Kleine Anfrage 2801
der Abgeordneten Markus Wagner und Dr. Harmut Beucker AfD
Hagen: 18-Jähriger stach zwei Mitschülern mit Messer in den Kopf – Warum darf der Angeklagte das Gericht vorerst frei verlassen?
Anfang August 2023 begann der Prozess gegen den 18-jährigen Syrer H. Dieser soll einen 17- und einen 18-jährigen Mitschüler vor der katholischen Hildegardis-Schule in Hagen mit einem Messer attackiert haben. Nach der Tat saß der junge Erwachsene insgesamt 233 Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf, bis dann am Freitag, den 29. September 2023, das Urteil gesprochen wurde. Der Prozess fand zudem unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, da der Täter zum Tatzeitpunkt noch minderjährig war.1
Der Messerangriff sei Resultat einer verbalen Auseinandersetzung mit dem 18-jährigen späteren Opfer gewesen. Dieser Streit schien beinahe beglichen, bis der junge Syrer plötzlich ein Messer mit einer Klingenlänge von mehr als 7 Zentimetern zog und dem Opfer dreimal in den Kopf stach. Der 18-Jährige konnte den schweren Angriff nur überleben, weil ein weiterer 17-jähriger Mitschüler versuchte den Angreifer zu überwältigen und dabei selbst verletzt wurde. Beide Verletzten sollen bis zum heutigen Tage immer noch mit den Auswirkungen der Verletzung zu tun haben.2 Die Staatsanwaltschaft habe auf eine Haftstrafe von vier Jahren wegen versuchten Totschlags plädiert. Jedoch schätzte das Gericht die Tat als gefährliche Körperverletzung ein, da der Täter nach dem letzten Stich das Messer wieder einklappte. So kam es, dass H. nach der Verhandlung den Gerichtssaal vorläufig frei verlassen konnte. Das Urteil lautete drei Jahre Haft, wobei der Haftbefehl vorerst „außer Vollzug gesetzt“ wurde.3
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Wie viele Straftaten im Zusammenhang mit Messern gab es seit 2015 bis heute pro Jahr an den Schulen in NRW? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Art der Verletzung und Art der Waffe aufschlüsseln.)
- Wie viele dieser Delikte hatten eine Haftstrafe als Urteil zur Folge? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Länge der Haftstrafe aufschlüsseln.)
- Welche Staatsangehörigkeit weisen die für die in Frage 2 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen auf? (Bitte bei deutschen Personen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Welche Staatsangehörigkeit weisen die für die in Frage 3 abgefragten Delikte verantwortlichen Tatverdächtigen auf? (Bitte bei deutschen Personen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Markus Wagner
Dr. Hartmut Beucker
2 Ebenda.
3 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2801 mit Schreiben vom 23. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2023 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor. Seit der Einführung eines Tatmittelkatalogs im Jahr 2019 lässt sich in der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen auch die Verwendung von Waffen und gefährlichen Gegenständen auswerten.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Hagen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 06.11.2023 im Wesentlichen berichtet, dass der bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getretene Angeklagte syrischer Staatsangehörigkeit Ende September 2023 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden sei.
Von weiteren Angaben wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des zur Tatzeit jugendlichen Angeklagten sowie der Unschuldsvermutung vorliegend abgesehen.
- Wie viele Straftaten im Zusammenhang mit Messern gab es seit 2015 bis heute pro Jahr an den Schulen in NRW? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Art der Verletzung und Art der Waffe aufschlüsseln.)
Die Anzahl der Fälle im Zusammenhang mit dem „Tatmittel Messer“ zu einem Fall mit einer „Tatörtlichkeit Schule“ in Nordrhein-Westfalen von 2019 bis 2022 bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.
Jahr | Straftaten mit dem Tatmittel Messer an einer Tatörtlichkeit Schule in NRW |
2019 | 172 |
2020 | 92 |
2021 | 121 |
2022 | 189 |
- Wie viele dieser Delikte hatten eine Haftstrafe als Urteil zur Folge? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Länge der Haftstrafe aufschlüsseln.)
Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz werden die erfragten Daten nicht gesondert statistisch erfasst. Zur Ermittlung der erfragten Daten wäre eine Auswertung sämtlicher Einzelvorgänge bei den Staatsanwaltschaften im Geschäftsbereich von Hand erforderlich. Dies ist mit vertretbarem Aufwand in der zur Beantwortung gegebenen Zeit nicht möglich.
- Welche Staatsangehörigkeit weisen die für die in Frage 2 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen auf? (Bitte bei deutschen Personen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Die Angaben zu den Staatsangehörigkeiten der Tatverdächtigen, die in Zusammenhang mit einem „Tatmittel Messer“ an einer „Tatörtlichkeit Schule“ in Nordrhein-Westfalen erfasst wurden, bitte ich der Anlage zu entnehmen.
Hinweis:
Die statistische Zuordnung des „Tatmittels Messer“ erfolgt zu einem Fall und nicht zu den in einem Fall ermittelten Tatverdächtigen.
Daher ist davon auszugehen, dass nicht alle in der Anlage dargestellten Tatverdächtigen tatsächlich ein Messer verwendet haben. Die statistisch zu einem Fall erfassten Personen sind – unabhängig von ihrem individuellen Tatbeitrag – der Gesamttat polizeilich tatverdächtig. Somit können in einem Gesamtkomplex ein oder mehrere Messer verwendet worden sein, wobei diesem Gesamtkomplex – unabhängig von der Anzahl der Tatverdächtigen und der Frage, ob alle ein Messer verwendeten – ein „Tatmittel Messer“ zugeordnet wird. In der Kürze der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit ist eine händische Datenbereinigung nicht möglich.
- Welche Staatsangehörigkeit weisen die für die in Frage 3 abgefragten Delikte verantwortlichen Tatverdächtigen auf? (Bitte bei deutschen Personen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz werden die erfragten Daten nicht gesondert statistisch erfasst. Zur Ermittlung der erfragten Daten wäre eine Auswertung sämtlicher Einzelvorgänge bei den Staatsanwaltschaften im Geschäftsbereich von Hand erforderlich. Dies ist mit vertretbarem Aufwand in der zur Beantwortung gegebenen Zeit nicht möglich.