„Fridays-for-Linksextremismus“? Wird die „Fridays-for-Future“-Bewegung von Linksextremisten unterwandert?

Kleine Anfrage
vom 29.11.2019

Kleine Anfrage 3206der Abgeordneten Markus Wagner und Andreas Keith vom 29.11.2019

 

„Fridays-for-Linksextremismus“? Wird die „Fridays-for-Future“-Bewegung von Linksextremisten unterwandert?

Mehrere Medien berichteten, dass die Klimaschutzaktivisten der „Fridays-for-Future“-Bewegung zunehmend linksextremistisch unterwandert werden.

So berichtet die „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf eine Einschätzung nordrhein-westfälischer Behörden im Zusammenhang mit der am 21. Juni 2019 geplanten Großveranstaltung von Fridays-for-Future in Aachen: „Fridays for Future‘ stützt sich (…) bei der Vorbereitung der Großveranstaltung am 21. Juni 2019 in Aachen auch auf das organisatorische Know-how von Angehörigen der linksextremistischen Szene.“ Angeblich gäbe es konkrete Verbindungen zur vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppe „Interventionistische Linke.1

In Gelsenkirchen haben Mitglieder der vom Verfassungsschutz beobachteten Jugendorganisation „Rebell“ der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschland die offizielle Ortsgruppe von „Fridays-for-Future“ gekapert. Sogar über die offizielle Internetpräsenz der „Fridays-for-Future“-Bewegung wird man per Link zu einer WhatsApp-Gruppe weitergeleitet, die von den MLPD-Aktivisten betrieben wird. Auf mehreren Demonstrationen der „Fridays-for-Future“-Bewegung wurden MLPD und Rebell-Fahnen gezeigt, sowie in Wortbeiträgen zum Beitritt zu Rebell aufgefordert.2

Auch bundesweit wird vermehrt auf eine zunehmende Verflechtung von „Fridays-for-Future“ und linksextremen Organisationen hingewiesen.

In Hamburg rief die Interventionistische Linke zu Verkehrsblockaden im Anschluss an die Demonstration von „Fridays-for-Future“ auf.3 In Hannover gaben „Fridays-for-Future“ und die Interventionistische Linke eine gemeinsame Pressekonferenz, bei der die Zusammenarbeit gelobt wurde.4 Der Verfassungsschutz warnte bereits vor dem Versuch von Linksextremisten, über das Thema Klimawandel Anschlussfähigkeit an das demokratische Spektrum zu erhalten und insbesondere Jugendliche an die linksextreme Szene zu binden.

Im aktuellen Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2018 wird explizit vor der Vernetzung mit und Vereinnahmung von demokratischem Protest durch Linksextremisten gewarnt. Dort heißt es:

„Die von der Interventionistischen Linken verfolgten Ziele, bürgerlich-demokratisches Protestpotenzial für eigene Zwecke zu instrumentalisieren, die Grenzen zwischen extremistischem und demokratischem Protest zu verwischen und sich als Teil einer legitimen Protestbewegung Linksextremismus zu inszenieren, sind insofern erneut aufgegangen.5

Besorgniserregend ist, dass im demokratischen Spektrum die Akzeptanz für linksextremistische Positionen gestiegen ist:

„Was in der Zivilgesellschaft unter dem Stichwort „Abgrenzungsreflex“ über Jahre hinweg insbesondere in Bezug auf Rechtsextremisten zu beobachten war, wurde im Hinblick auf linksextremistische Bündnisse und Kampagnen im Berichtszeitraum stark aufgeweicht. Die Strategie von Extremisten, sich thematisch anschlussfähig und damit zum Bündnispartner demokratischer Akteure zu machen, ging in vielen Fällen im Linksextremismus auf. Linksextremistische Positionen wurden von demokratischen Bündnispartnern entweder übersehen oder als notwendiges Übel in Kauf genommen wurden.“6

Wir fragen daher die Landesregierung:

1. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung über Bestrebungen der Beeinflussung und Infiltration der „Fridays-for-Future“-Bewegung durch Linksextreme?

2. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung über Bestrebungen der Beeinflussung und Infiltration von Klima-, Umwelt- und Tierschutzaktivisten durch Linksextreme?

3. Wie schätzt die Landesregierung angesichts radikaler Klimaschutzaktivisten, wie „Extinction Rebellion“, das Radikalisierungspotential der Klimaschutzbewegung ein?

4. Welche Maßnahmen führt die Landesregierung durch, um eine linksextreme Radikalisierung der Klimaschutzbewegung und insbesondere „Fridays-for-Future“ zu verhindern?

5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über das Entstehen einer Mischszene aus linksextremen Bestrebungen einerseits und „Extinction Rebellion“, „Fridays-for-Future“ bzw. der Klimaschutzbewegung anderseits?

Markus Wagner
Andreas Keith

 

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1 https://www.focus.de/politik/deutschland/fridays-for-future-sicherheitsbehoerden-warnen-linksextreme-wollen-klima-demos-unterwandern_id_10830515.html.

2 https://www.bento.de/politik/gelsenkirchen-fridays-for-future-von-linksradikaler-mlpd-gekapert-a-ba860023-f1ec-4bd1-a85d-cffad5815df1#refsponi.

3 https://www.welt.de/regionales/hamburg/article200507550/Fridays-for-Future-Linksextreme-wollen-bei-Klimastreik-Verkehr-lahm legen.html.

4 https://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Kooperation-mit-Linksextremen-Radikalisiert-sich-Fridays-for-Future.

5 Verfassungsschutzbericht für Nordrhein-Westfalen, S. 158..

6 Ebd., S. 161..


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 20.12.2019

 

Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3206 mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 namens der Landesregierung beantwortet.

1. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung über Bestrebungen der Be­einflussung und Infiltration der „Fridays-for-Future“-Bewegung durch Linksext­reme?

Jugendorganisationen und Parteimitglieder der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutsch­lands (MLPD) sowie der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) beteiligten sich unabhän­gig voneinander an Veranstaltungen und Demonstrationen der „Fridays-for-Future“-Bewegung („FfF“). Vor allem die Teilnehmer der MLPD stehen hierbei jedoch meist außerhalb der jewei­ligen lokalen Bündnisse von „FfF“, da sie sich der Aufforderung der Veranstalter, auf parteibe­zogene Darstellungen zu verzichten, regelmäßig widersetzen.

Ein steuernder Einfluss durch die MLPD oder die DKP ist bisher nicht feststellbar. Den beiden kommunistischen Parteien geht es vielmehr darum, die Popularität der Bewegung für die Ver­breitung eigener politischer Zielsetzungen gegenüber einem größeren Empfängerkreis zu nut­zen.

Darüber hinaus versuchen auch linksextremistisch beeinflusste Bündnisse (z. B. „Ende Ge­lände“), autonome Personenzusammenhänge und postautonome Akteure (z. B. „Interventio-nistische Linke“) insbesondere im Rahmen von Großveranstaltungen mit „FfF“ zu kooperieren. Sie beabsichtigen damit eine Vereinnahmung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen für ihre als „ziviler Ungehorsam“ deklarierten Aktionen. Ziel ist es, demokratische Akteure über den Erlebnischarakter der häufig rechtswidrigen Aktionsformen zu radikalisieren und für For­derungen zu gewinnen, das gesellschaftliche System im Sinne linksextremistischer Vorstel­lungen zu verändern. In Nordrhein-Westfalen sind allerdings bislang lediglich vereinzelte lo­gistische Kooperationen von „FfF“ und extremistischen Akteuren im Rahmen von Veranstal­tungen festzustellen.

Eine systematische Beeinflussung oder Infiltration von „FfF“ durch Linksextremisten in Nord­rhein-Westfalen ist bisher nicht feststellbar.

2. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung über Bestrebungen der Be­einflussung und Infiltration von Klima-, Umwelt- und Tierschutzaktivisten durch Linksextreme?

Der Verfassungsschutz NRW berichtet zu diesem Thema, insbesondere zu dem linksextre­mistisch beeinflussten Bündnis „Ende Gelände“, im Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2018 (S. 160 ff).

Neben „Ende Gelände“ agieren auch Akteure des linksextremistischen Spektrums in den be­nannten Themenfeldern. Eine Steuerung oder Infiltration des demokratischen Protestspekt­rums durch linksextremistische Akteure ist bisher nicht feststellbar.

3. Wie schätzt die Landesregierung angesichts radikaler Klimaschutzaktivisten, wie „Extinction Rebellion“, das Radikalisierungspotential der Klimaschutzbewegung ein?

Eine linksextremistische Radikalisierung von „Extinction Rebellion“ ist in Nordrhein-Westfalen bislang nicht feststellbar. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.

4. Welche Maßnahmen führt die Landesregierung durch, um eine linksextreme Radi­kalisierung der Klimaschutzbewegung und insbesondere „Fridays-for-Future“ zu verhindern?

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz nimmt seine Warnfunktion vor extremistischen Bestrebungen durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen und Präventionsangeboten wahr. Über die Vorgehensweise und Aktionsformen von linksextremistischen Akteuren im Themen­feld „Klimaschutz“ berichtet der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz im Verfassungs­schutzbericht 2018.

5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über das Entstehen einer Mischszene aus linksextremen Bestrebungen einerseits und „Extinction Rebel­lion“, „Fridays-for-Future“ bzw. der Klimaschutzbewegung anderseits?

Zum Verhältnis zwischen dem demokratischen Protestspektrum im Klimaschutz und dem linksextremistischen Protestspektrum wird auf die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 verwiesen.

 

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