Kleine Anfrage 943
des Abgeordneten Markus Wagner 02.01.2023
Goch: Geldautomat gesprengt – Nordrhein-Westfalen leidet an einer Inflation von Geldautomatensprengungen
Es handelt sich mittlerweile um Meldungen, die der Bürger fast jeden Tag in der Berichterstattung hören oder lesen kann: Wieder Geldautomat gesprengt!
Obwohl Nordrhein-Westfalen mit am stärksten von solchen Sprengungen in Deutschland betroffen ist und auch Menschenleben von den Tätern in Kauf genommen werden, gibt sich die Landesregierung in Relation dazu recht träge. Effektive Maßnahmen werden leider weiterhin zum Teil ignoriert. Und so kam es am Freitagmorgen, den 16. Dezember 2022, zu einer Sprengung eines Geräts in einer Filiale der Volksbank an der Niers in Goch-Asperden. Das Gebäude, in dem sich auch eine genutzte Wohnung befindet, gilt dadurch momentan als unbewohnbar.1
Gegen 4:40 Uhr hörten mehrere Zeugen Explosionsgeräusche und sahen kurze Zeit später drei dunkel gekleidete Tatverdächtige mit einem dunklen Audi vom Tatort flüchten. Die von den mutmaßlichen Tätern eingeschlagene Fluchtrichtung legt nahe, dass sie in die Niederlande fuhren. Außerdem gaben Zeugen an, dass der Audi über deutsche Kennzeichen verfügte, die laut Polizei gestohlen waren. Über die eventuell gestohlene Geldmenge ist bisher nichts bekannt.2
Als eine Konsequenz aus den immer wiederkehrenden Geldautomatensprengungen hat der Vorstand der Volksbank bereits angekündigt, auf Basis einer aktuellen Risikobewertung, an der auch das Landeskriminalamt involviert war, in sieben Geschäftsstellen die Geldautomaten vorerst außer Betrieb zu nehmen. Allerdings stünden die Geräte wieder für Bankkonten zur Verfügung, sobald neue Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet seien.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Gibt es Hinweise darauf, dass die geflohenen mutmaßlichen Täter der sogenannten „Audi-Bande“ marokkanischen Mafia angehören, die für zahlreiche Geldautomatensprengungen verantwortlich sind, respektive dass die mutmaßlichen Täter tatsächlich aus den Niederlanden eingereist sind?
- Wurden bereits – auch in Kooperation mit dem Landekriminalamt – neue Sicherheitsmaßnahmen ausgearbeitet und für wann ist eine Inbetriebnahme der Geldautomaten wieder vorgesehen?
- Wie hoch ist der finanzielle Schaden durch die oben genannte Tat? (Also die Beute selbst sowie der Schaden am Gebäude.)
- Will sich die Landesregierung dafür einsetzen – notfalls gesetzlich –, dass Bankinstitute mehr in die Sicherheit ihrer Geldautomaten investieren müssen, wie es schon in Frankreich oder Belgien der Fall ist, damit Bürger in Nordrhein-Westfalen auch weiterhin einen uneingeschränkten Zugang zu ihrem Bargeld haben?
Markus Wagner
1 Vgl. h t t p s :/ / r p- o nl i n e . d e/ n r w /s t a edte/goch/goch-u n be ka n nte-sprengen-geldautomat-v o n -v o l ksbank-filiale_aid-81561529.
2 Ebenda.
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 943 mit Schreiben vom 26. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit Minister der Finanzen sowie dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Kleve hat dem Ministerium der Justiz unter dem 06.01.2023 im Wesentlichen berichtet, dass die Ermittlungen gegen bislang unbekannt gebliebene Täter wegen des Verdachts des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit schwerem Bandendiebstahl, Urkundenfälschung und Sachbeschädigung andauerten. Am Tattag hätten sich die unbekannten Täter Zugang zu dem Foyer einer Volksbankfiliale verschafft und den dort befindlichen Geldautomaten gesprengt. Zeugen hätten im Anschluss drei männliche Personen wahrgenommen, die in einem Personenkraftwagen, an dem zuvor entwendete Kennzeichen angebracht worden seien, vom Tatort geflohen seien.
- Gibt es Hinweise darauf, dass die geflohenen mutmaßlichen Täter der sogenannten „Audi-Bande“ bzw. marokkanischen Mafia angehören, die für zahlreiche Geld-automatensprengungen verantwortlich sind, respektive dass die mutmaßlichen Täter tatsächlich aus den Niederlanden eingereist sind?
Derartige Hinweise liegen nach dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht nicht vor.
- Wurden bereits – auch in Kooperation mit dem Landeskriminalamt – neue Sicherheitsmaßnahmen ausgearbeitet und für wann ist eine Inbetriebnahme der Geldautomaten wieder vorgesehen?
Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen hat zum Deliktsphänomen Geldautomaten-sprengungen Handlungsanweisungen und Hinweise erarbeitet und den Kooperationsbeteiligten aus dem regelmäßig tagenden „Gesprächskreis Banken NRW“ zur Verfügung gestellt.
Auf dieser Basis wurden durch die örtlich zuständige Kreispolizeibehörde Kleve bereits Beratungen mit dem betroffenen Kreditinstitut durchgeführt und weitere sind geplant, um vor Ort individuelle Sicherheitsmaßnahmen zu erarbeiten. Sowohl deren Umsetzung als auch die Entscheidung über die Wiederinbetriebnahme der Geldautomaten liegen in der Zuständigkeit des Kreditinstituts.
- Wie hoch ist der finanzielle Schaden durch die oben genannte Tat? (Also die Beute selbst sowie der Schaden am Gebäude.)
Das aus dem Geldautomaten erbeutete Bargeld beträgt nach dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht etwa 84.000,00 Euro. Der Schaden an dem Geldautomaten beläuft sich auf etwa 45.000,00 Euro. Weitere durch die Sprengung verursachte Schäden sind Gegenstand laufender Ermittlungen.
- Will sich die Landesregierung dafür einsetzen – notfalls gesetzlich –, dass Bankinstitute mehr in die Sicherheit ihrer Geldautomaten investieren müssen, wie es schon in Frankreich oder Belgien der Fall ist, damit Bürger in Nordrhein-Westfalen auch weiterhin einen uneingeschränkten Zugang zu ihrem Bargeld haben?
Eine mögliche Adaption von Maßnahmen anderer europäischer Staaten bedarf einer ganzheitlichen Betrachtung und sorgfältigen Prüfung. Dazu gehören auch gesetzliche Regelungen, die die Kreditinstitute zu Präventionsmaßnahmen von Geldautomatensprengungen verpflichten könnten.
Die Gesetzgebungskompetenz hierfür liegt insoweit beim Bund. Nach den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) teilen sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank die Aufgaben in der Bankenaufsicht. Darüber hinaus stellt die Sicherstellung der Bargeldversorgung einen Teil des gesetzlichen Auftrags der Deutschen Bundesbank dar. Die Erfüllung dieser Aufgabe erfolgt in Zusammenarbeit mit den Kreditinstituten vor Ort, wobei die Sicherheit der Geldautomaten grundsätzlich der Eigenverantwortung der Institute obliegt. Diese ergreifen Sicherungsmaßnahmen und entwickeln diese, auch in Abstimmung mit verschiedenen Akteuren vor Ort und in Abhängigkeit der laufenden Geschehnisse, fortwährend weiter.
Die Polizei NRW führt – auf Basis der vom Landeskriminalamt NRW erstellten Risikoanalyse zu gefährdeten Geldautomaten-Standorten – kriminalpräventive Sicherheitsberatungen bei den örtlichen Kreditinstituten durch.