Kleine Anfrage 388
des Abgeordneten Markus Wagner vom 30.08.2022
Groß-Razzia in Flüchtlingsheimen – Offene Haftbefehle unbekannt
Mit Antwort der Landesregierung vom 28. Juli 2022, Drucksache 18/341, auf unsere Kleine Anfrage vom 30. Juni 2022, Drucksache 18/240, hat die Landesregierung die von uns gestellte Frage 4:
„Wie viele offene Haftbefehle gegen in Flüchtlingsunterkünften gemeldete Personen sind zurzeit in Nordrhein-Westfalen noch offen? (Bitte nach Staatsbürgerschaft, Nationalität und Vornamen der Personen aufschlüsseln)“1
nicht beantwortet. Zur Begründung führt die Landesregierung an:
„Eine Auswertung des polizeilichen Fahndungsbestandes hinsichtlich der Kriterien der Fragestellung ist automatisiert nicht möglich. Eine händische Auswertung ist mit vertretbarem Aufwand in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten.“
Da mir allerdings an einer Beantwortung meiner Frage gelegen ist, verzichte ich ob dessen auf die Zeitvorgaben und räume der Landesregierung gerne ausdrücklich die von ihr benötigte Zeit zur Beantwortung dieser Frage ein.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele offene Haftbefehle gegen in Flüchtlingsunterkünften gemeldete Personen sind zurzeit in Nordrhein-Westfalen noch offen? (Bitte nach Staatsbürgerschaft, Nationalität und Vornamen der Personen aufschlüsseln.)
- Zu wie vielen Straften kam es seit 2015 innerhalb von Flüchtlingsunterkünften sowie im Bereich um Flüchtlingsunterkünfte herum? (Bitte nach Straftatbestand sowie Staatsbürgerschaft, Nationalität und Vornamen der beteiligten Personen aufschlüsseln.)
Markus Wagner
1 Drs. 18/116.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 388 mit Schreiben vom 29. September 2022 namens der Landesregierung 388 im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration sowie dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Landesregierung nimmt zur Kenntnis, dass unterschiedliche Fristsetzungen zur Beantwortung vorliegen. Einerseits hat der Präsident des Landtags die Kleine Anfrage mit der Bitte um Beantwortung binnen vier Wochen der Landesregierung übersandt. Andererseits bittet der
Fragesteller um Beantwortung ohne Fristsetzung. Die Frage, ob der Abgeordnete über die geschäftsordnungsrechtlich angeordnete Frist von vier Wochen disponieren kann, ist nach Maßgabe des Parlamentsinnenrechts zu beantworten. Die Landesregierung enthält sich hierzu mit Rücksicht auf den Grundsatz der Gewaltentrennung einer eigenen Bewertung, sie nimmt jedoch zur Kenntnis, dass die formelle Zuleitung von Frage und Antwort sich im Verhältnis zwischen dem zuständigen Mitglied der Landesregierung und dem Präsidenten des Landtags vollzieht. Insofern vermag sie dessen Fristsetzung nicht außer Betracht zu lassen. Aus dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue folgt: Das aus dem verfassungsrechtlich verbrieften Fragerecht des Abgeordneten entwickelte Instrument der Kleinen Anfrage, das jedem einzelnen Abgeordneten zur Verfügung steht, sorgt sowohl hinsichtlich des Umfangs des Fragerechts als auch hinsichtlich der korrespondierenden Antwortpflicht der Landesregierung für einen ausgewogenen Ausgleich des Informationsrechts des Abgeordneten und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Landesregierung.
- Wie viele offene Haftbefehle gegen in Flüchtlingsunterkünften gemeldete Personen sind zurzeit in Nordrhein-Westfalen noch offen? (Bitte nach Staatsbürgerschaft, Nationalität und Vornamen der Personen aufschlüsseln.)
Eine Auswertung des polizeilichen Fahndungsbestandes hinsichtlich der Kriterien der Fragestellung ist automatisiert nicht möglich. Eine händische Auswertung ist weder in der geschäftsordnungsrechtlichen Frist von vier Wochen noch unter Nutzung einer verfassungskonformen moderaten Verlängerung der Frist nach Maßgabe der in der Vorbemerkung aufgeführten Erwägungen möglich.
- Zu wie vielen Straften kam es seit 2015 innerhalb von Flüchtlingsunterkünften sowie im Bereich um Flüchtlingsunterkünfte herum? (Bitte nach Straftatbestand sowie Staatsbürgerschaft, Nationalität und Vornamen der beteiligten Personen aufschlüsseln.)
Zur Beantwortung der Frage 2 hat mir das Ministerium der Justiz mitgeteilt, dass statistische Daten zur Beantwortung von Frage 2 diesem nicht vorliegen und mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht erhoben werden können, zumal sich die Lage einer Tatörtlichkeit „im Bereich um eine Flüchtlingsunterkunft herum“ nicht in allen Fällen aus den Verfahrensakten ergeben wird.
Als Datenbasis für die Beantwortung der Frage dient somit ausschließlich die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) Nordrhein-Westfalen. Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der PKS erfolgt nach bundeseinheitlich, jährlich abgestimmten Richtlinien. Bei der PKS handelt es sich um eine Ausgangsstatistik. Die statistische Erfassung erfolgt erst bei Abgabe des Vorgangs an die Staatsanwaltschaft. Infolgedessen kann ein Fall in die Statistik eines Berichtsjahres eingehen, obwohl der Tatzeitraum ein oder mehrere Jahre zurückliegt.
Eine Tatörtlichkeit stellt den Ort dar, an dem die bzw. der Tatverdächtige gehandelt hat. Die Tatörtlichkeiten „Flüchtlingsunterkunft“ und „Asylunterkunft“ sind seit dem Berichtsjahr 2018 Bestandteil des PKS-Kataloges. Daten zu den Berichtsjahren 2015 bis 2017 liegen daher nicht vor. Eine Differenzierung, ob sich die erfassten Fälle innerhalb oder im unmittelbaren Nahbereich einer Asyl- bzw. Flüchtlingsunterkunft zugetragen haben, ist auf der Grundlage von PKS-Daten nicht möglich.
In der folgenden Tabelle ist die Anzahl bekannt gewordener Straftaten in diesem Kontext aufgelistet:
Anzahl bekannt gewordener Fälle für die Tatörtlichkeit „Flüchtlingsunterkunft‟ und „Asylunterkunft‟ der Berichtsjahre 2018 bis 2021
Jahr | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 |
Anzahl der Straftaten | 7.516 | 5.774 | 5.682 | 3.382 |