Kleine Anfrage 4335
der Abgeordneten Klaus Esser und Markus Wagner AfD
Finden sogenannte „Verkehrsexperimente“ mit Kenntnis der Landesregierung statt?
In NRW-Großstädten finden immer wieder schwerwiegende Eingriffe in den Straßenverkehr statt, die unter medialer Begleitung verharmlosend als sogenannte „Verkehrsexperimente“ deklariert werden. In Düsseldorf kam es am 17.08.2024 zu einer solchen Aktion auf der vielbefahrenen Graf-Adolf-Straße, die eine zentrale Ost-West-Verbindung in der Düsseldorfer Innenstadt mit Rheinbrückenanbindung darstellt. In der verniedlichenden Berichterstattung heißt es: „Mehrere Organisationen hatten einen sogenannten Pop-Up-Radweg auf der stark befahrenen Straße im Zentrum eingerichtet. Für Autos stand jeweils nur noch eine Spur zur Verfügung“1 Die eigenwillige Aktion erinnert an einen stundenweise und eigenmächtig von der Gruppe „Extinction Rebellion“ errichteten Pop-up-Radweg auf der Düsseldorfer Brehmstraße.2 Auch für die Aktion am 17.08.2024 wirbt die Gruppe Extinction Rebellion zusammen mit einem Bündnis Mobilitätswende Düsseldorf auf einer eigenen Webseite.3
Diese „Klimaprotest-Gruppe“ ist allerdings weder eine weisungsgebundene Behörde noch ein politischer Akteur, der entsprechende Pop-up-Radwege beauftragen könnte.
Daher fragen wir die Landesregierung:
- Wurde die Landesregierung vom sogenannten „Verkehrsexperiment“ in der Düsseldorfer Innenstadt in Kenntnis gesetzt?
- Wusste die Bezirksregierung Düsseldorf bzw. die Stadt Düsseldorf vom „Verkehrsexperiment“ am 17.08.2024?
- Wie hat die Polizei NRW auf die eigenmächtige, stundenlange Sperrung von Fahrspuren auf der Graf-Adolf-Straße reagiert?
- Wie bewertet die Landesregierung sogenannte „Verkehrsexperimente“ auf öffentlichen Straßen, die mit einer eigenmächtigen Einschränkung des Verkehrs durch nichtstaatliche Akteure einhergeht?
- Sind weitere derartige „Verkehrsexperimente“ in NRW-Großstädten zu erwarten?
Klaus Esser
Markus Wagner
3 https://extinctionrebellion.de/veranstaltungen/d%C3%BCsseldorf/popup-radweg-vom-hbf-zum-rhein/10212/
Der Minister für Umwelt Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 4335 mit Schreiben vom 10. Oktober 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wurde die Landesregierung vom sogenannten „Verkehrsexperiment“ in der Düsseldorfer Innenstadt in Kenntnis gesetzt?
Die Landesregierung wurde nicht vorab in Kenntnis gesetzt.
Bei der in Rede stehenden Veranstaltung handelte es sich um eine durch das „Bündnis Mobilität et alt.“ angezeigte Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes Nordrhein-Westfalen. Diese Versammlung wurde durch die Kreispolizeibehörde (KPB) Düsseldorf bestätigt und tatsächlich durchgeführt.
- Wusste die Bezirksregierung Düsseldorf bzw. die Stadt Düsseldorf vom „Verkehrsexperiment“ am 17.08.2024?
Die Bezirksregierung Düsseldorf wurde nicht vorab in Kenntnis gesetzt.
- Wie hat die Polizei NRW auf die eigenmächtige, stundenlange Sperrung von Fahrspuren auf der Graf-Adolf-Straße reagiert?
Die Einrichtung dieses „Pop-Up-Radwegs“ mittels Pylonen („Lübecker Hüte“) und die ordnungsgemäße Aufstellung von Verkehrszeichen wurde vor Beginn der Versammlung durch die KPB Düsseldorf kontrolliert. Zudem erfolgte die Begleitung der Versammlung unter regelmäßiger Prüfung der Einhaltung der Beschränkungen durch die Einsatzkräfte der Polizei.
- Wie bewertet die Landesregierung sogenannte „Verkehrsexperimente“ auf öffentlichen Straßen, die mit einer eigenmächtigen Einschränkung des Verkehrs durch nicht-staatliche Akteure einhergeht?
Der einsatzfachliche und juristische Umgang mit diesem Versammlungsgeschehen ist erst im Nachhinein dem Ministerium des Innern bekannt geworden und wird derzeit intern aufbereitet. Generell gilt, dass es in anderen Ländern untergerichtliche Rechtsprechung gibt, wonach Aktivitäten dieser Art im Einzelfall von der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG gedeckt sein könnten. Eine höchstrichterliche Klärung bzw. eine gerichtliche Entscheidung für Nordrhein-Westfalen liegt indes bislang nicht vor. Auf der anderen Seite dürfte von der Versammlungsfreiheit nicht umfasst sein die Befugnis, staatliche Hoheitszeichen zu ändern oder die Geltungskraft dieser im Rechtsbewusstsein der Bevölkerung in Zweifel zu ziehen. Insoweit dürfte es auch auf Aspekte der jeweiligen Anzeige der Versammlung und des individuellen Versammlungsgeschehens ankommen.
- Sind weitere derartige „Verkehrsexperimente“ in NRW-Großstädten zu erwarten?
Versammlungen im öffentlichen Raum nordrhein-westfälischer Großstädte sind auch in Zukunft zu erwarten. Ob dabei verkehrliche Aspekte thematisiert werden, entscheiden allein die Organisatoren solcher Versammlungen, nicht die Landesregierung.