Familiennachzug

Kleine Anfrage
vom 23.08.2017

Kleine Anfrage vom 23.08.2017
der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD

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Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sind im ersten Halbjahr 2017 90 389 Asylbewerber nach Deutschland eingereist. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr würden damit 180 000 Asylbewerber nach Deutschland kommen, die, statt über den Balkan, zunehmend über Italien einwandern. Trotz der sogenannten „Schließung der Balkanroute“ bleibt die Asylimmigration auf hohem Niveau deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte. Zugleich entstehen als Folge von Asylanerkennungen Ansprüche auf Familiennachzug. Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ schätzt das Auswärtige Amt, dass bald 200 000 bis 300 000 Syrer und Iraker infolge des Familiennachzugs zu Angehörigen in Deutschland einwandern dürfen. Grundlage dieser Schätzung sind bereits erteilte Visa, erwartete Anträge und Erfahrungen mit dem Familiennachzug syrischer Asylbewerber.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse gibt es über die Größenordnung des Familiennachzugs, die für Nordrhein-Westfalen zu erwarten ist?
  2. Welche Erkenntnisse gibt es über die Größenordnung des Familiennachzugs, die sich aus den Ansprüchen unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) ergibt?
  3. Welche Erkenntnisse gibt es über die Größenordnung des zusätzlichen Familiennachzugs nach Nordrhein-Westfalen, für Personen mit „subsidiärem Schutz“?
  4. Hat die Landesregierung Auskünfte/Erkenntnisse zu Fragen des Familiennachzugs beim Auswärtigen Amt, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder anderen mit diesen Fragen befassten Behörden oder Institutionen eingeholt?
  5. Welche anderen Datengrundlagen/Erkenntnisquellen gibt es zum Familiennachzug, sowohl dem bereits stattgefundenen als auch dem in naher Zukunft zu erwartenden Nachzug der Angehörigen von Asylbewerbern?

Gabriele Walger-Demolsky

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 214 wie folgt:

  1. Welche Erkenntnisse gibt es über die Größenordnung des Fami­liennachzugs, die für Nordrhein-Westfalen zu erwarten sind?
  2. Welche Erkenntnisse gibt es über die Größenordnung des Fami­liennachzugs, die sich aus den Ansprüchen unbegleiteter minder­jähriger Ausländer (UMA) ergibt?
  3. Welche Erkenntnisse gibt es über die Größenordnung des zu­sätzlichen Familiennachzugs nach Nordrhein-Westfalen, für Perso­nen mit „subsidiären Schutz“?
  4. Hat die Landesregierung Auskünfte/Erkenntnisse zu Fragen des Familiennachzugs beim Auswärtigen Amt, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oder anderen mit diesen Fragen befassten Behörden oder Institutionen eingeholt?
  5. Welche anderen Datengrundlagen/Erkenntnisquellen gibt es zum Familiennachzug, sowohl dem bereits stattgefundenen als auch dem in naher Zukunft zu erwartenden Nachzug der Angehörigen von Asylbewerbern?

Die Fragen 1 — 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Der Familiennachzug für anerkannte Schutzberechtigte ist in den §§ 29, 36 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) geregelt. Danach besteht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch auf Nachzug des Ehegatten und der minderjährigen Kinder bzw. bei unbegleiteten Minderjährigen der Eltern. Die Prüfung erfolgt im Rahmen eines Visum­verfahrens durch die deutschen Auslandsvertretungen. Für subsidiär Schutzberechtigte ist der Familiennachzug nach § 104 Abs. 13 Auf-enthG bis zum 16.03.2018 ausgesetzt.

Der Antwort der Bundesregierung vom 10.03.2017 auf eine Kleine An­frage der Fraktion DIE LINKE an den Bundestag (BT-Brs. 18/11473) lässt sich entnehmen, dass die deutschen Auslandsvertretungen – be­zogen auf das gesamte Bundesgebiet – im Jahr 2016 an 39.855 Fami­lienangehörige von syrischen und an 8.299 Familienangehörige von ira­kischen Schutzberechtigten Visa zur Familienzusammenführung erteilt haben.

Angesichts der gestiegenen Zahl der Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist auch mit einem Anstieg der An­träge auf Familiennachzug zu rechnen. Belastbare Aussagen des Bun­des in Bezug auf die zu erwartende Größenordnung des Familiennach­zugs liegen der Landesregierung aber bisher nicht vor.

Solche Aussagen sind auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass hierbei viele Faktoren zu berücksichtigen sind (in den nächsten Monaten zu erwartende Anerkennungsbescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, vorliegende und angekündigte Visaanträge, Wartezei­ten bei den Auslandsvertretungen, soziale Struktur und Familienverhält­nisse bei den anerkannten Schutzberechtigten, Entwicklung der Situati­on im Herkunftsland, mögliche Rechtsänderungen), kaum möglich. Da wesentliche Informationen hierzu nur dem Bund vorliegen, hat das Mi­nisterium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration den Bund um eine aktuelle Prognose gebeten.

Mit einem Aufenthaltstitel nach § 36 Abs. 1 AufenthG (Nachzug von El­tern) halten sich in Nordrhein-Westfalen nach dem Ausländerzentralre-gister (Stand 31.07.2017) insgesamt 852 Ausländer auf. In dieser Zahl enthalten sind auch die Fälle eines Familiennachzugs zu unbegleiteten Minderjährigen, die in der Statistik nicht gesondert ausgewiesen wer­den.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Joachim Stamp