximale Aus­lagerung der Betreuungsverantwortung abzuzielen.
  4. Dennoch gilt es ein funktionierendes Betreuungsangebot bereitzustellen. Kaputtge­sparte Kitas, fehlende Kita-Plätzen und Fachkräften verschärfen allerdings die Problem­lage vieler Familien. Über 90.000 fehlende Kita-Plätze und ein prognostizierter Mangel von 20.000 Fachkräften führen zu Schließungen, verkürzten Betreuungszeiten und unplanbarem Alltag für Eltern. Kürzungen der Ausbildungsoffensive durch die Landes­regierung verschlimmern die Situation, statt Lösungen zu schaffen. Vor allem Eltern und Kinder leiden unter den Missständen.
  5. Gestiegene Lebenshaltungskosten und hohe Ausgaben für Kinderpflegeprodukte belas­ten Familien zusätzlich.
  6. Eine grundlegende Neuausrichtung der Familienpolitik in Form von finanziellen Entlas­tungen, passgenauen Kinderbetreuungsangeboten und gezielten Förderung von Fami­lien ist dringend notwendig.

III. Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf:

  1. Familien sollen durch gezielte Fördermaßnahmen und Entlastungen unterstützt werden. Ihr hoher gesellschaftlicher Stellenwert muss dabei ausdrücklich anerkannt werden. Der Fokus der Politik soll wieder auf der Stärkung des Familienverbundes liegen.
  2. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, bedarf es einer grundlegen­den Reform der Kindertagesbetreuung, die eine qualitativ hochwertige Betreuung ge­währleistet. Dafür ist es essenziell, die Arbeitsbedingungen für Fachkräfte deutlich zu verbessern, die Einrichtungen mit ausreichend gut ausgebildetem Personal auszustatten und eine angemessene Entlohnung sicherzustellen, die den hohen Anforderungen und der Verantwortung dieser Tätigkeiten gerecht wird. Gleichzeitig sind gezielte Fördermaß­nahmen sowie umfangreiche Ausbildungsprogramme erforderlich, um dem bestehenden Fachkräftemangel effektiv entgegenzuwirken. Der aktuelle Sparkurs der Landesregie­rung und ihre unzureichenden Maßnahmen in diesem Bereich dürfen nicht weiter fortgesetzt werden, da sie die bestehende Krise verschärfen. Qualität darf nicht der Quantität geopfert werden. Eine umfassende Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) ist daher unverzichtbar, um den Herausforderungen der Kindertagesbetreuung nachhaltig zu begegnen und eine zukunftsfähige Lösung für Familien und Fachkräfte zu schaffen.
  3. Es ist notwendig, die Ursachen für Ausbildungsabbrüche und Arbeitsplatzwechsel im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe systematisch zu analysieren. Auf Grundlage dieser Analyse sollen gezielte Maßnahmen entwickelt werden, die darauf abzielen, die Arbeits­bedingungen zu verbessern, die Abbruchquoten zu senken und Fachkräfte langfristig im Beruf zu halten. Nur durch eine fundierte Untersuchung und darauf abgestimmte Lösun­gen können die bestehenden Probleme wirksam angegangen und die Attraktivität sowie die Stabilität der Berufsfelder in diesem Bereich nachhaltig gestärkt werden.
  4. Unternehmen sollten durch gezielte Maßnahmen dazu angeregt werden, betriebliche Betreuungsangebote einzurichten und bei der Entwicklung einer familienfreundlichen Arbeitskultur unterstützt werden. Dies würde sowohl den Betreuungsbedarf entlasten als auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern verbessern.
  5. Eltern sollten die Möglichkeit erhalten, bis zum dritten Lebensjahr ihres Kindes frei zu entscheiden, ob sie ihr Kind selbst betreuen oder eine Fremdbetreuung in Anspruch nehmen möchten. Eine solche Wahlfreiheit würde nicht nur das Kita-System, insbeson­dere im Bereich der U3-Betreuung, deutlich entlasten, sondern auch den Familienzu­sammenhalt in den prägenden ersten Lebensjahren des Kindes stärken. Die häusliche Betreuung könnte dabei entweder durch ein Betreuungsgeld, das sich am vorherigen Einkommen des betreuenden Elternteils orientiert, oder durch angemessene steuerliche Vorteile gefördert werden.
  6. Die Landesregierung sollte sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Umsatzsteuer auf Artikel des täglichen Kinderbedarfs auf den ermäßigten Satz von 7 % gesenkt wird. Diese Initiative würde die finanzielle Belastung von Familien reduzieren und einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung familienfreundlicher Politik leisten.

Zacharias Schalley
Christian Loose
Dr. Martin Vincentz

und Fraktion

 

MMD18-12554

 

1 https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Report/PDF/2024/IW-Report_2024-Kital%C3%BCcke2024.pdf (abgerufen am 14.01.2025)

2 https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/studie-kitapersonalmangel-100.html (abgerufen am 14.01.2025)

3 https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/nordrhein-westfalen-drastisch-reduziertes-betreuungs-angebot-in-nrw-kitas-a-9d1aef89-5dbc-4fea-951d-01d56fa4a3e1 (abgerufen am 14.01.2025)

5 https://www.spiegel.de/panorama/bildung/kita-krise-bildungsforscherin-kritisiert-verschwendung-von-bildungspotenzialen-der-kinder-a-9bd2ca0c-52ff-48f3-b3b1-869ded5f98e3 (abgerufen am 15.01.2025)