Antragder Fraktion vom 10.09.2019
Freie Persönlichkeitsentwicklung und Selbstbestimmung junger Mädchen sichern. Anregungen von Staatssekretärin Güler zum Verbot des „Kinderkopftuches“ in Schulen und Kindergärten endlich umsetzen!
I. Ausgangslage
Schon seit Jahrzehnten wird die Politik vor die besondere Herausforderung gestellt, auf den Konflikt zwischen den Glaubenspraktiken von zugewanderten Menschen aus anderen Kulturkreisen und den Vorgaben der freiheitlichen Verfassungs- und Gesellschaftsordnung in Deutschland zu reagieren. Dabei sorgen insbesondere die von muslimischen Frauen praktizierte Verhüllung des Kopfes und (seit den letzten Jahren) auch die Gesichtsverschleierung wegen ihres eindeutigen Symbolgehalts für eine besondere konfliktträchtige Lage zwischen verschiedenen Werteordnungen. Diese Lage hat nicht zuletzt einige Rechtsstreitigkeiten ausgelöst und löst sie nach wie vor aus. Die jüngsten Entwicklungen deuten auf eine Verschärfung des ohnehin angespannten Diskurses über den Geltungsanspruch eines mit dem Grundgesetz divergierenden Wertes hin.
Ein besonders umstrittener und gerade in letzter Zeit intensiv diskutierter Aspekt ist dabei die Verhüllung des Kopfes von jungen Mädchen aus muslimischen Elternhäusern bereits in einem Alter, das noch weit unterhalb der gesetzlich festgelegten Altersgrenze der Religionsmündigkeit bzw. dem der biologischen Geschlechtsreife liegt. Während vor gut zwanzig Jahren kaum ein muslimisches junges Mädchen aus Glaubensgründen ein Kopftuch getragen hat, zeigt sich mittlerweile eine starke Veränderung unserer Gesellschaft hin zur Islamisierung. Inzwischen sieht man selbst in den Grundschulen zahlreiche Mädchen mit einem Kopftuch bekleidet, wodurch sie ihre Sittsamkeit gegenüber der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen wollen. Dieses Phänomen ist ein sichtbarer Beweis dafür, dass eine fundamentalistische muslimische Community durch Selbstausgrenzung eine gezielte Provokation gegenüber staatlicher Hoheit ausübt.
a) Umgang mit dem Kopftuch in anderen Ländern
Für einen Mitteleuropäer dürfte spätestens nach einem Besuch eines islamisch geprägten Landes deutlich werden, dass die kulturellen Unterschiede zwischen den Einheimischen des Reiselandes und den in Deutschland lebenden Menschen derselben Herkunft recht groß sind. Als Beispiel kann die Türkei herangezogen werden. Die säkulare Partei CHP und das Militär hatten sich vor der Erdogan-Ära stets auf den Republikgründer Kemal Atatürk berufen. So wachte die säkulare Elite mit großer Strenge darüber, ihr laizistisches Staatsmodell gewahrt zu wissen. Zu dieser Zeit versuchten Frauen in der Türkei, sich ihr Recht zu erkämpfen, ihr Haar bedecken zu dürfen. An Universitäten und in staatlichen Ämtern war dies verboten. Die islamisch-konservative AKP schaffte diese Verbote nach und nach ab. So hatte es Präsident Erdogan seinen konservativen Wählern versprochen. Damit erzeugte er allerdings einen tiefen ideologischen Riss innerhalb der türkischen Gesellschaft.
Inzwischen dürfen Schülerinnen in der Türkei ab der 5. Klasse in der Schule ein Kopftuch tragen. Mit der Änderung der Verwaltungsvorschriften des türkischen Bildungsministeriums per Kabinettsbeschluss wurde damit das Kopftuchverbot an staatlichen Schulen in der Sekundarstufe formal aufgehoben. Lehrergewerkschaften und Opposition reagierten mit Kritik.1 Lehrergewerkschaftler sorgten sich um das Konfliktpotenzial, das diese Lockerung mit sich bringen könnte. Sie sprachen von der eklatanten Gefahr der Segregation zwischen „gläubigen“ und „ungläubigen“ Schülerinnen und der Tatsache, dass daraus Feindschaften resultieren könnten. Der Generalsekretär der kemalistischen Republikanischen Volkspartei (CHP), Gürsel Tekin, äußerte sich zum Zeitpunkt der Gesetzesnovellierung wie folgt: „Unsere kleinen Mädchen werden zu Opfern des Gemeinschaftsdrucks gemacht.“ Das Laizismusprinzip ist in der türkischen Verfassung als eines der wichtigsten Staatsprinzipien niedergeschrieben und wird als eine wichtige Triebfeder des Modernisierungsziels der Türkischen Revolution verstanden. Durch gesetzliche Regelungen unter der Erdogan-Regierung wurde das Laizismusprinzip aufgeweicht. Das türkische Verfassungsgericht stellte in richtungsweisenden Urteilen fest: Das Kopftuch sei „weniger eine Bekleidung besonderer Art als ein Abgrenzungsmerkmal“, und es sei „unumgänglich“, dass es zur „Demonstration einer Unterstellung“ werde.2 „Somit kann festgehalten werden, dass eine türkische Herkunftskultur, auf die sich die türkischstämmigen Kopf-tuchträgerinnen in Deutschland beziehen könnten, nicht existiert.“3
In europäischen Staaten mit starker muslimischer Zuwanderung gibt es vergleichbare Debatten, auch wenn sie nicht mit der Härte der türkisch-liberalen Elite geführt werden. Der damalige französische Staatspräsident Jaques Chirac kündigte das gesetzliche Verbot von ostentativen religiösen Symbolen bereits im Jahr 2003 an. Das „Verbot deutlich sichtbarer religiöser Zeichen in den Schulen“ wurde im Frühjahr 2004 im Parlament mit der überwältigenden Mehrheit von 494 (von 577) Stimmen verabschiedet. Konservative und Sozialisten stimmten gemeinsam dafür. Zuvor lag es im Ermessen der Schulleitung, ob muslimische Schülerinnen mit einem Kopftuch in der Schule erscheinen durften. Damals hieß es nach offiziellen Angaben, dass zu Beginn des neuen Schuljahres 1256 Mädchen mit dem islamischen Kopftuch in den Unterricht kamen. Laut Olivier Roy, einem bekannten französischen Islam-Experten vom europäischen Hochschulinstitut in Florenz, stößt das Gesetz gegenwärtig in Frankreich auf hohe Akzeptanz. „Muslimische Familien haben das Gesetz offenbar akzeptiert; bislang wurde nicht bekannt, dass eine Schülerin hätte verwarnt werden müssen.“4
Das österreichische Parlament hat explizit ein Verbot von Kopftüchern an Grundschulen beschlossen. Es betrifft junge Schülerinnen und gilt bis zum Ende des Schuljahres, in dem die Mädchen zehn Jahre alt werden. Bei einem Verstoß ist der Schulleiter verpflichtet, die zuständige Behörde zu kontaktieren, welche wiederum binnen vier Tagen ein verpflichtendes Gespräch mit den Eltern führen muss. Eltern, die ihr Kind wiederholt mit einem Kopftuch zur Schule schicken oder an dem Gespräch nicht teilnehmen, droht eine Strafzahlung in Höhe von 440 Euro. Die Regierungsfraktionen in Österreich erhielten bei ihrem Vorhaben sogar Unterstützung durch Peter Pilz, früheres Mitglied der Fraktion der Grünen im österreichischen Parlament. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ), Ümit Vural, kündigte hingegen an, gegen das beschlossene Gesetz zu klagen. Vural bezeichnete den Beschluss des Parlaments als „schwarze[n] Tag“ für die Demokratie. Dabei überraschte, dass die IGGÖ vor geraumer Zeit eine Stellungnahme zum Kopftuchtragen junger Mädchen veröffentlicht hatte, in welcher ausdrücklich betont wurde, dass das Kopftuchtragen von Kindern im Grundschulalter keineswegs durch die Religion vorgegeben sei.
b) Bestreben in Deutschland
Was in Deutschland derzeit mit großer Vorsicht diskutiert wird, gilt also in Frankreich schon seit 15 Jahren: ein Kopftuchverbot an Schulen. Schon vor etwas mehr als einem Jahr hatte sich auch die nordrhein-westfälische Staatssekretärin im Integrationsministerium, Serap Güler (CDU), für ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen eingesetzt. Der Integrationsminister Joachim Stamp teilte die Auffassung der Staatssekretärin. Da die Reife zur Selbstbestimmung bei Kindern noch nicht gegeben sei, gelte es zu prüfen, ob das Tragen des Kopftuchs bis zur Religionsmündigkeit, also dem 14. Lebensjahr, untersagt werden könne, so der Integrationsminister. Das Integrationsministerium wollte in einem Meinungsaustausch mit Experten die Einführung des Kopftuchverbotes und den Umgang mit diesem Verbot erörtern. Die Landesregierung erhoffte sich durch die Einsetzung eines Expertenrats eine interre-ligiöse Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Strömungen innerhalb des Islam. Bis heute ließ das Ministerium keine Fortschritte in der Sache verlautbaren. Fakt ist jedoch, dass die Landesregierung im letzten Sommer aufgrund ihrer Initiative beschloss, die rechtlichen Voraussetzungen eines möglichen Verbots zu prüfen.5
Seitens der FDP unterstützen Parteichef Christian Lindner und Linda Teuteberg, migrations-politische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, das geplante Vorgehen in NRW ausdrück-lich.6 In der CDU setzt sich insbesondere der Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann mit Nachdruck für ein Kopftuchverbot für Schülerinnen ein. Er argumentiert, immer häufiger sei zu vernehmen, dass Mädchen unter 14 Jahren mit Kopftüchern in die Kitas und Schulen geschickt werden. Linnemann nennt das Beispiel einer vierten Klasse, in der vier von zehn Mädchen ein Kopftuch trügen. Der Staat dürfe nicht zuschauen, wenn patriarchalische Strukturen in unsere Bildungseinrichtungen getragen werden. Religionsfreiheit sei kein Freibrief, um Mädchen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu hemmen.6 Nach der Entscheidung des Kopftuchverbots an Grundschulen in Österreichs hat Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) die Forderung nach einem Kopftuchverbot an Grundschulen auch für ihr Bundesland begrüßt.7
Die Mehrheit der Deutschen befürwortet ohnehin ein Kopftuchverbot an Grundschulen. 57 Prozent der Bevölkerung sprechen sich für ein Verbot aus, wie die Umfrage des Instituts YouGov zeigt.8
c) Schutz des Kindeswohls und der freien Entwicklung der Persönlichkeit
In vielerlei politischen Debatten wird seitens der sich als progressiv verstehenden Diskursteil-nehmer nicht selten auf die UN-Menschenrechtscharta verwiesen. In Bezug auf die Debatte um das Kinderkopftuch fehlt dieser Verweis bislang in Gänze. Gerade die Vorgabe des Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) verpflichtet dazu, das Wohl des Kindes als vorrangigen Gesichtspunkt zu berücksichtigen, zu dessen Gewährleistung die Vertragsstaaten alle geeigneten Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen zu treffen haben. Artikel 14 der Kinderrechts-konvention der Vereinten Nationen fordert die Vertragsstaaten auf, das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit zu achten, ebenso wie die Rechte und Pflichten der Eltern, das Kind bei der Ausübung dieses Rechts seiner Entwicklung entsprechend zu leiten. Zum Schutz des Kindeswohls gehört somit auch die Vermittlung von Rüstzeug zur Aneignung von Kompetenzen, die ihm dabei helfen, seiner eigenen Stimme – auch gegenüber den Eltern – Gehör zu verschaffen und seine Interessen zu vertreten. Damit verbietet sich im Verantwortungsbereich staatlicher Bildungseinrichtungen eine passive Hinnahme der Praxis, bereits Mädchen im religionsunmündigen Alter ein Kopftuch tragen zu lassen, welches wiederum ein Hindernis für die freie Persönlichkeitsentwicklung darstellt.
Das Kopftuch sexualisiert Mädchen bereits vor der Pubertät und nimmt ihnen so das Recht auf eine unbeschwerte Kindheit und die Selbstbestimmung über ihren Körper. Sie werden dadurch in ihrer Entwicklung zurückgehalten und auf diese Weise des Auslebens altersgerechter Verhaltensweisen beraubt. Daher setzten sich auch renommierte Frauenrechtlerinnen, unter ihnen auch Vertreterinnen von Terre des Femmes, wie Lale Akgün, Seyran Ateş, Necla Kelek und Alice Schwarzer sowie ausgewiesene Experten auf dem Feld des Islam und der Integrationspolitik wie Ahmad Mansour vehement für ein Verbot dieser Praxis zumindest im schulischen Bereich ein. Das gleiche Ziel verfolgt die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, die dazu am 20. Mai 2017 ein Positionspapier verabschiedete9 und im Jahr 2018 eine entsprechende Petition gestartet hat.
d) Wahrung des Schulfriedens
Zu dieser Konfliktlage liegt der Landesregierung ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten sowohl aus entwicklungspsychologischer als auch aus theologischer Sicht vor. Fest steht auch, dass die Landesregierung sehr wohl im Bilde über die Zahl der Kopftuchträgerinnen an nordrhein-westfälischen Schulen ist. Auf die Kleine Anfrage 948 vom 23. Mai 2018 der Fraktion Bündnis90/ Die Grünen gab die Landesregierung bekannt, dass bereits 2011 die Studie „Muslimisches Leben in Nordrhein-Westfalen“ das Tragen von Kopftüchern bei Mädchen in der Altersgruppe von bis zu zehn Jahren nachgewiesen habe. Eigene Erhebungen habe die Landesregierung zum Zeitpunkt der Anfrage nicht in Auftrag gegeben. Die Kleine Anfrage 948 bezog sich auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom 26.01.2017, wonach das Kopftuchtragen durch die Religionsfreiheit gedeckt sei und in das religiöse Erziehungsrecht der Eltern falle. Diese Ausarbeitung beziehe sich allerdings auf „Schülerinnen allgemein, ohne bei der Zulässigkeit eines Kopftuchverbots nach Alter zu differenzieren“, so die Landesregierung.10 Ebenfalls betrachtet werden müsse das Kindeswohl, das seine normative Grundlage insbesondere in der UN-Kinderrechtskonvention besitze. Insbesondere der Art. 14 Abs. 2 der UN-Kinderrechtskonvention (CRC) enthält „indirekt den Anspruch an die Eltern, dass sie ihre Kinder bei der Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit in einer ihrer Entwicklung entsprechenden Weise leiten sollen“, so die Landesregierung weiter.
Eltern dürfen die Erziehung ihrer Kinder in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht bestimmen. Dem gegenüber ist jedoch in § 2 Abs. 1 des Schulgesetzes NRW das eigenständige Erziehungsrecht des Staates verankert und in § 2 Abs. 3 die Verpflichtung zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Eltern und Lehrern in Erziehungsfragen. Dabei steht zweifelsfrei das Wohl des Kindes im Vordergrund. Deshalb ist insbesondere zu prüfen, ob kopftuchtra-gende Mädchen in ihrer Entwicklung gehemmt werden und womöglich Nachteile durch das Kopftuchtragen erleiden.
Ein Verbot des Kinderkopftuches dient dem Schutz des Kindeswohls und erleichtert die Integration des Kindes in die deutsche Gesellschaft. Es setzt damit den staatlichen Bildungsauftrag um. Dem Kindeswohl wie auch den Bildungsidealen entspricht es, die selbstbestimmte Persönlichkeitsentwicklung von Mädchen aus muslimischen Elternhäusern zu garantieren und sie davor zu bewahren, in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gehemmt zu werden und sich innerhalb der Klassengemeinschaft auszugrenzen. Das Gesetz schützt die Mädchen davor, im Sinne einer fundamentalistisch-archaischen, die Gleichberechtigung der Geschlechter negierenden Glaubenspraxis instrumentalisiert und konditioniert zu werden. Weiterhin soll das Verbot die Integration fördern, indem es einer frühzeitigen Segregation von muslimischen Mädchen gegenüber ihren Mitschülern und ihren nicht verhüllten Mitschülerinnen vorbeugt.
Schließlich ist das Thema religiöses Mobbing an Schulen nicht neu. Mädchen, die kein Kopftuch tragen, werden unter Druck gesetzt und als ‚Schlampe‘ beschimpft. Die Islamwissen-schaftlerin Rita Breuer erkennt in dem Kopftuch eine Bedrohung für andere muslimische Mädchen, die keines tragen.11
II. Der Landtag stellt fest:
1. Das muslimische Kopftuch ist kein Mode-Accessoire, sondern ein Symbol für die Rolle der Frau in Staat und Gesellschaft. Wesentliche Eigenschaft von Symbolen ist, dass sie über sich hinausweisend bestimmte Inhalte transportieren und eine repräsentative Funktion innehaben.
2. Folglich hat das Kopftuch nicht nur singuläre Bedeutung im Sinne eines Ausdrucks rein individueller Lebenshaltung sondern auch eine konventionalisierte Bedeutung und gefährdet somit den Schulfrieden.
3. Der ästhetische Ausdruck des Kopftuchs beinhaltet eine eindeutige Botschaft mit ethisch-appellativem Charakter.
4. Das Kopftuch dient als Mittel zur körperlichen und psychischen Disziplinierung junger Mädchen.
5. Auch wenn das Kind selbst äußert, es würde das Kopftuch freiwillig und gerne tragen, ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, das Kind habe sich aus freien Stücken für das Kopftuch entschieden.
6. Es obliegt dem Gesetzgeber, in Abwägung der betroffenen Belange eine allgemeinverbindliche Lösung zu finden. Es würde der Tragweite des Problems nicht gerecht, dieses einfach weiterhin an die Schulen zu delegieren.
7. Das Tragen eines Kopftuchs vor Beginn der Pubertät ist daher grundsätzlich nicht als allgemeingültiges religiöses Gebot im Islam einzustufen und genießt somit nicht den Stellenwert einer islamischen Bekleidungsvorschrift.
8. Kinder haben das Recht auf Religionsfreiheit. Bis zum Erreichen ihrer Religionsmündigkeit gemäß § 5 KErzG werden die Kinder diesbezüglich im Rahmen der elterlichen Sorge (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) von ihren Eltern vertreten.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
1. eine gemeinsame Initiative mit Islamverbänden zu starten, die Eltern über die tatsächlichen religiösen Kleidervorschriften zu informieren und auf sie einzuwirken, ihre Töchter vom Tragen des Kopftuches zu verschonen,
2. das Schulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in § 2 Abs. 7 unverzüglich um ein „Kinderkopftuchverbot“ an Schulen für Mädchen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres zu ergänzen.
Helmut Seifen
Gabriele Walger-Demolsky
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.welt.de/politik/ausland/article132590904/AKP-hebt-Kopftuchverbot-an-staatlichen-Schu-len-auf.html (abgerufen am 29.07.0219).
2 Verfassungsgericht der Republik Türkei, Urteil vom 7. März 1989.
3 http://www.bpb.de/apuz/28168/die-kopftuchdebatte-in-der-tuerkei?p=all (abgerufen am 29.07.2019).
4 https://www.zeit.de/gesellschaft/2018-04/kopftuchdebatte-frankreich-schulen-religioese-symbole (29.07.2019).
5 Bericht des Ministeriums für Schule und Bildung zur Sitzung des Ausschusses für Schule und Bildung des Landtags NRW am 6. Juni 2018 zu dem TOP: „Kopftuchverbot für Grundschülerinnen“.
6 Carsten Linnemann: Ein Kampf, der geführt werden muss, in: Berliner Morgenpost, 28.04.2019, S. 19. Vgl. weitergehend Winfried Bausback/Carsten Linnemann (Hrsg.): Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland: Wie wir unsere freie Gesellschaft verteidigen, Freiburg 2019. 7https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/Diskussion-Kopftuecher-Eisenmann-haelt-Kopf-
tuchverbot-an-Grundschulen-fuer-sinnvoll,eisenmann-fuer-kopftuchverbot-fuer-grundschuelerinnen-100.html (abgerufen am 30.07.2019).
8 https://www.welt.de/politik/deutschland/article194000053/Kopftuch-Debatte-Mehrheit-der-Deutschen-fuer-ein-Verbot-an-Grundschulen.html (abgerufen am 29.07.2019).
9 Positionspapier von Terre des Femmes – Menschenrechte für die Frau e.V. für ein gesetzliches Verbot des Kopftuchs bei Minderjährigen, unter: https://www.frauenrechte.de/online/images/down-loads/reli-gion/2017_05_20_Positionspapier_TDF_fur_gesetzliches_Kopftuchverbot_bei_Minderjah-rigen.pdf (abgerufen am 30. Juli 2019).
10 Drs. 17/2669, S. 2.
11 Breuer, a. a. O., S. 87.