Förderung der heimischen Wildpflanzen: Die Grasnelke

Kleine Anfrage
vom 12.04.2024

Kleine Anfrage 3642

des Abgeordneten Zacharias Schalley AfD

Förderung der heimischen Wildpflanzen: Die Grasnelke

Die Grasnelke (Armeria maritima) ist eine heimische Wildblume, die 2024 zur Blume des Jahres gewählt wurde. Die Merkmale der Pflanzenart weisen zwar insgesamt Ähnlichkeiten mit den Nelkengewächsen auf, jedoch handelt es sich aber um ein Bleiwurzgewächs. Die Pflanzenart ist eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten und verträgt sowohl magere als auch salzige oder mit Schwermetallen belastete Böden. Während ihrer langen Blütezeit von Mai bis Oktober liefert sie Nektar und Pollen für Wildbienen und Schmetterlinge wie den Grasnelken-Glasflügler.

Die Grasnelke verträgt sowohl Salz als auch Trockenheit, ist aber eine sehr konkurrenzschwache Pflanze, sodass sie hauptsächlich in durch Beweidung kurz gehaltenen Lebensräumen vorkommt. Doch auch wenn die Wildblume auf Magerrasen, Salzwiesen, Schwermetallfluren sowie an Straßenrändern vorkommt, gehen ihre Bestände zurück, sodass sie mittlerweile auf der Vorwarnliste der Roten Liste für gefährdete Pflanzen steht.

Gründe für den Bestandsrückgang sind es zum einen die intensive Landwirtschaft und die hohen Stickstoffeinträge, aber auch die zu intensive Pflege von Wegrändern und Grünflächen, die der Grasnelke und damit auch vielen Insekten und Vögeln ihre Lebensräume nehmen.1

Vor diesem Hintergrund frage ich:

  1. Wie wird die Bedeutung der Grasnelke von Landesregierung naturschutzfachlich bewertet?
  2. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um das Vorkommen der Grasnelke zu fördern?
  3. Wie hat sich der Bestand der Grasnelke seit 2008 entwickelt?
  4. Inwieweit wird der Schutz heimischer Wildpflanzen und blütenreicher Magerrasen von der Landesregierung forciert und umgesetzt?
  5. Wie bewertet die Landesregierung eine Reduzierung der Pflege von Wegrändern und Grünflächen zum Schutz von Wildpflanzen und Wildtieren?

Zacharias Schalley

 

MMD18-8820

 

1 https://loki-schmidt-stiftung.de/die-stiftung/news/blume-des-jahres-2024.html


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3642 mit Schreiben vom 30. April 2024 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie wird die Bedeutung der Grasnelke von Landesregierung naturschutzfachlich bewertet?

Die Grasnelke (Armeria elongata) ist eine Pflanzenart der Schwermetallrasen („Galmei-Vege-tation“) und kommt in Nordrhein-Westfalen natürlicherweise ausschließlich auf den wenigen, geologisch bedingten Schwermetallstandorten im Siegerland und in der Nord-Eifel vor. Ein ehemaliges natürliches Vorkommen auf einem isolierten Schwermetallstandort in der Niederrheinischen Bucht ist erloschen. Die besondere Bedeutung dieser Vorkommen ist dem Land Nordrhein-Westfalen seit langem bekannt.

Weitere Vorkommen der Grasnelke in Nordrhein-Westfalen gehen allerdings auf Ansalbungen bzw. „Blumenwiesen-Ansaaten“ zurück. Diese nicht natürlichen Vorkommen sind naturschutz­fachlich grundsätzlich als problematisch zu bewerten. Solche Grasnelkenvorkommen breiten sich vor allem in der Senne an geeigneten Standorten vermehrt aus und können zu negativen Veränderungen der ohnehin bereits stark gefährdeten natürlichen Lebensräume (insbes. Sandmagerrasen, dünenartige offene Sandflächen) führen. In Gebieten, in denen die Art ein­mal ausgebracht wurde, ist sie nur schwer wieder zurück zu drängen. Bei gelegentlichen Vor­kommen von Grasnelken an Straßenrändern in Nordrhein-Westfalen (insbes. Autobahnen) handelt es sich um vereinzelte neuerliche Einschleppungen.

Für den Erhalt der Schwermetallrasen hat Nordrhein-Westfalen innerhalb Deutschlands auf­grund der im Bundesvergleich hohen Flächenanteile eine hohe Verantwortung. Schwermetall-rasen sind nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz gesetzlich geschützt. Gleichzeitig handelt es sich um einen Lebensraum, der gemäß Anhang I der Fauna-Flora-Habitat (FFH) Richtlinie geschützt ist. Natürliche Vorkommen der Grasnelke haben für die Beurteilung des Erhaltungs­zustands in diesem FFH-Lebensraum eine hohe Relevanz.

  1. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um das Vorkommen der Grasnelke zu fördern?

Die Vorkommen der Grasnelke liegen fast vollständig innerhalb von FFH-Gebieten. Für diese Gebiete liegen Managementpläne vor, in denen auch Maßnahmen zur Erhaltung, Optimierung und Wiederherstellung / Neuentwicklung für die Art geplant werden. Die Pflege der Flächen und damit auch der Vorkommen der Grasnelke erfolgt durch die betreuenden Institutionen wie Biologische Stationen, den Bundesforst, aber auch die Unteren Naturschutzbehörden. Die Flä­chen werden im Allgemeinen mit Schafen entsprechend den Ansprüchen der dortigen Flora und Fauna beweidet.

  1. Wie hat sich der Bestand der Grasnelke seit 2008 entwickelt?

Die Art wird in der aktuellen Roten Liste Nordrhein-Westfalen, wie in der vorhergehenden Ro­ten Liste Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2010, als gefährdet (RL 3) aufgeführt. Die ur­sprünglichen Vorkommen in Nordrhein-Westfalen dürften weitgehend stabil sein bzw. wurden und werden durch Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem FFH-Lebensraumtyp Schwermetallrasen gefördert.

  1. Inwieweit wird der Schutz heimischer Wildpflanzen und blütenreicher Magerrasen von der Landesregierung forciert und umgesetzt?

Der Schutz von Wildpflanzen und Magerrasen ist im Bundesnaturschutzgesetz in den §§ 30 und 37 ff. geregelt. Große Teile der Vorkommen sind darüber hinaus durch ihre Lage in Na­turschutzgebieten geschützt. Inzwischen gibt es in Nordrhein-Westfalen 3360 Naturschutzge­biete, die 8,8 % Anteil an der Landesfläche haben (Stand 09/23). In der Praxis erfolgt die Betreuung der meisten Naturschutzgebiete mit Magerrasen mit großem Erfolg in vielen Fällen durch die Biologischen Stationen. Sehr große Anteile der Magerrasen werden im Rahmen des mit Landesmitteln geförderten Vertragsnaturschutzes entsprechend deren Ansprüchen bewirtschaftet. In zahlreichen FFH-Gebieten wurden und werden mit Landesmit­teln geförderte Life-Projekte erfolgreich umgesetzt.

  1. Wie bewertet die Landesregierung eine Reduzierung der Pflege von Wegrändern und Grünflächen zum Schutz von Wildpflanzen und Wildtieren?

Die Ausrichtung der Pflege und Bewirtschaftung von Wegrändern und Grünflächen auf den Schutz und die Erhaltung entsprechender Lebensgemeinschaften wird positiv bewertet und unterstützt.

So hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LA-NUV) im Auftrag des Umweltministeriums den Praxis-Leitfaden „Blühende Vielfalt am Weges­rand“ für die Anlage und die Pflege artenreicher Weg- und Feldraine herausgegeben. Der Pra­xis-Leitfaden wurde von Fachtagungen begleitet und wird aktuell durch ein internetbasiertes Fachinformationssystem „Artenreiche Wegraine in Nordrhein-Westfalen“ (https://wegraine.na-turschutzinformationen.Nordrhein-Westfalen.de/wegraine/de/start) laufend auf dem aktuellen Stand gehalten. Es werden Informationen zur jeweils naturschutzfachlich sinnvollen Praxis des Wegrainschutzes und der -pflege sowie hierzu laufenden Projekten zur Verfügung gestellt.

Zur Zeit führt der Kreis Soest im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt das auch mit Landesmitteln geförderte Projekt „Rückgewinnung und ökologische Optimierung kommu­naler Flächen – Schaffung neuer Lebensräume für Insekten“ durch. Dieses hat vor allem Weg­raine im Blick. Die Optimierung der Pflege zur Förderung des Artenreichtums und die Verwer­tung des Schnittgutes ist dabei ein wichtiges Thema. Von den Ergebnissen wird der Wegrain-schutz auch in anderen Landesteilen profitieren.

 

MMD18-9095