Harte Anschuldigungen: Unterstützt die Bahn die Gewerkschaft EVG beim Streik, und welche Konsequenzen hat das für NRW?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1706

des Abgeordneten Klaus Esser AfD

Harte Anschuldigungen: Unterstützt die Bahn die Gewerkschaft EVG beim Streik, und welche Konsequenzen hat das für NRW?

Der langjährige GDL-Chef Weselsky äußerte in einem Interview Ende März 2023 deutliche Kritik am Streikgebahren der Eisenbahnergewerkschaft EVG und warf gleichzeitig dem Bahnkonzern vor, mit der EVG zu paktieren. Die Bahn hätte auch „angeordnet, den Bahnverkehr zu stoppen“.1 Aufgrund des großen Warnstreiks am 27.03.2023 war deutschlandweit der gesamten Fernverkehr gestoppt worden. Weselsky sprach in diesem Zusammenhang auch von einem „Schmierentheater“ von Bahn und EVG. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen und Konsequenzen der Streik in NRW hatte, bedarf nun der Klärung. Insbesondere auch, ob dieses Ausmaß seitens der Bahn noch forciert wurde.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Auf welche Höhe beziffert die Landesregierung die wirtschaftlichen Schäden infolge des Streiks gegen die Verkehrsträger am 27.03.2023 in NRW?
  2. Wie beurteilt die Landesregierung die vom GDL-Chef vorgebrachte Anschuldigung hinsichtlich einer unnötigen vollständigen Ausweitung des Streiks der Verkehrsträger?
  3. Wie äußert sich die DB Regio NRW zu dem vorliegenden Sachverhalt?
  4. Welche Erkenntnisse zur NRW-Verkehrslage hat die Landesregierung für den 27.03.2023?
  5. Finden an Streiktagen in NRW Verkehrszählungen statt, um ein Lagebild bezüglich der Nutzung alternativer Verkehrsmittel zu gewinnen?

Klaus Esser

 

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1 https:// www .zeit.de/news/2023-03/27/weselsky-wirft-bahn-und-evg-schmierentheater-vor


Vorbemerkung der Landesregierung

Der Landesregierung obliegt bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation der Verkehrsverbünde bzw. Zweckverbände und der Betriebssituation bei der Deut­schen Bahn AG (DB AG) keine originäre Zuständigkeit; vielmehr liegt diese bei den Verkehrs-verbünden bzw. bei der DB AG. Die nachfolgenden Antworten basieren daher auf den zu den gestellten Fragen eingeholten Stellungnahmen der Verkehrsverbünde und der DB AG, aus denen stellenweise wiedergegeben wird.

  1. Auf welche Höhe beziffert die Landesregierung die wirtschaftlichen Schäden in­folge des Streiks gegen die Verkehrsträger am 27.03.2023 in NRW?

Der Landesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor (siehe auch Vorbemer­kung). Die Zweckverbände des Schienenpersonennahverkehrs teilen zu der Frage mit:

Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) erfolge grundsätzlich keine Betrachtung von Umsät­zen einzelner Tage; sinnvoll verglichen werden könnten nur Zeiträume. Bezogen auf einen einzelnen Streiktag gebe es verschiedene Umstände, die die Auswirkungen auf die Einnah­meseite begrenzten. So bestünden beispielsweise im Segment der Zeitkarten und Abonne­ments (inkl. Schüler-, Semester- und Sozialtickets) keine negativen wirtschaftlichen Effekte; auch sonstige im Vorverkauf an diesem Tag erworbene Tickets seien nicht betroffen.

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die vom GDL-Chef vorgebrachte Anschuldi­gung hinsichtlich einer unnötigen vollständigen Ausweitung des Streiks der Ver­kehrsträger?

Die verfassungsrechtliche Grundlage für das Arbeitskampfrecht einschließlich des Streik­rechts ist die in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verankerte Koalitionsfreiheit. Ein wesentlicher Zweck der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Koalitionen ist der Abschluss von Tarifverträgen. Dabei zählen zu den durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Mitteln auch Arbeitskampfmaßnah­men, die auf den Abschluss von Tarifverträgen gerichtet sind. Die Wahl der Mittel bleibt den Koalitionen überlassen und wird von der Landesregierung weder kommentiert noch bewertet.

  1. Wie äußert sich die DB Regio NRW zu dem vorliegenden Sachverhalt?

Die DB AG teilt zu Frage 3 mit, dass die Streiks von GDL und EVG nicht vergleichbar seien: Die GDL organisiere im Kern die Lokführerinnen und Lokführer als Lokführergewerkschaft. Ihre Tarifverträge fänden auf rund 10.000 Beschäftigte Anwendung. Die EVG sei dagegen für die gesamte DB zuständig, ihre Tarifverträge fänden daher auf rund 180.000 Beschäftigte An­wendung. Streiks der EVG hätten dadurch eine völlig andere Hebelwirkung. Somit sei es not­wendig, den Bahnverkehr in weiten Teilen einzuschränken, da bei bestreikten Stellwerken ein Bahnverkehr nicht möglich sei. Aus diesem Grunde habe es auch keinen Ersatzfahrplan ge­geben. Anders als beim letzten Streik der GDL, bei dem die Lokführerinnen und Lokführer die Arbeit niedergelegt hätten, seien nunmehr alle Berufsgruppen zum Ausstand aufgerufen ge­wesen, etwa Mitarbeitende in den Werkstätten, den Stellwerken oder den Betriebszentralen, die den Zugverkehr steuern. Deshalb seien die Züge am Streiktag in den Depots geblieben, um dann am nächsten Tag so schnell wie möglich wieder den regulären Fahrplan anbieten zu können.

  1. Welche Erkenntnisse zur NRW-Verkehrslage hat die Landesregierung für den 27.03.2023?

Am 27.03.2023 musste der Zugverkehr aufgrund des Streiks landesweit eingestellt werden. In einigen Städten und Kommunen wurde der Busverkehr teilweise oder sogar weitestgehend aufrechterhalten.

  1. Finden an Streiktagen in NRW Verkehrszählungen statt, um ein Lagebild bezüglich der Nutzung alternativer Verkehrsmittel zu gewinnen?

Nein.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Klaus Esser