Für Natur-, Arten- und Landschaftsschutz: Kein weiterer Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen

Antrag
vom 02.06.2025

Antrag

der Fraktion der AfD

Für Natur-, Arten- und Landschaftsschutz: Kein weiterer Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen

I. Sachverhalt

Freiflächen-, Agri-, Moor- und Floating-Photovoltaik-Anlagen sind derzeit das Lieblingskind der Energiewender. Die Preise für Photovoltaik-Anlagen (PV) sind stark gesunken. Widerstand aus der Bevölkerung gibt es nur vereinzelt. Übergewinne sind dank kräftig fließender Subven­tionen garantiert. All dies erhöht den Anreiz zur Überdachung von Agrarlandschaften: je größer die belegten Flächen, desto höher die Gewinne.1 Zwar sind die Ausschreibungspreise für 2025 gesunken, dies liegt aber bloß am höheren Ausschreibungsvolumen.2 Hinzu kommt, dass NRW seine Ausbauziele bis 2030 für Photovoltaik-Kraftwerksanlagen in der Natur verdoppeln will. Erreicht werden soll dies durch einen höheren Fördergeldanreiz von bis zu 25 Prozent und vereinfachte Planungsvoraussetzungen.3 In Nordrhein-Westfalen dürfen inzwischen jähr­lich bis zu 400 Hektar Agrar- und Wildlandschaften mit großen Solarparks überdacht werden. 2022 lag die Obergrenze noch bei 200 Hektar.4 Zwar betont die Landesregierung, dass hoch­wertige Ackerböden und Flächen in Natura-2000-Gebieten ausgeschlossen bleiben, um die Interessen von Landwirtschaft und Natur zu schützen,5 aber durch den steten Flächendruck auf die Landwirtschaft und einen rund 50-prozentigen Pachtanteil der Nutzflächen wird der Flächenwettbewerb durch die PV-Großanlagen noch weiter verschärft. NRW führte 2023, im letzten Meldungsjahr, deutschlandweit die Pachtpreise an.6

Die immer größere Dimension der Solarparks ist ein bundesweites Phänomen. Im branden­burgischen Werneuchen, auf dessen Gemeindeflächen bereits jetzt viele Flächen mit PV-Anlagen bestückt sind, konnte ein 200 Hektar großes PV-Projekt erst per Referendum vorerst ausgebremst werden.7

Wie bei der Nutzung von Windindustrieanlagen hat auch das Abschöpfen natürlicher Energien durch den flächenhaften Ausbau von PV-Kraftwerksanlagen gravierende Folgen für unsere heimische Kulturlandschaft.

Insbesondere Wärmeinsel-Effekte sind bei großen PV-Kraftwerksanlagen zu konstatieren. Sie führen zu einer deutlichen Erhöhung der lokalen Temperaturen im Vergleich zu nahegelege­nen Flächen ohne PV-Anlagen.8 In natürlichen Ökosystemen wird das Sonnenlicht durch die Vegetation diffus gestreut und vermag die Bodenfunktionen zu bedienen. Bloß ein geringer Teil wird reflektiert. Die Albedo, der natürliche Rückstrahleffekt, liegt bei Grasflächen nur bei 10 bis 20 %. Allerdings werden durch die Belastung einer Fläche mit PV-Anlagen dem Boden ca. 50 % der solaren Einstrahlung vorenthalten. Die ökologischen Folgen sind gravierend: Die Reflexion reduziert sich auf ca. 18%, für die natürlichen Prozesse verbleiben nur noch ca. 36 %. Da Pflanzen ausreichend Licht benötigen, um Photosynthese zu betreiben, wird deren Wachstum, CO2-Aufnahme und Sauerstoffproduktion gedrosselt.9

Hinzu kommt, dass bei PV-Kraftwerksanlagen die Absorption des Sonnenlichts zur Erwär­mung der Paneele führt. Die Reflexionsstrahlung ist überdies so stark, dass sie den Treib­hauseffekt verstärkt. Im Hochsommer können sich die Paneele auf 60 Grad und mehr erhit-zen.10

Problematisch aus ökosystemischer Perspektive sind PV-Anlagen nicht nur wegen der reflek­tierenden Solarmodul-Oberflächen, die Abkühlungseffekte unterbinden, sondern auch im Hin­blick auf die Flächen unter den Paneelen. Dort herrschen Licht- und Niederschlagsmangel vor. Die Austrocknung des Bodens kann sich dadurch massiv verstärken. Allerdings können auf bestimmten Bodenpartien auch gegenteilige Effekte die Folge sein, wenn etwa am tiefsten Punkt der Module das Wasser konzentriert auf kleine Flächen abfließt, wodurch diese Flächen versumpfen. Zwischen den Paneel-Reihen verhindert eine sukzessive Beschattung den vollen Lichteinfall. Besonders in den Jahreszeiten mit schrägem Sonnenstand, Frühjahr und Herbst, fehlt Pflanzen das dringend benötigte Licht für die Photosynthese.

Festzuhalten ist also eine durch PV-Großanlagen bedingte Störung des Naturhaushaltes im Hinblick auf die Lokaltemperatur, die Boden- und Wasserverhältnisse. Denn die Licht- und Schattenverhältnisse verändern sich teils massiv.11

Eine Studie des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (BNE), die Synergieeffekte zwi­schen Freiflächen-Photovoltaikanlagen und dem Erhalt der heimischen Tier- und Pflanzen­welt nachzuweisen versucht, verweist auf biodiversitätssteigernde Effekte, vor allem durch die Einsaat von Wildblumen, und hebt die artenreichen Magerstandorte rund um PV-Anlagen als Vorteil gegenüber rein landwirtschaftlich genutzten Flächen hervor.12 Allerdings gibt es durch die forcierten Flächenstilllegungsprogramme längst auch viele Blüh- und Schonstreifen in Ackerrandzonen. Damit entfallen die in der BNE-Studie herausgestellten Vorteile von PV-Großanlagen.

Ihre Nachteile, die aus den massiven Eingriffen in Naturlandschaften resultieren, fallen dafür umso stärker ins Gewicht.13

Es ist auffällig, wie in solchen Studien die Herausstellung weniger positiver Einzelaspekte rund um PV-Großanlagen von den grundsätzlichen Verschlechterungen in den davon betroffenen Lebensräumen ablenken soll. Extensive Mahd, Beweidung mit Schafen, unterbundene Nähr-stoffeinträge und unterlassener Pflanzenschutz – auch in ihrer Gesamtwirkung als effektives Maßnahmenbündel rund um PV-Großanlagen – vermögen die ökologische Habitatverschlech-terung nicht annähernd zu kompensieren. Darauf weist die Naturschutz-Initiative (NI) in einem unabhängigen Gutachten hin.

Darin wird auch auf eine Methodik bestellter Gutachter verwiesen, sich in Untersuchungen nur auf streng geschützte Arten zu beschränken, die das tatsächliche Konfliktpotenzial von PV-Anlagen mit angestammter Flora und Fauna überschaubar und damit vernachlässigbar ma­chen. Planungsrelevant wären eigentlich alle gefährdeten und geschützten Arten. Erhebliche Verschlechterungen im Umfeld von PV-Großanlagen sind im Hinblick auf sämtliche wirbellose Arten auszumachen, etwa Heuschrecken, Spinnen und Laufkäfer sowie bestimmte Falter-Ar­ten. Verdichtungs- und Gründungsarbeiten der zahllosen Aufständerungen haben Auswirkun­gen auf im Gelände nicht erkennbare Ameisennester und die darin befindlichen Raupen.14

Daraus wird ersichtlich, dass Natureingriffe durch PV-Großanlagen empfindliche Auswirkun­gen auf die Insektenverfügbarkeit haben können, die wiederum das Vorkommen von Fleder­mäusen und bestimmten Vögeln beeinflussen. Gebüschbrüter wie Dorn- und Gartengrasmü-cke oder Goldammer brauchen viele Insekten für ihre Jungenaufzucht. Bodenbrüter in Offen-landschaften wie die bedrohte Feldlerche reagieren empfindlich auf alle Formen optischer Ver­stellung in ihren Brutgebieten. Auch eine Studie des Umweltbundesamtes von 2022 (UBA-Texte 76/2022) empfiehlt, auf Freiflächen im Außenbereich zu verzichten – aus naturschutz­fachlicher Sicht und wegen der teils erheblichen Verschattungseffekte von bis 60 Prozent auf den betroffenen Flächen.15

Ein Umweltrisiko erwächst aus den in Solarmodulen verbauten Schwermetallen. Mit dem enor­men Zuwachs an verbauten PV-Anlagen erhöht sich das Brandrisiko.16 Dies ergibt sich nicht nur aus der allmählichen Abnutzung von Solarmodulen oder Wechselrichtern mit der Folge von elektrischen Fehlfunktionen wie Kurzschlüssen, Verschmorungen oder Lichtbögen; es kann auch an Planungsmängeln, fehlerhaften Installationen oder unprofessionell verlegten Ka­beln liegen.17 Bei dem Löschen der Brände ergeben sich u. a. wegen Blei und Cadmium in Löschwässern Probleme für Böden und Wasserhaushalte. Ebenso entweichen aus solchen Schwermetallen, aber auch aus Kunststoffen, die in Modulen verbaut sind, giftige Dämpfe und Rauch.18

Darüber hinaus räumt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in einem Leitfa­den zur Photovoltaik ein, dass auch durch einen sogenannten „Leaching“-Effekt giftige Sub­stanzen wie Blei oder Cadmium über längere Zeiträume aus Solarmodulen ausgewaschen werden können, insbesondere dann, wenn ein Deckglasbruch, Beschädigungen von Randver­siegelungen und eine Fragmentierung des Moduls vorliegt. Wie stark dabei die Auswaschung ausfällt, liegt an pH-Wert und Umgebungstemperatur.19

Die Idee „naturverträglicher“ Solarparks entpuppt sich damit wie der Spin der Umweltverträg­lichkeit von Windindustrieanlagen als Marketing-Kniff. Der positiv besetzte Begriff „Natur­schutz“ wird durch die bewusste Vermengung mit dem Begriff „Klimaschutz“ auf diesen aus­geweitet, so dass die eigentliche Umweltschädlichkeit des Klimaschutzes zuletzt als Umwelt­schutz erscheint.

II. Der Landtag stellt fest,

  1. dass die Energiewende der Biodiversität und der Funktionalität der Ökosysteme scha­det;
  2. dass Photovoltaik-Anlagen auf Frei-, Agrar- und Wildflächen negative Einflüsse auf das empfindliche und komplexe Nahrungsnetz in Tier-Pflanzen-Vergesellschaftungen ha­ben;
  3. dass durch den massiven Ausbau der sogenannten erneuerbaren Energien die Funkti­onalität der Ökosysteme in unseren Kulturlandschaften erheblich gestört wird;
  4. dass durch die sogenannten erneuerbaren Energien hohe Ewigkeitskosten durch Flä­chenverbrauch, Versiegelung, Bodenverdichtung und nicht-recycelbare Bestandteile der Anlagen entstehen;
  5. dass die Umweltschäden, die durch vermeintlich umweltfreundliche erneuerbare Ener­gien entstehen, systematisch kleingeredet werden.

III. Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf:

  1. den Ausbau der erneuerbaren Energien einzuschränken;
  2. bei bestehenden Anlagen zu untersuchen, inwieweit die Biodiversität und Ökosysteme seit Bau der Anlagen geschädigt wurden;
  3. bei Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen ein dauerhaftes Monitoring über deren Umweltaus­wirkungen und -kosten zu etablieren;
  4. sicherzustellen und notfalls unter Ausschöpfung von Rechtsmitteln darauf zu dringen, dass Betreiber von Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen deren vollständigen Rückbau (in­klusive Fundamente) durchführen;
  5. die von Nordrhein-Westfalen genutzte Länderöffnungsklausel des Erneuerbare-Ener­gien-Gesetzes (EEG), die einen Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf Acker-und Grünlandflächen erlaubt, zurückzunehmen.

Zacharias Schalley

Dr. Martin Vincentz

Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-14030

 

1 Vgl. https://eike-klima-energie.eu/2022/10/18/gluehende-landschaften/

2 Vgl. https://www.pv-magazine.de/2024/12/19/ausschreibungs-hoechstwerte-fuer-freiflaechen-photovoltaik-sin-ken-spuerbar/?utm_source=chatgpt.com

3 Vgl. https://www.topagrar.com/energie/news/nrw-fordert-wieder-ausbau-von-agri-und-floating-photovoltaik-20014360.html

4 Vgl. https://www.wirtschaft.nrw/landesregierung-macht-von-laenderoeffnungsklausel-gebrauch-und-erweitert-foerdermoeglichkeiten-von – Da zusätzlich auch Kompensationsflächen in Form von Ausgleichs- oder Ersatz­maßnahmen vorgehalten werden müssen, fällt der tatsächliche Landschaftsverlust noch höher aus: Vgl. https://www.uka-gruppe.de/buerger-kommunen/ausgleichsmassnahmen/

5 Vgl. https://www.wirtschaft.nrw/landesregierung-macht-von-laenderoeffnungsklausel-gebrauch-und-erweitert-foerdermoeglichkeiten-von

6 Vgl. https://www.it.nrw/nrw-hatte-2023-bundesweit-die-hoechsten-pachtpreise-fuer-landwirtschaftliche-flaechen-126571

7 Vgl. https://www.pv-magazine.de/2025/02/12/photovoltaik-nur-noch-per-referendum-werneuchen-diskutiert-neue-wege-fuer-akzeptanz/

8 Vgl. https://www.nature.com/articles/srep35070

9 Vgl. https://www.energiedetektiv.com/fileadmin/user_upload/Encrypted_Licht_und_Schatten_Teil_3_2021C.pdf

10 Vgl. https://eike-klima-energie.eu/2022/10/18/gluehende-landschaften/

11 Vgl. https://heimat-erhalten.de/nebenwirkungen-pv/freiflaechen-pv-anlagen-ein-massiver-eingriff-in-die-natur/

12 Vgl. https://www.bne-online.de/wp-content/uploads/20191119_bne_Studie_Solarparks_Gewinne_fuer_die_Bio-diversitaet_online.pdf

13 Vgl. https://eike-klima-energie.eu/2019/08/05/deutschlands-krieg-gegen-die-biodiversitaet-teil-3-photovoltaik-freiflaechenanlagen-auch-ein-artenschutz-problem/

14 Vgl. https://naturschutz-initiative.de/wpni/wp-content/uploads/2024/12/naturschutzinitiative_stn_solarpark_a-denau.pdf

15 Vgl. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/texte_76-2022_anpas-sung_der_flaechenkulisse_fuer_pv-freiflaechenanlagen_im_eeg_vor_dem_hintergrund_erhoehter_zubauziele.pdf

16 Vgl. https://www.welt.de/wirtschaft/article176294243/Studie-Umweltrisiken-durch-Schadstoffe-in-Solarmodu-len.html und https://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/iab/dateien/boden_pv_tagung.pdf

17 Vgl. https://www.agrarheute.com/energie/strom/brennen-pv-anlagen-haeufige-ursachen-gruende-610666

18 Vgl. https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/brandgefahr-bei-photovoltaikanlagen-was-kann-die-feuerwehr-tun/

19 Vgl. https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik-in-deutsch-land.html