Fördergelder und finanzielle Strukturen der Gruppe „Letzte Generation“

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 202
des Abgeordneten Andreas Keith vom 25.07.2022

 

Fördergelder und finanzielle Strukturen der Gruppe „Letzte Generation“

Die sogenannte Klimagruppe „Letzte Generation“ ist durch radikale Straßenblockaden bekannt geworden. Dabei kleben sich inzwischen die Mitglieder nicht mehr nur noch am Straßenbelag fest, sondern betonieren ihre Hände ein, um eine Räumung durch die Polizei zu verhindern bzw. in die Länge zu ziehen. Videos ihrer Blockaden stellt die „Letzte Generation“ oftmals im Anschluss ins Internet mit Bitten zur Unterstützung in Form von Spenden.

Wie die Welt am Sonntag berichtet, finanziert sich die Gruppe allerdings nicht nur durch Spendengelder, sondern auch durch Fördergelder des Bundeswirtschaftsministeriums. Dabei ist der Verein Elinor sowohl Adressat für Spenden als auch für Fördergelder der Bundes­regierung. Der Verein bietet Gruppenkonten an, die an kein privates Konto gebunden sind. Auf Anfrage der Welt am Sonntag teilt das Bundeswirtschaftsministerium mit, dass man das Projekt mit 156.420 € finanziell gefördert habe.

Das Spendenkonto des Vereins Elinor ist nicht die einzige Unterstützung, auf die die „Letzte Generation“ zählt. Eine interne Handreichung aus dem Frühjahr enthält Tipps für Aktivisten, die ins Visier der Strafverfolgung geraten sind. Neben praktischen Empfehlungen für das Verhalten in Gewahrsam – „nichts unterschreiben“, „Mit den Beamten über die Vernichtung unserer Gesellschaft sprechen“ – enthält das Dokument Anlaufstellen für finanzielle Unterstützung. Zum einen: die Rote Hilfe.1

Der Verein übernehme in der Regel 50 Prozent der Anwaltskosten. „Nicht immer, aber fragen schadet nicht, denn die Rote Hilfe hat auf jeden Fall Kohle“, heißt es in dem Papier. Nicht erwähnt wird, dass die linksextreme Rote Hilfe seit Jahren vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird. Laut dem jüngsten Verfassungsschutzbericht betreut der Verein verurteilte Straftäter, um sie „stärker an die ‚Bewegung‘ zu binden“. Gemeint ist die linksextreme Szene. Zudem versuche sie, „die rechtsstaatliche Demokratie zu diskreditieren“.2

Ich frage die Landesregierung:

  1. Inwiefern kann die Landesregierung ausschließen, Vereine finanziell gefördert zu haben, die im direkten bzw. indirekten Verhältnis zur Klimagruppe „Letzte Generation“ stehen?
  2. Inwiefern hat die Landesregierung Vereine bzw. Projekte mit Mitteln finanziell gefördert, die direkt bzw. indirekt Klimaprotesten zugeflossen sind? (Bitte aufschlüsseln nach Vereinen bzw. Projekten, Fördersummen und Klimaprotest)
  3. Im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht 2021 wird die Klimagruppe „Letzte Generation“ nicht als Organisation erwähnt. Wie viele sogenannte „Aktionen“, die auf die Gruppe „Letzte Generation“ zurückzuführen sind, sind der Landesregierung seit 2020 in Nordrhein-Westfalen bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren bzw. Halbjahr 2022, Art und Ort der Aktion)
  4. Wie viele Strafverfahren wurden seit 2020 gegen Personen der Gruppe „Letzte Gene-ration“ in Nordrhein-Westfalen eingeleitet? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren bzw. Halbjahr 2022)
  5. Wie bewertet die Landesregierung die Wichtigkeit der „Roten Hilfe“ in Bezug auf Straftaten, die im Zusammenhang zu Klimaprotesten in Nordrhein-Westfalen stehen?

Andreas Keith

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.welt.de/politik/deutschland/plus240069137/Letzte-Generation-Strassenblockierer-profitieren-von-Foerdergeldern.html

2 ebd.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 202 mit Schreiben vom 23. August 2022 im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten.
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben.
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß der §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die nachfolgend angegebenen Fallzahlen als vorläufig zu betrachten sind.

  1. Inwiefern kann die Landesregierung ausschließen, Vereine finanziell gefördert zu haben, die im direkten bzw. indirekten Verhältnis zu Klimagruppe „Letzte Generation“ stehen?
  2. Inwiefern hat die Landesregierung Vereine bzw. Projekte mit Mitteln finanziell gefördert, die direkt bzw. indirekt Klimaprotesten zugeflossen sind? (Bitte aufschlüsseln nach Vereinen bzw. Projekten, Fördersummen und Klimaprotest)

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 hat mir das Ministerium der Justiz folgenden Beitrag übersandt:

„Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz am 03.08.2022 berichtet, die mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Gruppen ‚Letzte Generation‘, ‚Elinor‘ und ‚Rote Hilfe‘ seien in der von ihm zentral für die Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen geführten Datenbank der gemeinnützigen Einrichtungen, denen Geldauflagen nach § 153a der Strafprozessordnung durch die Staatsanwaltschaften zugewiesen werden könnten, nicht aufgeführt.

Die Feststellung von Zahlungen an Vereine, die in einem direkten oder indirekten Verhältnis zur Klimagruppe ‚Letzte Generation‘ stünden oder auch an Vereine/Projekte, die Klimaproteste förderten, sei ihm ohne die genaue Benennung dieser Vereine nicht möglich.“

Darüber hinaus liegen der Landesregierung keine weiteren Erkenntnisse im Sachzusammenhang vor.

  1. Im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht 2021 wird die Klimagruppe „Letzte Generation“ nicht als Organisation erwähnt. Wie viele sogenannte „Aktionen“, die auf die Gruppe „Letzte Generation“ zurückzuführen sind, sind der Landesregierung seit 2020 in Nordrhein-Westfalen bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren bzw. Halbjahr 2022, Art und Ort der Aktion)

In Nordrhein-Westfalen trat die Gruppierung „Letzte Generation“ erstmals im Frühjahr 2022 polizeilich in Erscheinung. In diesem Zusammenhang wurden insgesamt 13 „Aktionen“ mit Bezug zu Nordrhein-Westfalen festgestellt.

  1. Wie viele Strafverfahren wurden seit 2020 gegen Personen der Gruppe „Letzte Generation“ in Nordrhein-Westfalen eingeleitet? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren bzw. Halbjahr 2022)

Zur Beantwortung hat mir das Ministerium der Justiz folgenden Beitrag übersandt:

„Die Generalstaatsanwältin und die Generalstaatsanwälte des Landes haben dem Ministerium der Justiz von einem im ersten Halbjahr 2022 gegen Personen der Gruppe ‚Letzte Generation‘ eingeleiteten Ermittlungsverfahren berichtet. Eine darüberhinausgehende, valide Beantwortung der aufgeworfenen Frage ist nicht möglich, weil die Zugehörigkeit von Beschuldigten zu einer bestimmten (politischen) Gruppe im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz statistisch nicht erfasst wird und eine händische Auswertung aller in Betracht kommenden Verfahrensakten mit einem für die Strafrechtspflege vertretbarem Aufwand nicht zu leisten ist.“

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Wichtigkeit der „Roten Hilfe“ in Bezug auf Straftaten, die im Zusammenhang zu Klimaprotesten in Nordrhein-Westfalen stehen?

Der Landesregierung ist bekannt, dass der „Rote Hilfe e.V.“ in Einzelfällen auch Unterstützungsleistungen für Beschuldigte von Straftaten erbringt, die im Kontext von Klimaprotesten begangen wurden, soweit nach Bewertung des Vereins die satzungsgemäßen Voraussetzungen vorliegen.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Andreas Keith