Kleine Anfrage 2170
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Handwerkerautos immer häufiger von Diebstahl betroffen – Täter meist „Mitglieder südosteuropäischer Großfamilien“1
In der Nacht auf Mittwoch, den 12.07.2023, konnten zivile Beamte der Polizei drei Diebe im Alter von 22, 23 und 33 Jahren festnehmen, die ein Handwerkerfahrzeug aufgebrochen und ausgeräumt haben. Dieser Präzedenzfall spielte sich in Bocklemünd ab und scheint vergleichsweise eher eine Ausnahme darzustellen, da es die meisten Diebe schaffen zu fliehen. In diesem Fall gelang es der Polizei allerdings, das Fluchtfahrzeug zu stellen und die gestohlenen Werkzeuge zu sichern. Der Fluchtwagen fuhr zunächst trotz Anhaltesignale weiter konnte jedoch zum Anhalten gezwungen werden. Die Verdächtigen flüchteten weiter zu Fuß in Richtung Compesstraße, wurden aber in einem anliegenden Garten gefasst. Der 23Jährige leistete bei der Festnahme Widerstand und verletzte dabei einen Beamten leicht.2
Solche Fälle, bei denen die Scheiben von Handwerkertransportern eingeschlagen werden und Werkzeug im Wert von mehreren Tausend Euro entwendet wird, scheinen in Nordrhein-Westfalen allerdings keine Einzelheit zu sein, sondern sich immer mehr zu häufen. Dies bestätigt auch eine Umfrage der dpa. So vermeldete die Bonner Polizei beispielsweise im ersten Halbjahr des Jahres 2023 92 solcher Fälle, während es im Vergleichszeitraum des Jahres 2022 54 Fälle waren. In Köln und Leverkusen gab im ersten Halbjahr dieses Jahres bereits 750 Aufbrüche. Im gesamten Vorjahr waren es knapp 1.000.3 Auch die Polizeidienststellen in Düsseldorf und Aachen verzeichnen eine Zunahme. Immer mehr Firmen beklagen von solchen Fällen betroffen zu sein. Eine Heizungs- und Sanitärfirma aus Köln erlitt zum Beispiel allein seit September 2022 19 Aufbrüche ihrer Transporter.4 Dabei sind die Ziele in der Regel hochwertige Maschinen und Werkzeuge, die schnell mehr als 1000 Euro bringen. Zusätzlich kommt der entstandene Sachschaden auf die Opfer zu. Da die Autos wegen der teilweise langen Lieferzeit für Ersatztüren über einen längeren Zeitraum vom Fahrbetrieb wegfallen, können manche Aufträge der Firmen nicht wie geplant oder gar nicht durchgeführt werden, was zu weiteren finanziellen Schäden führt.5 Die Geschäftsführerin der Unternehmensberatung der Kölner Handwerkskammer spricht ebenfalls von einem „Riesenproblem“.6 Nach Aussagen der Kölner Polizei handelt es sich bei den Tätern meistens um „Mitglieder südosteuropäischer Großfamilien“.7 Des Weiteren wird beklagt, dass festgenommene Täter zu „schnell ersetzt“8 werden. Außerdem sei die landesweite Erfassung schwierig, da diese Delikte nicht separat erfasst werden.9
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Präzedenzfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Wie viele Polizeidienststellen führen, ähnlich wie Köln oder Bonn, eine Statistik über aufgebrochene Handwerkstransporter? (Bitte nach Kreis aufschlüsseln und die Anzahl der registrierten Vorfälle nennen.)
- Aus welchem Grund wird dieses Delikt nicht landesweit separat geführt?
- Sieht die Landesregierung aufgrund der Dringlichkeit und der steigenden Fallzahlen einen Anlass, dieses Delikt separat und landesweit zu führen?
- Was plant die Landesregierung konkret, um die Firmen und Arbeiter speziell in diesem Kontext zu schützen und so vor weiteren finanziellen Rückschlägen zu bewahren?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Rheinische Post, vom 04.07.2023.
4 Ebenda.
5 Ebenda.
6 https:// www .rundschau-online.de/koeln/ehrenfeld/bocklemuend-mengenich/koeln-handwerker-autos-aufgebrochen-polizei-fasst-drei-maenner-608990.
7 Ebenda.
8 Ebenda.
9 Rheinische Post, vom 04.07.2023.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2170 mit Schreiben vom 29. August 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Präzedenzfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 27.07.2023 im Wesentlichen berichtet, seine Behörde führe ein Ermittlungsverfahren gegen drei albanische Staatsangehörige wegen Bandendiebstahls.
Zum Tathergang hat er in seinem vorbezeichneten Bericht ausgeführt, zwei der Beschuldigten hätten am 12.07.2023 gegen 00.20 Uhr ein Loch in die Beifahrertür eines in Köln-Bocklemünd abgestellten Transporters eines Handwerksunternehmens geschnitten und so Zugriff auf die Öffnungsvorrichtung erhalten. Die sodann aus dem Transporter entnommenen Gegenstände, darunter zwei Werkzeugkoffer, hätten die Beschuldigten im Kofferraum des von ihnen genutzten Tatfahrzeugs verstaut und sich vom Tatort entfernt. Die Beschuldigten seien im Nahbereich des Tatortes festgenommen worden. Die Ermittlungen dauerten weiter an.
Einer der Beschuldigten sei nicht vorbestraft, einer der Beschuldigten sei wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und der dritte Beschuldigte bereits mehrfach, unter anderem wegen Diebstahls, verurteilt worden.
Von weiteren Angaben zu den Beschuldigten, insbesondere zu etwaigen Vorstrafen, wird mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die im Ermittlungsverfahren nach Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachtende Unschuldsvermutung und das Resozialisierungsgebot unter Abwägung mit dem parlamentarischen Informationsinteresse abgesehen.
- Wie viele Polizeidienststellen führen, ähnlich wie Köln oder Bonn, eine Statistik über aufgebrochene Handwerkstransporter? (Bitte nach Kreis aufschlüsseln und die Anzahl der registrierten Vorfälle nennen.)
Aufgabe aller Kreispolizeibehörden ist es unter anderem, die Kriminalitätsentwicklung im jeweiligen Zuständigkeitsbereich auszuwerten und zu analysieren. In diesem Kontext ist ebenfalls zu prüfen, ob polizeiliche Maßnahmen in Bezug auf bestimmte Phänomene anzupassen oder beispielsweise zu intensivieren sind. Neben der Kreispolizeibehörde Köln führen die Kreispolizeibehörden Oberhausen und Düren individuelle Statistiken zu diesem Deliktsphäno-men. Die Kreispolizeibehörde Bonn führt keine derartige Statistik, sondern hat eine anlassbezogene Sonderauswertung des Vorgangsbearbeitungssystems durchgeführt.
- Aus welchem Grund wird dieses Delikt nicht landesweit separat geführt?
Die bundesweit einheitlichen Erfassungsrichtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik sehen keine spezifische Erfassung von Diebstahl an/aus Handwerkerfahrzeugen oder Arbeitsgeräten vor.
- Sieht die Landesregierung aufgrund der Dringlichkeit und der steigenden Fallzahlen einen Anlass, dieses Delikt separat und landesweit zu führen?
Nein.
- Was plant die Landesregierung konkret, um die Firmen und Arbeiter speziell in diesem Kontext zu schützen und so vor weiteren finanziellen Rückschlägen zu bewahren?
Die Polizei Nordrhein-Westfalen informiert im Rahmen verhaltensorientierter Beratung über verschiedene Kriminalitätsphänomene, Opferrisiken sowie tatbegünstigende sowie tatreduzierende Verhaltensweisen. Sie stellt ihre Informationen insbesondere gesellschaftlichen Gruppen, Institutionen und Interessenverbänden zur Verfügung. Zur Förderung des Einbruchschutzes arbeitet sie in örtlichen Netzwerken mit Verbänden, Gewerbe, Handel und Wirtschaft unter Wahrung der behördlichen Neutralität zusammen.
Die Kreispolizeibehörde Köln hat auf Grundlage der eigenen Schwerpunktsetzung einen Infor-mationsflyer für Handwerksbetriebe zur Sicherung von Transportfahrzeugen entwickelt, der bereits auf der Homepage der Kreispolizeibehörde Köln eingestellt wurde. Er beinhaltet u. a. Tipps zu richtigen Verhaltensweisen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Umgang mit Wertgegenständen in Firmenfahrzeugen sowie zu mechanischen und elektronischen Sicherungsmöglichkeiten der Fahrzeuge und Werkzeuge.
Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen wird den Flyer allen Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalens sowie den zuständigen Handwerksorganisationen zur Verfügung stellen. Darüber hinaus wird er auf der Internetseite der Polizei Nordrhein-Westfalen für alle Bürgerinnen und Bürger eingestellt.