Kleine Anfrage 5172
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Gewalt zu Halloween 2024 – Jugendgruppe greift in Marl Einsatzkräfte mit Böllern und brennenden Einkaufswagen an – Was hat sich in NRW zugetragen?
Am Halloweenabend, den 31. Oktober 2024, kam es in Marl zu schweren Ausschreitungen, bei denen Randalierer mit massiver Gewalt gegen Einsatzkräfte vorgingen. Dabei sind Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr mit Böllern, Steinen und brennenden Einkaufswagen angegriffen worden. Darüber hinaus wurde auch eine Gruppe von Stadtmitarbeitern, unter denen sich der Bürgermeister befand, gezielt mit Pyrotechnik beworfen. Die Polizei hatte zuvor im Bereich des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) eine Videoüberwachungsanlage installiert, da es im Vorjahr bereits zu Halloween zu ähnlichen Vorfällen gekommen war. In dem überwachten Bereich blieb es ruhig, allerdings gingen die gewalttätigen Angriffe von einem angrenzenden Wohngebiet aus.1
Es wurde berichtet, dass gegen 20:00 Uhr vermummte und maskierte Randalierer begonnen haben, Einsatzkräfte mit Pyrotechnik von einer Verbindungsbrücke aus zu bewerfen. Die Randalierer füllten Einkaufswagen mit brennbarem Material und zündeten diese an. Anschließend schoben sie sie gezielt in Richtung der Einsatzkräfte. Während der Löscharbeiten, wurde die Feuerwehr zudem mit Steinen beworfen. Den Einsatzkräften gelang es schließlich mit der Unterstützung eines Polizeihubschraubers und von Diensthunden, vier junge Männer festzunehmen und neun weitere in Gewahrsam zu nehmen. Unter den Tatverdächtigen im Alter von 14 bis 25 Jahren befanden sich laut Polizei Personen mit deutsch-libanesischer, deutsch-türkischer, deutscher, serbischer und syrischer Staatsangehörigkeit. Nun ermittelt die Polizei wegen schwerem Landfriedensbruch, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Darüber hinaus wurden illegale Böller und Drogen sichergestellt sowie Bild- und Videomaterial ausgewertet, um weitere Straftaten und Täter zu identifizieren.2
Innenminister Reul äußerte sich hinsichtlich des Eingreifens der Polizei wie folgt:
„Wer Einsatzkräfte attackiert, muss identifiziert, konsequent angezeigt werden und die volle Härte des Rechtsstaates zurückbekommen!“3
Nun sind seit diesen Ereignissen mehr als dreieinhalb Monate vergangen, in denen gegen Tatverdächtige, die für Straftaten in der Halloweennacht verantwortlich waren, vorgegangen werden konnte. Ende Mai 2024 hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) in einem Interview nämlich versprochen:
„Mehr Aufklärung aber auch mehr Abschreckung durch eine gut aufgestellte Polizei sowie Strafe, die auf dem Fuße folgen muss.“4
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtigen bekannt?
- Über welche Nationalität verfügt der Tatverdächtige? (Bitte Vornamen des Tatverdächtigen nennen.)
- Wie viele Straftaten wurden vom 31. Oktober 2024, 12:00 Uhr, bis 1. November 2024, 12:00 Uhr, in Nordrhein-Westfalen registriert?
- Wie ist der jeweilige Verfahrensstand der unter Frage 4 erfragten und eröffneten Ermittlungsverfahren?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 https://www.die-stadtmagazine.de/kriminalitaetsentwicklung-nrw-innenminister-herbert-reul-im-gespraech/.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 5172 mit Schreiben vom 28. März 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Essen hat mir unter dem 11.03.2025 im Wesentlichen berichtet, seine Behörde habe wegen des mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Sachverhalts ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs und anderer Delikte gegen zwei Erwachsene, drei Heranwachsende, 15 Jugendliche und ein Kind eingeleitet. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen sei es zunächst im Bereich der Merkurstraße zu gezielten Würfen von Feuerwerkskörpern in Richtung der eingesetzten Polizeikräfte gekommen. Anschließend seien aus einem angrenzenden Wohngebiet heraus gezielt und wiederholt Steine, Flaschen und Pyrotechnik auf die Einsatzkräfte geworfen worden. Ein gezielt abgesetzter Wurf eines brennenden Feuerwerkskörpers
in Richtung einer Personengruppe, der neben Kräften des Ordnungsamtes auch der Bürgermeister der Stadt Marl angehörten, habe zu einer Detonation in unmittelbarer Nähe des Bürgermeisters geführt. Weitergehend seien mehrere Einkaufswagen mit brennenden Prospekten und Textilien kraftvoll in Richtung der eingesetzten Feuerwehrleute geschoben worden. Ein identifizierter Jugendlicher werde als Haupttäter beschrieben. Ihm werde insbesondere auch die gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des Bürgermeisters zur Last gelegt.
In Ermangelung konkreter Feststellungen zu einer Tatbeteiligung seien die Ermittlungen zwischenzeitlich gegen acht Beschuldigte gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die Ermittlungen gegen das Kind seien wegen Schuldunfähigkeit ebenfalls gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen gewesen. Im Übrigen dauerten die Ermittlungen an.
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtigen bekannt?
Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Sinne dieser Antwort fußen grundsätzlich auf Verdachtsmomenten, die Grundlage für eine polizeiliche Strafanzeige oder die Gegenstand von kriminalpolizeilichen Ermittlungen geworden sind. Solche Erkenntnisse ermöglichen regelmäßig keinen Rückschluss auf die Richtigkeit des in Rede stehenden Vorwurfs und auf das Ergebnis der abschließenden justiziellen Prüfung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung
- in einem Fall wegen Sachbeschädigung
- in einem Fall wegen Hausfriedensbruch
- in einem Fall wegen vorsätzlicher einfacher Körperverletzung
- in einem Fall wegen Diebstahls
- in einem Fall wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten
- in einem Fall wegen unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen Bedrohung
- in einem Fall wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung
- in vier Fällen wegen Bedrohung
- in einem Fall wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
- in zwei Fällen wegen des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz
- in einem Fall wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten
- in einem Fall wegen Diebstahls
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in zwei Fällen wegen vorsätzlicher einfacher Körperverletzung
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in zwei Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung
- in einem Fall wegen Vergewaltigung
- in drei Fällen wegen Raubdelikten
- in einem Fall wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
- in einem Fall wegen Landfriedensbruchs
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung
- in einem Fall wegen des Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz
- in einem Fall wegen Landfriedensbruchs
- in einem Fall wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten
- in einem Fall wegen der Besitzverschaffung für andere von Kinderpornographie
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
- in einem Fall wegen Bedrohung
- in einem Fall wegen Diebstahls
- in einem Fall wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in zwei Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung
- in einem Fall wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
- in einem Fall wegen Sachbeschädigung
- in einem Fall wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung
- in einem Fall wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in zwei Fällen wegen Beförderungserschleichung
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung
- in einem Fall wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
- in einem Fall wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion
- in zwei Fällen wegen Diebstahls
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung
- in einem Fall wegen Beförderungserschleichung
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftat polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen sexueller Belästigung
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen Geldwäsche
- in einem Fall wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
- in zwei Fällen wegen Diebstahls
- in zwei Fällen wegen Betrugs
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
- in zwei Fällen wegen Diebstahls
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- in zwei Fällen wegen Bedrohung
- in fünf Fällen wegen vorsätzlicher, einfacher Körperverletzung
- in einem Fall wegen der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten
- in einem Fall wegen der Verbreitung von Jugendpornografie
- in einem Fall wegen gefährlicher Körperverletzung
Ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter ist bislang wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftat polizeilich in Erscheinung getreten:
- in einem Fall wegen Beleidigung
Vier Beschuldigte bzw. vormals Beschuldigte sind bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten.
- Über welche Nationalität verfügt der Tatverdächtige? (Bitte Vornamen des Tatverdächtigen nennen.)
Der als Hauptverdächtiger identifizierte Beschuldigte ist deutscher und libanesischer Staatsangehöriger. Von den weiteren Beschuldigten bzw. vormals Beschuldigten besitzen elf die deutsche und sechs die syrische Staatsangehörigkeit. Jeweils ein Beschuldigter bzw. vormals Beschuldigter verfügt über die türkische bzw. serbische Staatsangehörigkeit. Ein weiterer Beschuldigter wird als staatenlos geführt.
- Wie viele Straftaten wurden vom 31. Oktober 2024, 12:00 Uhr, bis 1. November 2024, 12:00 Uhr, in Nordrhein-Westfalen registriert?
Mit Stand vom 20.12.2024 wurden 2.538 Straftaten zwischen dem 31.10.2024, 12 Uhr und dem 01.11.2024, 11:59 Uhr im Rahmen der Erfassung der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen übermittelt. Strafverfahren, in denen die polizeilichen Ermittlungen andauern, sind noch nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst. Ich weise darauf hin, dass nicht alle genannten Straftaten im Zusammenhang mit den Halloween-Feierlichkeiten stehen.
- Wie ist der jeweilige Verfahrensstand der unter Frage 4 erfragten und eröffneten Ermittlungsverfahren?
Für die Ermittlung des Verfahrensstandes wäre eine landesweite, händische Auswertung aller in Betracht kommender Einzelvorgänge erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit nicht mit vertretbarem Aufwand möglich.