Gesetzentwurfder AfD-Fraktion vom 19.11.2019
Gesetz zur Erhöhung der Transparenz von Veranstaltergemeinschaften des lokalen Hörfunks (Lokalhörfunk-Transparenzgesetz NRW)
A Problem
Der lokale Hörfunk ist in Nordrhein-Westfalen nach den Prinzipien des sogenannten „Zwei-Säulen-Modells“ organisiert. Das Programm der lokalen Hörfunksender wird von Veranstaltergemeinschaften, die rechtlich als eingetragener Verein organisiert sind, bestimmt. Für den technischen und wirtschaftlichen Betrieb der Sender sind hingegen private Betriebsgesellschaften zuständig.
Die gesetzliche Konzeption des lokalen Hörfunks ähnelt den Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. § 53 Absatz 1 Satz 6 Landesmediengesetz NRW (LMG NRW) legt fest: „Die bedeutsamen politischen, religiösen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen im Verbreitungsgebiet müssen in jedem lokalen Programm zu Wort kommen können.“ Zu diesem Zweck sieht der Gesetzgeber vor, dass die Veranstaltergemeinschaften von den Vertretern von Kirchen, Kreistagen, Gewerkschaften u.v.m. (§ 62 Absatz 1 LMG NRW) gegründet werden müssen.
Als eingetragener Verein sind der Öffentlichkeit theoretisch die im Vereinsregister hinterlegten Informationen zu den Veranstaltergemeinschaften zugänglich. Neben dem unverhältnismäßigen Aufwand für den normalen Bürger, der mit einer Abfrage des Vereinsregisters verbunden ist, enthält dieses aber auch keine genauen Mitgliederlisten und keine Informationen hinsichtlich der politischen und weltanschaulichen Verortung der Mitglieder. Insoweit ist es der Öffentlichkeit nicht einmal möglich, zu erkennen, welche der in § 62 Absatz 1 LMG NRW aufgeführten Stellen einen Vertreter als Mitglied in die Veranstaltergemeinschaft entsendet.
Eine von der AfD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag durchgeführte Auswertung der Netzseiten von 45 lokalen Radiosendern hat ergeben, dass sich der Bürger über das Internet häufig nur über den Namen der Veranstaltergemeinschaft und den jeweiligen Vorsitzenden informieren kann. Bereits anhand der veröffentlichten Namen der Vorsitzenden der Veranstaltergemeinschaften konnte dabei ein erheblicher parteipolitischer Einfluss auf die Veranstaltergemeinschaften festgestellt werden. Mindestens zwölf Vorsitzende von Veranstaltergemeinschaften gehören der CDU und mindestens neun Vorsitzende der SPD an. Zu den Parteimitgliedschaften anderer Mitglieder der Veranstaltergemeinschaften und ihrer Vorstände können aufgrund der weitgehend unbekannten Zusammensetzung der Veranstaltergemeinschaften keine Angaben gemacht werden.
In der Praxis ist es dem Bürger daher nicht möglich, sich über die genaue Zusammensetzung der Veranstaltergemeinschaften zu informieren und darauf basierend ein unabhängiges Urteil zu bilden. Aber gerade weil „[i]n jedem lokalen Programm […] die Vielfalt der Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck gebracht werden“ (§ 53 Absatz 1 Satz 5) muss, ist es wichtig, der Öffentlichkeit Gelegenheit zu geben, die hinter dem Programm stehenden Personen, ihre politische und weltanschauliche Verortung sowie mögliche Interes-senskonflikte zu kennen.
B Lösung
Es wird eine umfassende Transparenzregelung in das LMG NRW für die Veranstaltergemeinschaften des lokalen Hörfunks aufgenommen. Neben der Möglichkeit, die Veranstaltergemeinschaften direkt per Brief, per Telefon oder per E-Mail zu kontaktieren, wird in Zukunft gesetzlich vorgeschrieben, dass die Vorstände der Veranstaltergemeinschaften ihre Mitgliederlisten an die LfM melden müssen. Zusammen mit der Meldung der Mitglieder müssen auch Angaben gemacht werden, die der politischen Transparenz dienen (z.B. durch die Angabe von Mitgliedschaften in Parteien und parteinahen Stiftungen oder Dienst- und Arbeitsverhältnissen im Bereich von Parteien und parteinahen Stiftungen). Die LfM veröffentlicht dann die gesammelten Informationen in einem öffentlich über das Internet einsehbaren Transparenzverzeichnis. Die lokalen Radiosender spiegeln die für sie relevanten Angaben des Transparenzverzeichnisses zu ihren Veranstaltergemeinschaften im Impressum ihrer eigenen Netzseite.
C Alternativen
Neben der Beibehaltung der geltenden unbefriedigenden Rechtslage wäre es auch denkbar, generell von der korporatistischen Grundidee des „Zwei-Säulen-Modells“ abzurücken, bei der die Programmacht über den lokalen Hörfunk in die Hände vergleichsweise willkürlich ausgewählter gesellschaftlicher Gruppen gelegt wird. Dieses Modell ist im Hinblick auf den lokalen Hörfunk auch bundesweit einzigartig. Der hier gemachte Vorschlag beschränkt sich aber zunächst darauf, innerhalb des bestehenden Systems mehr Transparenz zu schaffen. Auf Grundlage dieser Transparenz könnte dann ein zukünftiger Gesetzgeber auch ein fundierteres Urteil darüber treffen, ob und in welchem Umfang die Kontrolle des lokalen Hörfunks durch einzelne gesellschaftliche Gruppen problematisch ist.
D Kosten
Durch die Anlegung und Veröffentlichung des Transparenzverzeichnisses entsteht ein minimaler zusätzlicher Aufwand für die Landesanstalt für Medien (LfM).
E Zuständigkeit
Die Regulierung des lokalen Hörfunks unterliegt der Gesetzgebungskompetenz des Landes.
Gegenüberstellung
– siehe PDF –
Begründung
A Allgemeiner Teil
Abschnitt 7 des LMG NRW reguliert bereits sehr umfangreich den lokalen Hörfunk in Nordrhein-Westfalen. Insbesondere § 69 LMG NRW enthält einige wenige Informationspflichten im Verhältnis zwischen Veranstaltergemeinschaft und der Landesanstalt für Medien (LfM). Ihrem Wesen nach wird mit den angestrebten Transparenzregelungen aber nicht bloß auf eine Information der LfM hingewirkt, sondern auch die Veröffentlichung von Informationen angestrebt. Daher werden die Transparenzregelungen als neuer § 66a, direkt nachdem in den §§ 62-66 LMG umfassend die Operation einer Veranstaltergemeinschaft geregelt wurde, in den Abschnitt 7 des LMG NRW eingefügt.
B Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zur Inhaltsübersicht
Die Inhaltsübersicht wird angepasst, damit sie nicht durch die Hinzufügung des § 66a unvollständig wird.
Zu § 66a
Die neue Norm hat zum Ziel, dem Bürger einerseits zentralisiert über die Netzseite der LfM (Absatz 4), andererseits auch dezentral über die Netzseiten der lokalen Hörfunksender selbst (Absatz 5) umfassende Informationen zu den Veranstaltergemeinschaften zu präsentieren. Um dies zu erreichen, werden ein Katalog an Informationen festgelegt (Absätze 1 und 2), die transparent gemacht werden sollen, und eine korrespondierende Auskunftspflicht für die Mitglieder der Veranstaltergemeinschaften geschaffen (Absatz 3).
Zu Absatz 1
Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse sind Basisinformationen, deren Angabe sicherstellen soll, dass jeder Bürger sich direkt an eine Veranstaltergemeinschaft wenden kann. Durch die Veröffentlichung der Satzungen der Veranstaltergemeinschaften soll sich auch jeder Bürger über Struktur und Funktionsweise der Veranstaltergemeinschaften informieren können.
Adressat dieser Bestimmung ist der Vorstand der Veranstaltergemeinschaft. Dieser wird gegenüber der LfM verpflichtet, die vorgeschriebenen Informationen an die LfM zu übermitteln – nicht alle Mitglieder der Veranstaltergemeinschaft selbst. Hierdurch soll eine Überforderung der einfachen Mitglieder der LfM vermieden und auch die Sammlung der vorgeschriebenen Informationen für die LfM erleichtert werden, sodass nicht jedes einzelne Mitglied der Veranstaltergemeinschaften sich beim LfM melden muss, sondern der Vorstand diese Aufgabe für die gesamte Veranstaltergemeinschaft wahrnimmt.
Der kalenderjährliche Takt der Informationsübermittlung stellt sicher, dass die Vorstände der Veranstaltergemeinschaften genug Zeit haben, um alle Informationen von ihren Mitgliedern einzuholen.
Zu Absatz 2
Der Übersichtlichkeit wegen wurden die Transparenzbestimmungen zu den Mitgliedern der Veranstaltergemeinschaften in einen eigenen Absatz ausgelagert.
Nummer 1
Die Veröffentlichung des vollständigen Namens erlaubt es dem Bürger, eigene Recherchen über Mitglieder der Veranstaltergemeinschaften anzustellen.
Nummer 2
Hierdurch wird sichergestellt, dass die Zusammensetzung des Vorstandes publik gemacht wird.
Nummer 3
Durch diese Angabe soll klargestellt werden, aus welchem Grunde die Mitgliedschaft in der Veranstaltergemeinschaft erworben wurde. Von besonders hohem Interesse ist hierbei die Zuordnung zu einer der in § 62 Absatz 1 LMG NRW genannten Stellen. Aber auch eine Mitgliedschaft beispielsweise auf Grund eines Migrationshintergrunds oder einer Behinderung nach § 62 Absatz 3 LMG NRW hat Relevanz, da es hypothetisch möglich ist, beispielsweise Vertreter mit parteipolitischem Hintergrund durch die Wahl eines nicht-parteipolitischen Anknüpfungspunkts, wie denen in § 62 Absatz 3 LMG NRW, in eine Veranstaltergemeinschaft einzuschleusen.
Nummer 4
§16 Korruptionsbekämpfungsgesetz enthält einen sinnvollen Katalog an Basisinformationen, um etwaige Interessenkonflikte transparent zu machen.
Nummer 5
Das Gleiche gilt für § 55b Sätze 2 und 3 WDR-Gesetz.
Nummer 6
Die Regelung ist notwendig, um eine direkte parteipolitische Einflussnahme auf die Veranstaltergemeinschaften transparent zu machen.
Nummer 7
Durch die Aufnahme von Dienst- und Arbeitsverhältnissen in den Katalog wird auch eine indirekte parteipolitische Einflussnahme auf die Veranstaltergemeinschaften transparent gemacht. Mitglieder der Veranstaltergemeinschaften, die bei Parteien und parteinahen Stiftungen in Lohn und Brot stehen, sind insofern keineswegs unbefangener als Parteimitglieder.
Nummer 8
Die Installation früherer Abgeordneter in den Veranstaltergemeinschaften wird hierdurch transparent gemacht.
Nummer 9
Analog zu Nummer 7 spielt es in der Praxis im Hinblick auf politische Loyalitäten keine wichtige Rolle, ob ein Entgelt von einer Partei oder von einer Fraktion empfangen wird.
Nummer 10
Die Installation früherer Regierungsmitglieder in den Veranstaltergemeinschaften wird hierdurch transparent gemacht.
Zu Absatz 3
Damit der Vorstand seiner Verpflichtung gegenüber der LfM nachkommen kann, wird durch diese Norm eine Auskunftspflicht der Mitglieder der Veranstaltergemeinschaft gegenüber dem Vorstand statuiert. Die Verletzung dieser Pflicht kann dabei vom Vorstand mit dem Ausschluss aus der Veranstaltergemeinschaft sanktioniert werden.
Zu Absatz 4
Hierdurch wird die LfM angewiesen, die Informationen zentral der Öffentlichkeit über das Internet bereitzustellen.
Zu Absatz 5
Bereits jetzt haben alle Netzseiten lokaler Radiosender Minimalangaben zu den Veranstaltergemeinschaften. Durch diese Regelung wird den Betreibergesellschaften auferlegt, die öffentlich bei der LfM abrufbaren Informationen im Hinblick auf die Veranstaltergemeinschaft des entsprechenden lokalen Hörfunksenders im Impressum der Netzseite zu spiegeln.
Zu § 125
Die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit für Verletzungen der Transparenzbestimmungen soll nicht uferlos ausgedehnt werden, sondern auf die Vorstände der Veranstaltergemeinschaften beschränkt sein.
Zu Artikel 2
Die LfM soll Gelegenheit erhalten, sich auf das Inkrafttreten des Gesetzes vorzubereiten, da damit zu rechnen ist, dass die Übermittlung der vorgeschriebenen Informationen bei einigen Veranstaltergemeinschaften kurzfristig erfolgt. Daher soll das Gesetz erst am zehnten Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten.
Sven Tritschler
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion