Kleine Anfrage 6119der Abgeordneten Andreas Keith und Markus Wagner vom 05.11.2021
Halloween-Randale in Dortmund-Scharnhorst
Am Abend des 31. Oktobers 2021 randalierte in Dortmund-Scharnhorst eine Gruppe von bis zu 200 Jugendlichen, die mehrheitlich aus umliegenden Städten angereist waren. Die Randalierer zündeten Pyrotechnik und warfen unter anderem mit Steinen auf Autos und Busse.
Die eingetroffenen Kräfte der Polizei konnten zahlreiche der Personen, die zunächst auf unterschiedlichen Wegen die Flucht zu ergreifen versuchten, aufgreifen und identifizieren. Ein Jugendlicher führte eine Schreckschusswaffe mit sich, mehrere Gewalttäter trugen Sturmhauben.
Laut Medienberichten und Polizeiangaben hat sich in Dortmund-Scharnhorst in den letzten Jahren offenbar eine Randale-Tradition in der Halloweennacht entwickelt.1
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der staatsanwaltschaftlichen und polizeilichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Sachverhalt?
- Was ist über das Alter, das Geschlecht, die Staatsangehörigkeit und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen respektive der Störer bekannt geworden?
- Liegen über die identifizierten Personen polizeiliche, staats- und/oder verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse vor?
- Was ist den Strafverfolgungsbehörden über die Organisation (Messenger-Chatgruppen, Social-Media-Plattformen, persönliche Bekanntschaften, Rädelsführer, Feierlichkeiten in umliegenden Lokalitäten) dieser gewalttätigen Ansammlung von mehrheitlich ortsfremden Personen bekannt?
- Zu wie vielen „Tumultlagen“ respektive vergleichbaren Ausschreitungen ist es im räumlichen Umfeld dieses Tatortes in Dortmund-Scharnhorst in den vergangenen fünf Jahren gekommen?
Andreas Keith
Markus Wagner
1 Vgl. Westdeutscher Rundfunk (2021): Dortmund: Randale an Halloween; online im Internet: https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/jugendliche-randalieren-100.html; Ruhr24 (2021): Dortmund: Polizei löst Halloween-Randale mit über 200 Jugendlichen auf; online im Internet: https://www.ruhr24.de/dortmund/dortmund-halloween-200-jugendliche-randalieren-scharnhorst-einkaufszentrum-polizei-news-aktuell-91093354.html.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6119 mit Schreiben vom 7. Dezember 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der staatsanwaltschaftlichen und polizeilichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Sachverhalt?
- Was ist über das Alter, das Geschlecht, die Staatsangehörigkeit und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen respektive der Störer bekannt geworden?
- Liegen über die identifizierten Personen polizeiliche, staats- und/oder verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse vor?
- Was ist den Strafverfolgungsbehörden über die Organisation (Messenger-Chatgruppen, Social-Media-Plattformen, persönliche Bekanntschaften, Rädelsführer, Feierlichkeiten in umliegenden Lokalitäten etc.) dieser gewalttätigen Ansammlung von mehrheitlich ortsfremden Personen bekannt?
Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz unter dem 12. November 2021 wie folgt berichtet:
,Verfahren, die in der Kleinen Anfrage beschriebene Sachverhalte zum Gegenstand haben, sind bei der Staatsanwaltschaft Dortmund bislang nicht anhängig. Die polizeilichen Ermittlungen dauern nach Mitteilung des Polizeipräsidiums insoweit an. Zu einer Befassung von Dezernentinnen und Dezernenten meines Hauses ist es – soweit feststellbar – bislang nicht gekommen.‘
Das Polizeipräsidium Dortmund berichtet, dass nach ersten Aufklärungsmaßnahmen am Abend des 31. Oktober 2021 von der Polizei Dortmund circa zweihundert Jugendliche erkannt wurden, die sich in Kleingruppen um das Einkaufszentrum Dortmund-Scharnhorst bewegten. Aus einer Gruppe von dreißig bis vierzig Jugendlichen kam es zu Böller- und Eierwürfen auf die Polizeibeamten und deren Einsatzmittel. Ein 17-jähriger Beschuldigter aus Dortmund mit deutscher und türkischer Staatsangehörigkeit sowie Migrationshintergrund wurde im Rahmen der Tatortbereichsfahndung festgestellt.
Bezüglich weiterer Sachverhalte in Dortmund-Scharnhorst am 31. Oktober 2021 wurden beim Polizeipräsidium Dortmund nachfolgend aufgeführte Anzeigen aufgenommen:
Verdacht einer Straftat nach dem Waffengesetz
Nach einer Überprüfung von ca. dreißig Personen im Bereich der Stadtbahnhaltestelle Scharnhorst-Zentrum konnte bei einem Jugendlichen eine Schreckschusswaffe mit Munition sichergestellt werden. Der Beschuldigte ist nicht im Besitz eines Kleinen Waffenscheins. Es handelt sich um einen 17-jährigen Dortmunder mit deutscher Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund. Polizeiliche Erkenntnisse zu dem Beschuldigten liegen vor.
Verdacht des Landfriedensbruchs
Aus einer größeren Gruppe von Jugendlichen heraus wurden Polizeibeamte mit einem funkensprühenden Feuerwerkskörper beworfen. Ein 16-jähriger Dortmunder mit deutscher und irakischer Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund konnte nach kurzer Flucht gestellt werden. Der jugendliche Beschuldigte wurde durch die eingesetzten Beamten an seine Eltern übergeben. Zu diesem liegen polizeiliche Erkenntnisse vor.
Verdacht der wechselseitigen gefährlichen Körperverletzung
Eine zunächst verbale Streitigkeit zwischen zwei Gruppen von Kindern/ Jugendlichen mündete in Tätlichkeiten. Es wurden zwei Beschuldigte, ein 16-jähriger Dortmunder mit deutscher und türkischer Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund sowie eine 23-jährige Dortmunderin mit libanesischer Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund, ermittelt. Beide gaben an, lediglich schlichtend eingegriffen zu haben und sodann von dem jeweils anderen Beschuldigten – unter Beteiligung weiterer Personen – geschlagen worden zu sein.
Staatsschutzrelevante Erkenntnisse zu den bislang bekanntgewordenen Personen liegen nicht vor. Erkenntnisse zu einer organisierten Zusammenkunft liegen ebenfalls nicht vor.
- Zu wie vielen „Tumultlagen“ respektive vergleichbaren Ausschreitungen ist es im räumlichen Umfeld dieses Tatortes in Dortmund-Scharnhorst in den vergangenen fünf Jahren gekommen?
Die erfragten Daten können für den Zeitraum 2018 bis zum 1. Halbjahr 2021 ausgewertet werden. Für den Stadtbezirk Dortmund – Scharnhorst wurden in diesem Zeitraum keine „Tumultlagen“ gemeldet