Gibt es personelle oder strukturelle Verbindungen des linken bis linksextremen „Indymedia“-Netzwerkes und dessen Unterstützerumfeldes nach Nordrhein-Westfalen?

Kleine Anfrage
vom 05.02.2020

Kleine Anfrage 3379des Abgeordneten Markus Wagner vom 05.02.2020

 

Gibt es personelle oder strukturelle Verbindungen des linken bis linksextremen „Indymedia“-Netzwerkes und dessen Unterstützerumfeldes nach Nordrhein-Westfalen?

Am Samstag, dem 25. Januar 2020, eskalierte im Leipziger Stadtteil Connewitz eine linksextreme Demonstration, die ihre Solidarität mit der 2017 vom Bundesinnenminister verbotenen Subdomain „linksunten.indymedia.org“ zum Ausdruck bringen wollte. Vermummte linke Gewalttäter griffen Polizeibeamte mit Pyrotechnik und Pflastersteinen an, wobei 13 Polizisten verletzt worden sind, und bedrohten journalistische Beobachter.

Laut Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz sind bundesweit Teilnehmer für diese Demonstration mobilisiert worden.

Die Kundgebung fand im Vorfeld einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, in der die Rechtmäßigkeit des Verbotes geprüft werden sollte, statt. „linksunten.indymedia.org“ war Teil des weltweit dezentral organisierten Website-Netzwerkes „Indymedia“, das aus der globalisierungskritischen Bewegung Ende der 1990er Jahre hervorgegangen ist. Der Subdomain „linksunten.indymedia.org“ wird vorgeworfen, dass dort Bekennerschreiben zu teils schweren Straftaten, die Billigung von und die Anleitung zu Straftaten publiziert worden sind.1

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Sind bei den gewalttätigen Ausschreitungen in Leipzig Tatverdächtige mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen identifiziert worden?

2. Waren Personen mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen Teilnehmer der linksextremen Demonstration in Leipzig?

3. Waren Personen mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen in die Anmeldung und Durchführung der linksextremen Demonstration in Leipzig involviert?

4. Gibt es personelle oder strukturelle Verbindungen des linken bis linksextremen „Indymedia“-Netzwerkes und dessen Unterstützerumfeldes nach Nordrhein-Westfalen?

5. Begünstigt das dezentrale „Indymedia“-Netzwerk mit seinen Haupt- und Unterseiten nach aktuellem Kenntnisstand des nordrhein-westfälischen Verfassungschutzes die Herausbildung von so genannten „Mischszenen“ aus linksgrünen, linksradikalen und linskextremen Milieus und damit schließlich Entgrenzungsdynamiken? (Bitte darstellen, welche konkreten linksextremen Strömungen und/oder Zusammenschlüsse versuchen, Einfluss auf demokratische Linke zu nehmen. Bitte ebenfalls darstellen, auf welche konkreten Strömungen und/oder Zusammenschlüsse der demokratischen Linken Einfluss genommen werden soll.)

Markus Wagner

 

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1 Vgl. Süddeutsche (2020): Kampf von linksunten; online im Internet:

https://www.sueddeutsche.de/medien/indymedia-verbot-bundesverwaltungsgericht-1.4773367; Bild (2020): Darum geht es im Indymedia-Prozess in Leipzig; online im Internet: https://www.bild.de/regional/leipzig/leipzig-news/leipzig-die-wichtigsten-fragen-zum-indymedia-prozess-67623602.bild.html.; Frankfurter Allgemeine Zeitung (2020): „Bei Linksextremisten sinkt die Hemmschwelle“. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang im Gespräch, Nr. 23, S. 2.


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 04.03.2020

 

Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3379 mit Schreiben vom 4. März 2020 namens der Landesregierung beantwortet.

1. Sind bei den gewalttätigen Ausschreitungen in Leipzig Tatverdächtige mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen identifiziert worden?

2. Waren Personen mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen Teilnehmer der linksextremen Demonstration in Leipzig?

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Ja.

3. Waren Personen mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen in die Anmeldung und Durchführung der linksextremen Demonstration in Leipzig involviert?

Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

4. Gibt es personelle oder strukturelle Verbindungen des linken bis linksextremen „Indymedia“-Netzwerkes und dessen Unterstützerumfeldes nach Nordrhein-Westfalen?

Die Internetplattform des „Indymedia“-Netzwerks wird von unterschiedlichen, im Wesentlichen aber auch von linksextremistischen Personen und Personenzusammenhängen – u.a. aus Nordrhein-Westfalen – genutzt. Darüber hinaus liegen keine konkreten Hinweise für die Existenz eines Unterstützerumfeldes vor.

5. Begünstigt das dezentrale „Indymedia“-Netzwerk mit seinen Haupt- und Unterseiten nach aktuellem Kenntnisstand des nordrhein-westfälischen Verfassungschutzes die Herausbildung von so genannten „Mischszenen“ aus linksgrünen, linksradikalen und linskextremen Milieus und damit schließlich Entgrenzungsdynamiken? (Bitte darstellen, welche konkreten linksextremen Strömungen und/oder Zusammenschlüsse versuchen, Einfluss auf demokratische Linke zu nehmen. Bitte ebenfalls darstellen, auf welche konkreten Strömungen und/oder Zusammenschlüsse der demokratischen Linken Einfluss genommen werden soll.)

Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen existieren im Linksextremismus – anders als im Rechtsextremismus – bislang keine Mischszenen im Sinne der Fragestellung.

Der Verfassungsschutz spricht von Mischszenen, wenn Gruppierungen durch ein heterogenes, nicht durchgängig extremistisches Personenpotenzial gekennzeichnet sind, aber extremistische Positionen dominieren. Derartige Mischszenen beobachtet der Verfassungsschutz im Rechtsextremismus. Sie setzen sich in der Regel aus Angehörigen der Hooligan- und Rockerszene, mutmaßlichen „Wutbürgern“ und Rechtsextremisten zusammen.

Im Bereich des Linksextremismus beobachtet der Verfassungsschutz demgegenüber partielle thematisch orientierte Kooperationen von Linksextremisten mit Angehörigen oder Gruppierungen aus dem demokratischen Spektrum, die aber bislang jeweils auf nicht­extremistischen inhaltlichen Gemeinsamkeiten beruhen und bei denen extremistische Positionen gerade nicht geteilt bzw. übernommen werden. Vielmehr wurden im Jahr 2019 mehrfach linksextremistische Gruppen, die klimabezogene Versammlungen des bürgerlichen Spektrums zur Verbreitung ihrer extremistischen Positionen nutzen wollten, durch die Versammlungsleitungen ausgeschlossen.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner