Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen und wahlrecht­licher Vorschriften (Kommunalvertretungsdemokratisierungsgesetz)

Gesetzesentwurf
vom 12.12.2017

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD vom 12.12.2017

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A Problem        

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 21. Novem­ber 2017 auf die Klagen zahlreicher Parteien und Wählergruppen hin (VerfGH 9/16, VerfGH 11/16, VerfGH 15/16, VerfGH 16/16, VerfGH 17/16, VerfGH 18/16, VerfGH 21/16) festgestellt, dass die vom Landtag Nordrhein-Westfalen mit einer Mehrheit aus CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingeführte 2,5%-Sperrklausel bei Kommunalwahlen den in Artikel 69 Absatz 1 Satz 2 der Landesverfassung in Verbindung mit Artikel 28 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz niedergelegten Grundsatz der Gleichheit der Wahl verletzt.

Die Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen und das Gesetz über die Kommunalwahlen im Lande Nordrhein-Westfalen widersprechen in ihrer geltenden Fassung daher elementaren Grundsätzen unserer Verfassungsordnung.

B Lösung

Die verfassungswidrige Sperrklausel ist aus der Landesverfassung und dem Kommunalwahl­gesetz zu streichen.

C Alternativen
Keine

D Kosten
Keine

Begründung

Die Gleichheit der Wahl gemäß Artikel 69 Abs. 1 Satz 2 der Landesverfassung i.V.m. Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz ist ein änderungsfester Bestandteil des Demokratieprinzips. Bereits 1999 urteilte der Verfassungsgerichtshof (VerfGH 14, 15/98), dass eine Sperrklausel in Höhe von 5 Prozent verfassungswidrig ist. Aus diesem Grunde wurde sie zunächst aus dem Kommunalwahlgesetz gestrichen.

Unter dem Vorwand, dass das Fehlen einer solchen Hürde zu einer Zersplitterung der Kom­munalvertretungen führe und damit ihre Arbeitsfähigkeit hemme, führte der Landtag Nord­rhein-Westfalen mit Gesetz vom 14. Juni 2016 eine 2,5%-Hürde ein. Der Gesetzentwurf wurde von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen getragen und mit der erforderlichen Mehrheit be­schlossen. Die Abgeordneten der FDP enthielten sich, die Abgeordneten der Piraten stimmten gegen den Gesetzentwurf.

Das Verfassungsgericht rügt in seinem Urteil, dass weder im Gesetzgebungsverfahren noch im Rahmen des Organstreitverfahrens hinreichende Belege für die Zersplitterung der Kommu­nalvertretungen, für die hieraus angeblich resultierenden negativen Auswirkungen auf deren Funktionsfähigkeit oder für den vermeintlichen überproportionalen Einfluss kleinerer Parteien oder Wählergruppen auf den Willensbildungsprozess dargelegt wurden. Sperrklauseln sind aber nach übereinstimmender höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann zulässig, wenn schwerwiegende Gründe dafürsprechen, da sie in krassem Widerspruch zu dem zum Demo­kratieprinzip gehörenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl stehen.

Es ist anzunehmen, dass die Parteien, die das verfassungswidrige Gesetz getragen haben, weniger an der Funktionsfähigkeit der Kommunalvertretungen und vielmehr an der Mehrung eigener Mandate und damit verbundener Geldmittel interessiert waren, da durch den Wegfall aller Parteien und Wählergruppen, deren Wahlergebnis die Prozenthürde nicht erreicht oder überschritten hätte, die diesen Gruppierungen nach altem Recht zustehenden Mandate den übrigen Parteien zugeschlagen worden wären. CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen hätten davon nach aller Voraussicht den Löwenanteil abbekommen, da sie bei der vergangenen Kommunalwahl über 80 Prozent der landesweit abgegebenen Stimmen erhielten.

Wären die vorgenannten Parteien tatsächlich an strafferen Abläufen in den Kommunalvertre­tungen interessiert, hätten sie die Möglichkeit gehabt, diese zu verkleinern. Bereits heute liegt die faktische Sperrklausel – je nach Größe der jeweiligen Vertretung – zwischen 0,6 und 2,8 Prozent. Jede Verkleinerung hebt diese Hürde an und ist daher geeignet, die Zahl der vertre­tenen Parteien und Wählergruppen zu reduzieren. Es war jedoch offenbar nicht gewünscht, auch die Zahl der Mandate für die eigenen Parteien zu reduzieren.

Sven W. Tritschler

Helmut Seifen

Andreas Keith

und Fraktion