Folgeanfrage anlässlich der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 17/3546 (Angriffe und Brandstiftungen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen)

Kleine Anfrage
vom 13.11.2018

Kleine Anfrage 1675der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky vom 30.10.2018

 

Folgeanfrage anlässlich der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 17/3546 (Angriffe und Brandstiftungen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen)

Die Beantwortung der Kleinen Anfrage (Drucksache 17/3546) hat zu weiteren Fragen geführt. Zusammenfassend liefert die Antwort der Landesregierung folgende Informationen:

  • Vom 01.07.15-30.06.18 gab es insgesamt 86 Angriffe gegen Asylbewerberunterkünfte. In 48 Fällen handelte es sich dabei um Branddelikte.
  • 28 dieser Delikte wurden aufgeklärt. (davon 12 Branddelikte)
  • In einem dieser Fälle ist ein Bewohner der Asylbewerberunterkunft tatverdächtig.
  • Datenquelle ist der KPMD-PMK. Es erfolgt in diesem Zusammenhang keine Einordnung in Gruppen.
  • Es erfolgt keine statistische Erfassung, ob es sich bei den Tatverdächtigen um Bewohner einer Asylbewerberunterkunft handelt.
  • 58 Delikte konnten nicht aufgeklärt werden. (davon 36 Branddelikte)
  • In 56 von 58 Fällen erfolgte die Einstufung PMK-Rechts – trotz fehlender Aufklärung.
  • In 2 von 58 Fällen erfolgte die Einstufung PMK-nicht zuzuordnen.
  • Es gibt zusätzlich zu den genannten Delikten noch Fälle, die nicht als PMK eingestuft werden, sondern z.B. als Sachbeschädigung.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Von den 28 aufgeklärten Delikten hat die Landesregierung in einem Fall (gemäß Einzelauswertung) einen Bewohner der Asylbewerberunterkunft benannt. Welche Informationen hat die Einzelauswertung bezüglich der Tatverdächtigen in den 27 anderen Fällen ergeben? (bei nicht deutschen Tatverdächtigen bitte Nationalität und ggf. Aufenthaltsstatus nennen)

2. Bei den nicht aufgeklärten Fällen erfolgte in 56 von 58 Fällen eine Einstufung in die Kategorie PMK-Rechts. Wie kommt die Landesregierung, trotz fehlender Aufklärung in diesen Fällen, zu diesen Einschätzungen? (bitte einzeln begründen)

3. Gemäß der Antwort auf Frage 3 der kleinen Anfrage (Drucksache 17/3546) erfolgt im KPMD-PMK keine Einstufung der Tatverdächtigen in Gruppen. Wie kommt man unter diesem Gesichtspunkt zur Einstufung in die Kategorie PMK-Rechts in 56 von 58 Fällen?

4. In 2 Fällen erfolgte eine Einstufung in die Kategorie PMK-nicht zuzuordnen. Was unterscheidet diese beiden Fälle von den 56 Fällen, die trotz fehlender Aufklärung unter PMK-Rechts eingestuft wurden? (bitte einzeln begründen)

5. Gemäß der Antwort auf Frage 5 der kleinen Anfrage (Drucksache 17/3546), gibt es zusätzlich zu den genannten 86 Delikten noch Fälle, die nicht zur PMK gehören. Als Staatsschutzdelikte zur PMK gehören Delikte gemäß §§ 80a-83, 84-84a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a und 241 a. Wie viele weitere Delikte gegen Asylbewerberunterkünfte, die nicht politisch motiviert waren, gab es im abgefragten Zeitraum vom 01.07.15 bis zum 30.06.18? (bitte auflisten nach Straftatbestand, aufgeklärt bzw. nicht aufgeklärt, Nationalität und ggf. Aufenthaltsstatus bei nicht deutschen Tatverdächtigen)

Gabriele Walger-Demolsky

 

Anfrage als PDF laden

 


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 10.12.2018

 

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten,
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben,
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105­108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungs-zusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK).

1. Von den 28 aufgeklärten Delikten hat die Landesregierung in einem Fall (gemäß Einzelauswertung) einen Bewohner der Asylbewerberunterkunft benannt. Welche Informationen hat die Einzelauswertung bezüglich der Tatverdächtigen in den 27 anderen Fällen ergeben? (bei nicht deutschen Tatverdächtigen bitte Nationalität und ggf. Aufenthaltsstatuts nennen)

Details zu den ermittelten Tatverdächtigen bitte ich der Anlage zu entnehmen, die Branddelikte sind „fett markiert.

2. Bei den nicht aufgeklärten Fällen erfolgte in 56 von 58 Fällen eine Einstufung in die Kategorie PMK-Rechts. Wie kommt die Landesregierung, trotz fehlender Aufklärung in diesen Fällen, zu diesen Einschätzungen? (bitte einzeln begründen)

3. Gemäß der Antwort auf Frage 3 der kleinen Anfrage (Drucksache 17/3546) erfolgt im KPMD-PMK keine Einstufung der Tatverdächtigen in Gruppen. Wie kommt man unter diesem Gesichtspunkt zur Einstufung in die Kategorie PMK-Rechts in 56 von 58 Fällen?

4. In 2 Fällen erfolgte eine Einstufung in die Kategorie PMK-nicht zuzuordnen. Was unterscheidet diese beiden Fälle von den 56 Fällen, die trotz fehlender Aufklärung unter PMK-Rechts eingestuft wurden? (bitte einzeln begründen)

Die Fragen 2 bis 4 werden zusammen beantwortet.

Bei der Erfassung im Rahmen des KPMD-PMK werden Straftaten in die Phänomenbereiche PMK-Links, PMK-Rechts, PMK-Ausländische Ideologie oder PMK-Religiöse Ideologie eingeordnet, wenn Hinweise aus dem Sachverhalt auf einen der genannten Phänomenbereiche schließen lassen. Kann der Sachverhalt keinem der genannten Phänomenbereiche zugeordnet werden, erfolgt die Zuordnung in den Bereich PMK-nicht zuzuordnen.

Um eine abschließende Zuordnung vornehmen zu können, werden alle bekannten Informationen zu jedem Sachverhalt gemäß der Vorgaben der bundesweiten Richtlinien des KPMD-PMK in einer Einzelfallprüfung gesichtet und bewertet. Eine Straftat kann immer nur einem Phänomenbereich zugeordnet werden.

Straftaten mit dem Angriffsziel „Asylantenheim“ werden nur dann der Politisch motivierten Kriminalität-Rechts zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat sowie nach verständiger Betrachtung, in die Erkenntnisse und Erfahrungen aus vergleichbaren Kriminalitätsgeschehen einfließen, Anhaltspunkte für eine rechte Tätermotivation vorliegen. Sind andere Motivationslagen zu erkennen bzw. berechtigte Zweifel an einer rechten Motivation erkennbar, erfolgt eine andere phänomenologische Zuordnung.

Aus diesen Gründen erfolgte eine Zuordnung der 56 ungeklärten Straftaten in den Phänomenbereich PMK-Rechts und zwei der ungeklärten Straftaten in den Phänomenbereich PMK-nicht zuzuordnen.

5. Gemäß der Antwort auf Frage 5 der kleinen Anfrage (Drucksache 17/3546), gibt es zusätzlich zu den genannten 86 Delikten noch Fälle, die nicht zur PMK gehören. Als Staatsschutzdelikte zur PMK gehören Delikte gemäß §§ 80a-83, 84-84a, 87-91, 94­100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a und 241 a. Wie viele weitere Delikte gegen Asylbewerberunterkünfte, die nicht politisch motiviert waren, gab es im abgefragten Zeitraum vom 01.07.15 bis zum 30.06.18? (bitte auflisten nach Straftatbestand, aufgeklärt bzw. nicht aufgeklärt, Nationalität und ggf. Aufenthaltsstatus bei nicht deutschen Tatverdächtigen)

Ich verweise auf die „Vorbemerkung der Landesregierung zur Antwort auf die Kleine Anfrage 1424 (LT-Drs. 17/3858).

 

Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 1675

 

Tattag Tatort Delikt Anzahl TV Staatsan­gehörigkeit Aufenthalts-status
26.07.2015 Bochum § 224 StGB 1 deutsch  
30.07.2015 Herne § 223 StGB 1 deutsch  
16.08.2015 Gütersloh § 223 StGB 1 deutsch  
14.09.2015 Porta Westfalica § 306 a StGB 4 deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
03.10.2015 Altena § 306 b StGB 2 deutsch  
        deutsch  
10.10.2015 Essen § 125 StGB 2 deutsch  
        deutsch  
10.10.2015 Hattingen § 113 StGB 2 deutsch  
        deutsch  
06.11.2015 Schwerte § 125 a StGB 6 deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
06.12.2015 Ahlen § 224 StGB 4 deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
01.01.2016 Leverkusen § 224 StGB 4 deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
02.01.2016 Köln § 306 a StGB 2 deutsch  
        deutsch  
02.02.2016 Oberhausen § 308 StGB 1 deutsch  
08.02.2016 Warburg § 306 a StGB 1 deutsch  
08.02.2016 Warburg § 306 b StGB 1 deutsch  
14.02.2016 Ahaus § 224 StGB 2 deutsch  
        deutsch  
26.04.2016 Kerken § 306 a StGB 2 deutsch  
        deutsch  
11.05.2016 Ennigerloh § 223 StGB 3 deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
04.06.2016 Münster § 306 StGB 2 polnisch EU-Bürger
        deutsch  
08.09.2016 Wilnsdorf § 211 StGB 1 deutsch  
16.09.2016 Warburg § 223 StGB 1 deutsch  
09.10.2016 Bochum § 224 StGB 1 deutsch  
31.10.2016 Much § 224 StGB 6 deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
        deutsch  
27.12.2016 Neuss § 224 StGB 4 indisch Asylverfahren abgelehnt/ untergetaucht

 

 

Tattag Tatort Delikt Anzahl TV Staatsan­gehörigkeit Aufenthalts-status
        indisch Asylverfahren eingestellt/ Duldung erteilt
        indisch Asylverfahren abgelehnt/ Duldung erteilt
        indisch Asylverfahren abgelehnt/ Duldung erteilt
24.02.2017 Schwelm § 224 StGB 2 deutsch  
        deutsch  
15.03.2017 Siegen § 306 b StGB 2 deutsch  
        ungarisch EU-Bürger
11.04.2017 Schwelm § 306 b StGB 2 deutsch  
        deutsch  
10.05.2017 Schwelm § 306 StGB 1 deutsch  

 

Antwort als PDF laden