Illegale Aufenthalte in NRW

Kleine Anfrage
vom 13.11.2017

Kleine Anfrage 536
der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD

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Wie verschiedene Medien berichten, u.a. die WELT und MSN, gibt es eine erhebliche Anzahl untergetauchter ausländischer Personen in Deutschland. Fachleute schätzen, dass die Zahl der hierzulande untergetauchten Ausländer ohne Behördenkontakt in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Es könnten in deutschlandweit bis zu 520.000 Menschen sein, darunter nach Schätzungen ca. 30.000 abgelehnte Asylbewerber. Da NRW gem. Königsteiner Schlüs­sel über 1/5 der Asylbewerber zugewiesen wurden und auch der sonstige Ausländeranteil in NRW entsprechend hoch ist, ist zu vermuten, dass NRW besonders betroffen ist.

Als untergetaucht gilt ein Ausländer, wenn er für die staatlichen Behörden nicht auffindbar ist. In diesem Fall wird nach § 33 Abs. 2 Nr. 2 AsylG vermutet, dass der Ausländer sein Asylver­fahren nicht betreibt, was nach § 33 Abs. 1 AsylG zur Folge hat, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gilt.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Hat die Landesregierung eine eigene Schätzung, wie viele Ausländer ohne gültige Auf­enthaltserlaubnis sich in NRW aufhalten?
  2. Es gibt Stellen, an denen fallen Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis immer wieder auf, z.B. bei polizeilichen Kontrollen, bei der Reise ohne gültigen Fahrschein, im Zusammen­hang mit Straftaten, aber auch bei der Einschulung. Wie ist in solchen Fällen der Umgang mit nicht gemeldeten Personen, bzw. deren Familien?
  3. Die Subsidiarität kann Unübersichtlichkeit und die mangelhafte Durchsetzung des Melde­rechts begünstigen. Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um eine Kontrolle über die tatsächlichen Aufenthaltszahlen ausländischer Bürger im Land zu be­kommen?
  4. Wie soll künftig sichergestellt werden, dass Asylbewerber nach einer Ablehnung ihres An­trags durch das BAMF oder nach abgelaufener Duldung, nicht einfach untertauchen?
  5. Da untergetauchte Personen keine Sozialleistungen beziehen können, besteht ein erheb­liches Risiko, dass diese Personen in die Kriminalität abrutschen. Mit welchen Maßnah­men plant die Landesregierung untergetauchte Personen in NRW aufzuspüren?

1 https://www.welt.de/politik/deutschland/article170281634/In-Deutschland-werden-Hundert-tausende-Untergetauchte-vermutet.html

2 https://www.welt.de/debatte/kommentare/article170276463/Fluechtlinge-tauchen-ab-Und-der-Staat-tut-nichts.html

3 https://www.msn.com/de-de/nachrichten/welt/sind-30000-asylbewerber-untergetaucht/ar-AAulClT

Gabriele Walger-Demolsky

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 536 im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und der Ministerin für Schule und Bildung wie folgt:

  1. Hat die Landesregierung eine eigene Schätzung, wie viele Ausländer ohne gültige Aufenthaltserlaubnis sich in NRW aufhalten?

Über die Anzahl der Personen, die sich ohne Aufenthaltstitel in Nordrhein-Westfalen aufhalten, gibt es weder belastbare Zahlen noch valide Aussagen, auf deren Grundlage eine Schätzung möglich wäre.

  1. Es gibt Stellen, an denen fallen Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis immer wieder auf, z.B. bei polizeilichen Kontrollen, bei der Reise ohne gültigen Fahrschein, im Zusammenhang mit Straftaten, aber auch bei der Einschulung. Wie ist in solchen Fällen der Umgang mit nicht gemeldeten Personen, bzw. deren Familien?

Die  Polizei trifft bei Personen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus zunächst Maßnahmen zur Identitätsfeststellung. Diese umfassen Einsicht und Prüfung ggf. mitgeführter Ausweispapiere, Befragung der Person, Identifizierung mittels Fast-ID sowie den Abgleich der angegebenen Personalien in den polizeilichen Auskunftssystemen. Liegen konkrete Anhaltspunkte auf illegalen Aufenthalt der Person vor, fertigt die Polizei eine Strafanzeige und trifft einzelfallbezogen und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes weitere strafprozessuale Maßnahmen, wie z. B. erkennungsdienstliche Behandlung, Sicherstellung von Beweismitteln, Vernehmung, Durchsuchung sowie vorläufige Festnahme zur Sicherung des Strafverfahrens. Ferner informiert die Polizei die zuständige Ausländerbehörde, damit diese die entsprechende ausländerrechtliche Maßnahme einleiten kann.

In Zusammenhang mit der Einschulung wird der Aufenthaltsstatus der Schülerinnen, Schüler und Eltern nicht erfasst, da davon die Schulpflicht nicht abhängig ist und die Erhebung gemäß der Verordnung über die zur Verarbeitung zugelassenen Daten von Schülerinnen, Schüler und Eltern (VO-DV I) nicht zulässig ist.

  1. Die Subsidiarität kann Unübersichtlichkeit und die mangelhafte Durchsetzung des Melderechts begünstigen. Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um eine Kontrolle über die tatsächlichen Aufenthaltszahlen ausländischer Bürger im Land zu bekommen?

Wer eine Wohnung bezieht, ist gemäß § 17 des Bundesmeldegesetzes (BMG) verpflichtet, sich anzumelden. Erlangt die Meldebehörde davon Kenntnis oder liegen ihr Anhaltspunkte vor, dass das Melderegister unrichtig ist, hat sie gemäß § 6 BMG von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln und das Melderegister zu berichtigen. Auch sind alle öffentlichen Stellen, die Empfänger regelmäßiger Datenübermittlungen sind, gemäß § 6 Abs.2 BMG verpflichtet, die Meldebehörden zu unterrichten, wenn ihnen Hinweise zur Unvollständigkeit der Datenübermittlung vorliegen. Die Schulverwaltungsbehörden und die Schulaufsichtsbehörden erhalten regelmäßige Datenübermittlungen. Auf die Verpflichtung wird regelmäßig durch das Ministerium des Innern hingewiesen.

  1. Wie soll künftig sichergestellt werden, dass Asylbewerber nach einer Ablehnung ihres Antrags durch das BAMF oder nach abgelaufener Duldung, nicht einfach untertauchen?

Die Landesregierung hat durch Erlass vom 28.12.2016 sichergestellt, dass die zuständigen Behörden die ausländerrechtlichen Möglichkeiten der Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung und zur Festnahme von Personen unbekannten Aufenthaltes konsequent und frühestmöglich ausschöpfen. Darüber hinaus werden An- und Abwesenheiten in den Landesunterbringungseinrichtungen erfasst. Das Untertauchen einzelner Asylbewerber kann dennoch rechtlich und faktisch zu keinem Zeitpunkt des Asylverfahrens sicher ausgeschlossen werden.

  1. Da untergetauchte Personen keine Sozialleistungen beziehen können, besteht ein erhebliches Risiko, dass diese Personen in die Kriminalität abrutschen. Mit welchen Maßnahmen plant die Landesi.egierung untergetauchte Personen in NRW aufzuspüren.

Stellt die Ausländerbehörde fest, dass eine Person untergetaucht ist, informiert sie die Polizei. Der Vermisste wird dann bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben.

Die Fahndung nach Personen und die Vollstreckung von Haftbefehlen gehören zu den polizeilichen Kernaufgaben und obliegen allen Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen. Ziel der Fahndung ist die Festnahme von Personen, die sich der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug anderer freiheitsentziehender oder -beschränkender Anordnungen von Justiz- oder Verwaltungsbehörden entzogen haben. In den Kreispolizeibehörden wird die Aufgabe „Fahndung“ in den dortigen Direktionen Kriminalität zentral wahrgenommen. Alle Haftbefehle werden unter Einbeziehung kriminalfachlicher und einsatzorientierter Aspekte hinsichtlich insoweit gebotener Fahndungs- und Ermittlungsmaßnahmen zu gesuchten Personen bewertet.

Zur Erhöhung des Fahndungs- und Kontrolldrucks führen die Polizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen darüber hinaus mehrmals im Jahr grenz- und länderüberschreitende Fahndungs- und Kontrolltage auch unter Beteiligung externer Behörden durch. Durch die Einführung des Instruments der Strategischen Fahndung in das Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen wird die Landesregierung den Fahndungs- und Kontrolldruck auf flüchtige Personen weiter intensivieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Stamp