Historische Baustoffe und antike Materialien in denkmalgeschützten Gebäuden – Versorgung mit Holz aus den Wäldern Nordrhein-Westfalens

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 242
der Abgeordneten Zacharias Schalley, Carlo Clemens und Andreas Keith vom 01.08.2022

 

Historische Baustoffe und antike Materialien in denkmalgeschützten Gebäuden Versorgung mit Holz aus den Wäldern Nordrhein-Westfalens

Aufgrund der Kulturhoheit der Länder (Art. 30 GG) sind die Länder für den Denkmalschutz verantwortlich. Im Jahr 2018 gab es in NRW über 80.000 Baudenkmäler. Damit rangiert Nordrhein-Westfalen auf dem vierten Platz aller Bundesländer.1

Viele Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden müssen für eine denkmalgerechte Sanierung, z.B. für die Reparatur von Dielenböden oder Parkettböden, auf originalgetreue Baumaterialien setzen. Teilweise ist die Nachfrage so hoch, dass sich Händler auf historische Baustoffe spezialisiert haben. Diese Fachbetriebe haben es sich zur Aufgabe gemacht, die sehr individuellen Anfragen zu bearbeiten und die Baustoffe zu akquirieren.

In den meisten Fällen müssen diese Baustoffe zeitgerecht sein, d.h. sie müssen zum Baujahr des Hauses passen. Die Kosten für einen Kubikmeter zweitverwendeten Eichenholzes, das beispielsweise für die Instandhaltung von Fachwerkhäusern notwendig ist, betragen etwa 1500 €.2 Hinzu kommen Kosten für Materialaufarbeitung und Einbau zur Wahrung des ursprünglichen Baustils. Aus diesen Gründen sind die Kosten für eine denkmalgerechte Sanierung sehr hoch und schrecken zahlreiche Interessenten vom Kauf denkmalgeschützter Gebäude ab.

Nach dem Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris am 15. April 2019 wurde die denkmalgerechte Rekonstruktion der Überdachung auf 45 Millionen Euro beziffert. In zwei Jahren haben sich die Restaurierungskosten verdoppelt. Frankreich hat beschlossen, für den originalgetreuen Wiederaufbau ausschließlich französische Eiche aus einem jahrhundertealten Baumbestand und auch wieder Blei zu verwenden.3

Durch den Abriss und Abbruch von älteren Gebäuden stehen Eigentümer von denkmalgeschützten Häusern in NRW vor dem wachsenden Problem einer geringeren Verfügbarkeit von Baumaterialien, die den spezifischen Anforderungen gerecht werden. So ist zum Beispiel frisches Eichenholz für die Instandsetzung von Fachwerkbauten nur bedingt geeignet; eine fachgerechte Sanierung mit zweitverwendetem Altholz ist zu bevorzugen.

Zudem hat sich die Waldstruktur deutlich verändert. Seit Jahrzehnten wird ein langsamer Wandel vollzogen von einem Altersklassenwald zu einem Plenterwald. Aber auch der Baumbestand selbst soll standortgerechter und heimischer werden. Das neue Wiederbewaldungskonzept bedeutet, dass sich die Beschaffung von spezifischem Holzmaterial aus Nordrhein-Westfalen für eine denkmalgerechte Sanierung, zusätzlich zum seit mehreren Jahren angestauten allgemeinen Holzmangel, noch weiter verteuern könnte.

Das Land Nordrhein-Westfalen als größter alleiniger Waldbesitzer unseres Bundeslandes ist daher sowohl aus forstpolitischer Sicht als auch unter dem Aspekt des Denkmalschutzes von den oben geschilderten Problematiken betroffen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir:

  1. Welcher spezifische Bedarf an Holz besteht für Denkmäler in Nordrhein-Westfalen?
  2. Wie wird bisher der Bedarf an spezifischem Holz für Denkmäler und historisch oder kulturell wertvolle Gebäude abgedeckt?
  3. Welche Maßnahmen bezüglich der landeseigenen Wälder plant die Landesregierung, um den spezifischen Bedarf der Denkmäler sowie historisch oder kulturell wertvolle Gebäude abdecken zu können?
  4. Wie plant die Landesregierung den spezifischen Holzbedarf für Denkmäler und historisch/kulturell wertvolle Gebäude aus landeseigenen oder lokalen Beständen sicherzustellen?
  5. Welche Anreize plant die Landesregierung für private Waldbesitzer, damit diese ihren Forstbestand auf die spezifischen Anforderungen für Denkmäler und historisch/kulturell wertvolle Gebäude einstellen?

Zacharias Schalley
Carlo Clemens
Andreas Keith

 

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1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1074253/umfrage/baudenkmaeler-nach-bundeslaendern/

https://denkmalpflege.lvr.de/media/denkmalpflege/publikationen/online_publikationen/Heft_34_Fachwerk_230519_WEB.pdf

3 https://www.dw.com/de/notre-dame-wiederaufbau/a-57178992


Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung hat die Kleine Anfrage 242 mit Schreiben vom 6. September 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz beantwortet.

  1. Welcher spezifische Bedarf an Holz besteht für Denkmäler in Nordrhein-Westfa­len?

Der spezifische Bedarf an Holz für Denkmäler in Nordrhein-Westfalen ist objektspezifisch höchst unterschiedlich und damit landesweit pauschal weder quantitativ noch qualitativ ver­lässlich zu ermitteln.

  1. Wie wird bisher der Bedarf an spezifischem Holz für Denkmäler und historisch oder kulturell wertvolle Gebäude abgedeckt?
  2. Welche Maßnahmen bezüglich der landeseigenen Wälder plant die Landesregie­rung, um den spezifischen Bedarf der Denkmäler sowie historisch oder kulturell wertvolle Gebäude abdecken zu können?
  3. Wie plant die Landesregierung den spezifischen Holzbedarf für Denkmäler und historisch/kulturell wertvolle Gebäude aus landeseigenen oder lokalen Beständen sicherzustellen?
  4. Welche Anreize plant die Landesregierung für private Waldbesitzer, damit diese ihren Forstbestand auf die spezifischen Anforderungen für Denkmäler und histo-risch/kulturell wertvolle Gebäude einstellen?

Die Fragen 2 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Soweit Teile der Bausubstanz eines Denkmals ausgetauscht werden müssen, sind in der Re­gel Materialien zu verwenden, die den ursprünglich verwendeten Materialien in ihren Eigen­schaften möglichst ähnlich sind. Hierbei spielt deren Herkunft oder deren Alter keine Rolle. Dies vorausgeschickt unterliegt der Bedarf an spezifischem Holz für die denkmalgerechte Sa­nierung denkmalgeschützter Gebäude in der Regel keinen Einschränkungen hinsichtlich Alter oder Herkunft des Holzes.

Auf die am 19. Juli 2022 erfolgte Antwort (LT-Drs.-Nummer 18/238) der Landesregierung Nordrhein-Westfalen auf die Kleine Anfrage 104 wird verwiesen.

 

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