Geplanter Hinterhalt in der Silvesternacht 2022/2023 – zweite Nachfrage

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1777

der Abgeordneten Markus Wagner und Andreas Keith AfD

Geplanter Hinterhalt in der Silvesternacht 2022/2023 zweite Nachfrage

Mit Antwort der Landesregierung vom 5. April 2023, auf unsere Kleine Anfrage vom 9. März 2023, Drucksache 18/3452, wurde unsere gestellte Frage 1

„Was ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu diesem geplanten Angriff auf Einsatzkräfte in NRW in der Silvesternacht 2022/2023?“1

mit Verweis auf den Generalstaatsanwalt in Köln wie folgt beantwortet:

„Die Ermittlungen in sechs Verfahren, die sich gegen insgesamt 14 namentlich ermittelte Tatverdächtige richten, sowie in einem weiteren Verfahren, das sich gegen unbekannte Tatverdächtige richtet, dauern an.“2

Auf unsere Frage 2

„Was ist den Ermittlungsbehörden über Geschlecht, Alter und die Staatsangehörigkeiten der Tatverdächtigen der unter Ziffer 1 erfragten Straftaten bekannt geworden?“3

hat die Landesregierung unter anderem wie folgt beantwortet:

„Mit Blick auf Frage 2 hat der Generalstaatsanwalt in Köln über eine Äußerung des Leitenden Oberstaatsanwalts in Köln wie folgt berichtet:

‚In einem Verfahren sind neun identifizierte Personen namentlich erfasst. Dieses Verfahren richtet sich gegen männliche Tatverdächtige im Alter von 16 Jahren bis 33 Jahren. Es handelt sich um

−        einen 16-jährigen deutsch-jordanischen Staatsangehörigen,

−        einen 18-jährigen deutsch-syrischen Staatsangehörigen,

−        einen 18-jährigen irakischen Staatsangehörigen,

−        einen 18-jährigen deutsch-jordanischen Staatsangehörigen,

−        einen 19-jährigen deutsch-marokkanischen Staatsangehörigen,

−        einen 17-jährigen rumänischen Staatsangehörigen,

−        einen 19-jährigen rumänischen Staatsangehörigen,

−        einen 17-jährigen deutsch-syrischen Staatsangehörigen,

−        einen 33-jährigen deutsch-syrischen Staatsangehörigen.

Darüber hinaus werden in dem Tatkomplex fünf weitere Verfahren gegen jeweils einen ermittelten männlichen Tatverdächtigen geführt.‘“4

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Mit welchem Aufenthaltsstatus befindet sich der 18-jährige irakische Staatsangehörige in Deutschland?
  2. Wurden gegen den in Frage 1 genannten Tatverdächtigen aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet?
  3. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass alle Tatverdächtigen in diesem Verfahren einen Migrationshintergrund besitzen?
  4. Welche Zusammenhänge sieht die Landesregierung zwischen der Migrationspolitik und der Kriminalitätsentwicklung?
  5. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass sechs von neun Tatverdächtigen mit einem deutschen Pass ausgestattet wurden mit Blick darauf, ob die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit die Krönung einer erfolgreichen Integration oder deren Anfang sein soll?

Markus Wagner
Andreas Keith

 

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1 Antwort der Landesregierung, v. 05.04.2023, S. 1.

2 Ebenda.

3 Ebenda, S. 2.

4 Ebenda.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 1777 mit Schreiben vom 23. Juni 2023 namens der Landesregierung im Ein­vernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Mit welchem Aufenthaltsstatus befindet sich der 18-jährige irakische Staatsange­hörige in Deutschland?
  2. Wurden gegen den in Frage 1 genannten Tatverdächtigen aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet?

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs, zusammen beantwortet.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden bislang nicht gegen den Tatverdächtigen einge­leitet, da er aktuell über einen gefestigten Aufenthaltstitel verfügt. In Abhängigkeit vom Aus­gang des strafrechtlichen Verfahrens sind mögliche ausländerrechtliche Konsequenzen durch die zuständige örtliche Ausländerbehörde zu prüfen.

  1. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass alle Tatverdächtigen in die­sem Verfahren einen Migrationshintergrund besitzen?

Die Landesregierung enthält sich der erbetenen Bewertung, weil staatsanwaltschaftliche Er­mittlungen von Gesetzes wegen ohne Ansehung der Person zu führen sind.

  1. Welche Zusammenhänge sieht die Landesregierung zwischen der Migrationspoli-tik und der Kriminalitätsentwicklung?

Bezüglich der Kriminalitätsentwicklung – insbesondere bezüglich der Gewaltkriminalität und dem entsprechenden Anteil nichtdeutscher Tat-verdächtiger – verweise ich auf die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen des Berichtsjahres 2022.5

Kriminalität und ihre Entwicklung sind in aller Regel multikausal beeinflusst. Kriminologische Studien zeigen, dass Personen männlichen Geschlechts einen überproportionalen Anteil an der Anzahl der polizeistatistisch erfassten Gesamttatverdächtigen einnehmen und dieser An­teil bei Gewaltdelikten noch einmal erhöht ist. Im Jahr 2022 waren 74,22 Prozent aller Tatver­dächtigen in NRW männlich.

Bei nichtdeutschen Personen treten, neben dem Geschlecht, ggf. weitere Risikofaktoren – vor allem in Kombination – statistisch häufiger auf: Leben in Großstädten, schlechterer sozioöko-nomischer Status, niedrigeres Bildungsniveau. Faktoren wie mangelnde Sprachkenntnisse, eigene Gewalterfahrungen in der Kindheit, ein delinquenter Freundeskreis und eine prekäre finanzielle Situation können dieses Risiko weiter negativ verstärken.

Mit Blick auf die zuvor dargestellten unterschiedlichen Einflussfaktoren von Kriminalität und deren Entwicklung erscheint eine Fokussierung auf nur einen der möglichen Erklärungsan­sätze, namentlich eine etwaige Migrationsgeschichte, verkürzt und nicht sachgerecht.

  1. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass sechs von neun Tatver­dächtigen mit einem deutschen Pass ausgestattet wurden mit Blick darauf, ob die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit die Krönung einer erfolgreichen In­tegration oder deren Anfang sein soll?

Die deutsche Staatsangehörigkeit ermöglicht eingewanderten Menschen und ihren Nachkom­men eine bessere gesellschaftliche und politische Teilhabe. Daher begrüßt die Landesregie­rung, wenn sich hier lebende Menschen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit für eine Einbürgerung entschließen bzw. sich im Rahmen des Optionsmodells für die deutsche Staatangehörigkeit entscheiden.

 

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