Gasnotlage: Sichere Stromversorgung für unseren ÖPNV in NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 773
des Abgeordneten Klaus Esser vom 16.11.2022

Gasnotlage: Sichere Stromversorgung für unseren ÖPNV in NRW

Die Nahverkehrsunternehmen im Land schlagen gegenwärtig mit Blick auf steigende Energiekosten Alarm. Auch der NRW-Städtetag warnt, dass Stadtwerke Probleme bekommen könnten, da sie sich nicht nur um Abwasser oder Müllentsorgung kümmern, sondern auch den ÖPNV in den jeweiligen Städten gewährleisten. Eine im Raum stehende Gasmangellage nach dem Anschlag auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 könnte nun im Winter 2022/23 den Betrieb von Stadtwerken nachhaltig gefährden und sich dementsprechend gravierend auf die öffentliche Mobilität sowie weitere Bereiche des öffentlichen Lebens auswirken. Notfallpläne für den Ernstfall, die jedermann griffbereit in der Schublade der Kommunen erwarten würde, liegen aber nicht vor, sondern werden Presseberichten zufolge gegenwärtig teils erst erarbei-tet.1 Neben der Kostenfrage bei der Beschaffung von Energie sind Fragen bezüglich der Sicherstellung der Energie- und Stromversorgung des ÖPNV in NRW bislang offen geblieben.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Folgen hat ein Stadtwerksausfall auf den jeweiligen städtischen ÖPNV bzw. einen kommunalen Verbund?
  2. Wie werden bei einer Gasmangellage die für den ÖPNV relevanten Stadtwerke in NRW gewichtet und liegen für alle Kommunen Notfallpläne vor?
  3. Wie wird die Brennstoffversorgung für die jeweiligen Kraftwerkstypen in NRW gewährleistet?
  4. Welche Möglichkeiten der Bevorratung von energetischen Brennstoffen haben die NRW-Stadtwerke?
  5. Welche Notfallkonzepte liegen für den Fall von langandauernden Stromausfällen ÖPNV-relevanter Stadtwerke vor? (Bitte aufschlüsseln nach jeweiligem Stadtwerk, Standort und Versorgungsbereich)

Klaus Esser

 

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Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 773 mit Schreiben vom 15. Dezember 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung und dem Minister für Um­welt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.

  1. Welche Folgen hat ein Stadtwerksausfall auf den jeweiligen städtischen ÖPNV bzw. einen kommunalen Verbund?

Ein einzelner Ausfall eines Stadtwerks, gemeint ist wohl die Strombereitstellung für den kom­munalen öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV) durch das ortsansässige Stadt­werk, ist tendenziell unproblematisch, weil Strom üblicherweise über Verbundnetze bezogen wird. Hier springen dann andere Stromproduzenten ein. Bei einem großflächigeren Stromaus­fall kann der elektrisch betriebene öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Abhängigkeit des Vorlaufes der Stromunterbrechung unmittelbar bzw. mittelbar eingestellt werden. Diesel­betriebene Fahrzeuge sind, unabhängig von der Stromversorgung, weiter im Betrieb so lange Betankung und Wartung sichergestellt sind. Ein Ausfall der Gasversorgung hat keine relevante Bedeutung für den ÖPNV. Gasbetriebene Busse könnten, falls notwendig, durch Dieselbusse ersetzt werden.

  1. Wie werden bei einer Gasmangellage die für den ÖPNV relevanten Stadtwerke in NRW gewichtet und liegen für alle Kommunen Notfallpläne vor?

Die Stadtwerke stellen insbesondere durch ihre Funktion als Strom-, Wärme- und Wasserver­sorger sowie als Abfall- und Abwasserentsorger Einrichtungen der grundlegenden sozialen Versorgung dar und sind somit grundlegende soziale Dienste gem. Artikel 2 Nummer 4 der Verordnung 8EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments. Gem. § 53a Nummer 2 des Ener­giewirtschaftsgesetzes (EnWG) gelten sie daher als „geschützte Kunden“. Im Fall einer Gas-mangelsituation sind die Stadtwerke daher von einer Anweisung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) zur vollständigen Einstellung des Gasbezugs im Sinne ihres Status als „geschützte Kunden“ ausgenommen.

Gleichwohl können in Abhängigkeit von der tatsächlichen Gasversorgungssituation etwaige durch Gasmangel bedingte hydraulische Einschränkungen beim Gastransport grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.

Zur Frage des Vorliegens kommunaler Notfallplänen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwie­sen.

  1. Wie wird die Brennstoffversorgung für die jeweiligen Kraftwerkstypen in NRW ge­währleistet?

Unterschieden nach dem jeweiligen eingesetzten Brennstoff kommen in Nordrhein-Westfalen die Kraftwerkstypen Erdgaskraftwerke, Steinkohlekraftwerke und Braunkohlekraftwerke zum Einsatz. Eine untergeordnete Rolle spielt der Einsatz von Mineralöl als Ersatzbrennstoff in erdgasbefeuerten Kraftwerken.

Für den Brennstoff Erdgas stellt sich die Versorgungssituation im Hinblick auf den Winter 2022/23 angespannt, aber stabil dar. Insbesondere durch das Erreichen eines deutschland­weiten Speicherstands der Untergrundgasspeicher von nahezu 100% bis zur Kalenderwoche 46, der Erhöhung der Importe aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden sowie zusätzli­chen Gasimporten aus Frankreich und gleichzeitiger Verminderung der Gasexporte an die eu­ropäischen Nachbarstaaten, ebenso wie durch bereits erkennbare Gaseinsparungen in den relevanten Gasverbrauchsgruppen und durch umfassende Bemühungen um zusätzliche LNG-Zugangsmöglichkeiten, konnten bereits vielfältige und wichtige Beiträge für die weitere Ge­währleistung der Gasversorgungssicherheit geleistet werden. So kann beispielsweise durch die planmäßig fortschreitenden Fertigstellungen der ersten nationalen LNG-Terminals voraus­sichtlich ab Anfang 2023 auf weitere Importmengen zurückgegriffen werden.

Die Versorgungssituation mit Steinkohle kann trotz des europäischen Embargos auf russische Kohleimporte als sicher angesehen werden, da auf dem Weltmarkt ausreichende alternative Bezugsquellen vorhanden sind. Dementsprechend kann ausweislich der Bewertung seitens des Vereins der Steinkohlenimporteure (VDKi) auf volle Lagerbestände in den ARA-Seehäfen (Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen) zurückgegriffen werden. Die noch Mitte des Jahres vor­handenen Probleme beim Binnenschifftransport aufgrund von extrem niedrigen Flusspegel­ständen bestehen bei Steinkohle in Nordrhein-Westfalen derzeit nicht mehr. Insbesondere durch die Einführung der Energiesicherungstransportverordnung (EnSiTrV) durch die Bundesregierung kann zudem auch ein ausreichender Brennstofftransport über den Schie­nengüterverkehr durch entsprechende Priorisierung gewährleistet werden.

Die Versorgung der nordrhein-westfälischen Braunkohlekraftwerke aus den Tagebauen im Rheinischen Braunkohlerevier ist gewährleistet. Hierzu trägt insbesondere die gemeinsame Vereinbarung der Bundes- und Landesregierung mit dem Betreiber RWE über die Erhöhung der Fördermengen im Tagebau Garzweiler II im Zusammenhang mit dem vorgezogenen Kohleausstieg bis 2030 bei.

  1. Welche Möglichkeiten der Bevorratung von energetischen Brennstoffen haben die NRW-Stadtwerke?

Je nach Art des eingesetzten Brennstoffs sind an den Kraftwerksstandorten entsprechende Kohleläger bzw. Öltanks vorhanden. Die Bewirtschaftung sowie auch die Art und Höhe der Bevorratung dieser Einrichtungen obliegt den jeweiligen Anlagenbetreibern im Rahmen ihrer gesetzlichen Rechte und Pflichten.

  1. Welche Notfallkonzepte liegen für den Fall von langandauernden Stromausfällen ÖPNV-relevanter Stadtwerke vor? (Bitte aufschlüsseln nach jeweiligem Stadtwerk, Standort und Versorgungsbereich)

Die Energieversorgung und die Versorgung mit Leistungen des ÖPNV ist Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Sie wird im Rahmen der geltenden Gesetze durch die Gemeinden und Ge­meindeverbände in kommunaler Selbstverwaltung erbracht, teils auch im Rahmen von Ver­bünden (Verkehrsverbünde). Damit geht automatisch eine erhöhte Resilienz durch örtlichen Aufbau und dezentrale Gestaltung einher. Notfallpläne werden im Rahmen der kommunalen Planung örtlich aufgestellt. Eine Übersicht hierüber liegt der Landesregierung nicht vor.

 

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Beteiligte:
Klaus Esser