Kleine Anfrage 1550
des Abgeordneten Markus Wagner vom 16.03.2023
Hattingen: Schüsse auf Zeitungsboten – Wie kriminell ist Hattingen?
Am frühen Samstagabend, den 11. März 2023, kam es in Hattingen-Holthausen zu einer unfassbaren Tat. Ein WAZ-Zeitungsbote, der seit über 13 Jahren Zeitungen austrägt, wurde von mehreren Schüssen getroffen und schwer verletzt.1
Gegen 03:10 Uhr war der 33-jährige Zeitungsbote in Hattingen auf der Straße am Schellenberg mit dem Auto unterwegs. Nach eigenen Angaben traf er dabei auf einen Unbekannten, der sich neben einem Pkw befand. Dieser habe plötzlich eine Waffe aus seinem Fahrzeug geholt und mehrfach auf ihn geschossen. Anschließend seit der Täter geflohen. Nach Informationen des Vaters des Zeitungsboten sei sein Sohn während der Fahrt von einer Schrotladung in Kopfhöhe auf der Fahrerseite getroffen worden. Die Scheibe sei dabei zu Bruch gegangen und habe fast alles abgefangen.2
Dem Opfer, das an der Hand und am Arm getroffen wurde, war es möglich, selbstständig vom Tatort zu fliehen und danach die Polizei zu rufen. In einer Bochumer Klinik wurde der 33Jährige operiert. Der mutmaßliche Schütze soll mit einem Pkw unterwegs gewesen sein und zur Tatzeit dunkle Kleidung getragen haben.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Welche (Er-)Kenntnisse liegen hinsichtlich des 33 Jahre alten Opfers vor? (Bitte Vorstrafen des Opfers, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Opfers, seit wann das Opfer im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vorname des Opfers und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über das Opfer nennen.)
- Wie viele Straftaten wurden seit 2015 bis heute in Hattingen registriert? (Bitte die einzelnen Deliktarten in absoluten Zahlen und prozentualen Veränderungen aufschlüsseln.)
- Zu wie vielen Angriffen auf Zeitungsboten ist es seit 2015 bis heute in Nordrhein-Westfalen gekommen? (Bitte nach Jahr und Ort aufschlüsseln.)
- Zu wie vielen Angriffen auf Postboten ist es seit 2015 bis heute in Nordrhein-Westfalen gekommen? (Bitte nach Jahr und Ort aufschlüsseln.)
Markus Wagner
1 Vgl. h t t p s : / /w w w . w az . de/staedte/hattingen/schuesse-auf-zeitungsboten-33-jaehriger-schwer-verletzt-id237866447.html.
2 Ebenda.
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1550 mit Schreiben vom 13. April 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Als Datenbasis für die Beantwortung der Anfrage dient die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen (PKS NRW). Sie wird nach bundeseinheitlich jährlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Zur Beantwortung der Frage 1 hat mir das Ministerium der Justiz folgenden Beitrag übersandt:
„Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 20.03.2023 unter anderem berichtet, bei ihrer Behörde werde derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen einen sich in dieser Sache seit dem 12.03.2023 in Untersuchungshaft befindenden Beschuldigten wegen versuchten Mordes u. a. geführt, in welchem die Ermittlungen andauerten. Der Beschuldigte sei deutscher Staatsangehöriger und wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und Straftaten gegen das Leben sowie die körperliche Unversehrtheit vorbestraft. Von Angaben zu dem Vornamen des Beschuldigten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten sowie der Unschuldsvermutung abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren wäre der Beschuldigte bei Nennung seines Vornamens identifizierbar bzw. würde die Gefahr der Identifizierbarkeit erheblich erhöht. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand entsprochen.
Der Geschädigte sei am Tattag zufällig auf den Beschuldigten getroffen, der mit seinem Pkw die Straße blockiert und unerlaubt Schüsse auf einer angrenzenden Wiese abgegeben habe. Nachdem der Beschuldigte den Geschädigten zum Verlassen der Örtlichkeit aufgefordert habe, habe dieser unvermittelt eine Langwaffe hervorgeholt und mehrere Schüsse auf den Pkw des Geschädigten abgegeben. Hierdurch sei der Geschädigte an der Hand verletzt und der Pkw u. a. an der Kopfstütze des Fahrersitzes beschädigt worden. Als der Geschädigte sodann versucht habe mit seinem Pkw zu flüchten, habe der Beschuldigte diesen zu Fuß verfolgt und weitere Schüsse auf den Geschädigten abgegeben, dem schließlich jedoch die Flucht gelungen sei.“
- Welche (Er-)Kenntnisse liegen hinsichtlich des 33 Jahre alten Opfers vor? (Bitte Vorstrafen des Opfers, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Opfers, seit wann das Opfer im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vorname des Opfers und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über das Opfer nennen.)
Zur Beantwortung der Frage 2 hat mir das Ministerium der Justiz folgenden Beitrag übersandt:
„Nach dem vorgenannten Bericht handelt es sich bei dem Geschädigten um einen deutschen Staatsangehörigen. Erkenntnisse, aufgrund derer die Einholung eines Bundeszentralregister-auszugs veranlasst gewesen wäre, lägen bislang nicht vor. Von weiteren Angaben wird mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht des Geschädigten und den insoweit zugleich gebotenen Opferschutz abgesehen.“
- Wie viele Straftaten wurden seit 2015 bis heute in Hattingen registriert? (Bitte die einzelnen Deliktarten in absoluten Zahlen und prozentualen Veränderungen aufschlüsseln.)
Vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2022 wurden für die Stadt Hattingen insgesamt 24.639 Straftaten in der PKS NRW erfasst. Nachfolgend ist in tabellarischer Form die Anzahl der Straftaten aufgeführt und nach Jahren aufgeschlüsselt. Der außergewöhnlich starke Anstieg der Fallzahlen im Jahr 2017 ist auf eine Serie von Betrugsdelikten (Warenbetrug) über zwei Internetplatt-formen durch mehrere Tatverdächtige aus Hattingen zurückzuführen.
Strafaten insgesamt in Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis) vom 01.01.2015 bis 31.12.2022 | |
Jahr | Bekannt geworden |
2015 | 3 074 |
2016 | 3 232 |
2017 | 5 747 |
2018 | 2 442 |
2019 | 2 153 |
2020 | 2 413 |
2021 | 2 598 |
2022 | 2 980 |
24 639 |
Quelle: PKS NRW
- Zu wie vielen Angriffen auf Zeitungsboten ist es seit 2015 bis heute in Nordrhein-Westfalen gekommen? (Bitte nach Jahr und Ort aufschlüsseln.)
In der PKS NRW werden Personen als Opfer erfasst, gegen die sich eine mit Strafe bedrohte Handlung unmittelbar richtet.
Eine gesonderte Erfassung von Zeitungsboten als separat ausweisbare Opfergruppe erfolgt nicht, so dass der Landesregierung auf Grundlage der PKS NRW hierzu keine Informationen vorliegen.
- Zu wie vielen Angriffen auf Postboten ist es seit 2015 bis heute in Nordrhein-Westfalen gekommen? (Bitte nach Jahr und Ort aufschlüsseln.)
In der PKS NRW erfolgt keine gesonderte Erfassung von Postboten als separat ausweisbare Opfergruppe. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.