Kleine Anfrage 1531
der Abgeordneten Andreas Keith und Zacharias Schalley vom 15.03.2023
Illegaler Tierhandel in Nordrhein-Westfalen (2020–2023)
Mehr als tausend Spinnen- und Skorpionarten werden einer aktuellen Analyse zufolge gehandelt – meistens unkontrolliert und mit falschen Herkunftszertifikaten. Gut zwei Drittel der verkauften Tiere seien vermutlich Wildfänge, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachmagazin „Communications Biology“. Viele der Spezies könnten aus bedrohten Beständen stammen, nur zwei Prozent unterliegen den internationalen Handelsbestimmungen.
Eine Analyse von internationalen Verkaufslisten und Webseiten ergab insgesamt 1264 gehandelte Arten, 993 davon (79 Prozent) fand das Fachteam ausschließlich online und nicht in Handelsdatenbanken. Vermutlich befeuere die Möglichkeit, Jungtiere und auch ausgewachsene Exemplare per Post verschicken zu können, den Onlinehandel, heißt es in der Studie.1
Am häufigsten tauchten mit 903 Arten Spinnen in der Suche auf, gefolgt von Skorpionen mit 350 Arten und Geißelskorpionen mit 11 Arten. Von der Gruppe der Taranteln gelangten die Hälfte aller bekannten Arten in den Handel.
Viele der gehandelten Tiere stammten aus Ländern, in denen sie nicht heimisch seien, so die Fachleute. So sei etwa von der Hälfte aller angeblich aus Chile importierten Arten nicht bekannt, dass sie dort vorkommen. Das deute entweder auf mangelnde Kenntnis der Verbreitung einzelner Arten hin – oder auf die Verschleierung der Herkunft, um etwa strengere Handelsbeschränkungen einzelner Länder zu umgehen.2
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie viele Fälle des illegalen Handels mit Tieren sind der Landesregierung seit dem Jahre 2020 bekannt geworden? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren und der biologischen Taxonomie)
- Wie viele der unter Frage 1 genannten Fälle wurden mit einem Bußgeld geahndet? (Bitte aufschlüsseln nach Höhe des Bußgeldes und Tiergattung)
- Wie viele sehr giftige Tiere wurden seit 1. September 2022 von Personen in Nordrhein-Westfalen trotz des Verbots gemäß GiftTierG NRW erworben?
- Inwieweit hilft das GiftTierG NRW dabei, den Handel mit illegalen exotischen Tieren zu beschränken?
- Wie viele Fälle des illegalen Welpenhandels sind der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen seit 2018 bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)
Andreas Keith
Zacharias Schalley
1 https:// www .nature.com/articles/s42003-022-03374-0
Die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1531 mit Schreiben vom 20. April 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, dem Minister der Justiz und dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verbraucherschutz beantwortet.
- Wie viele Fälle des illegalen Handels mit Tieren sind der Landesregierung seit dem Jahre 2020 bekannt geworden? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren und der biologischen Taxonomie)
- Wie viele der unter Frage 1 genannten Fälle wurden mit einem Bußgeld geahndet? (Bitte aufschlüsseln nach Höhe des Bußgeldes und Tiergattung)
Die Fragen 1 und 2 werden wegen des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Da die Fragestellung den Handel mit Tieren in seiner Gänze umfasst, dieser aber verschiedenen Rechtsgrundlagen unterworfen ist, wird nachfolgend getrennt nach den Bereichen Tierschutz und Artenschutz geantwortet. Dementsprechend sind den Anlagen 1 bis 4 tierschutzbezogene und den Anlagen 5 und 6 artenschutzbezogene Daten zu entnehmen.
Tierschutz:
Nach § 11 Abs.1 Nr. 8 lit. b Tierschutzgesetz (TierSchG) bedarf der Erlaubnis, wer gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handeln will. Unter einem illegalen Handel wird daher ein gewerbsmäßiger Handel mit Wirbeltieren verstanden, der ohne die erforderliche Erlaubnis durchgeführt wird. Die berichteten Zahlen beziehen sich somit auf Fälle, in denen nachgewiesen werden konnte, dass ein erlaubnispflichtiger Handel ohne die entsprechende tierschutzrechtliche Erlaubnis vorlag. Die nachgefragten Daten sind den Anlagen 1 bis 4 zu entnehmen.
Artenschutz:
Der Handel mit Tieren wildlebender Arten ist stets unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, ob und inwieweit diese artenschutzrechtlichen Vorschriften unterliegen. Zu den besonders geschützten Arten zählen nach § 7 Absatz 2 Nummer 13 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) die
a) Tierarten, die in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1) aufgeführt sind,
b) nicht unter Buchstabe a fallende
c) Tierarten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt sind, bb) europäische Vogelarten,
d) Tierarten, die in Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) aufgeführt sind.
Sofern jemand Tiere der besonders geschützten Arten erwirbt, finden die für alle besonders geschützten Arten geltenden Nachweispflichten für den rechtmäßigen Erwerb der Tiere Anwendung. Ein Handel – und damit auch der Besitz und die Haltung – ist nur dann zulässig, wenn für jedes einzelne Tier die rechtmäßige Herkunft, z. B. die rechtmäßige Zucht oder die rechtmäßige Einfuhr, nachgewiesen werden kann. Die im Artenschutzvollzug zentrale Vorschrift ist der Nachweis der Besitzberechtigung sowie der legalen Vermarktung nach § 46 BNatSchG.
Kann der Nachweis der Besitzberechtigung nicht erbracht werden, kann die Vollzugsbehörde die Tiere nach § 47 BNatSchG im so genannten „objektiven Verfahren“ beschlagnahmen oder einziehen. Diese Maßnahme hat keinen Sanktionscharakter. Ziel der Regelung ist vielmehr, illegale Exemplare dem Wirtschaftsverkehr zu entziehen. Hierbei sind auch zahlreiche Sonderfälle zu berücksichtigen, bei denen der Nachweis der Besitzberechtigung mangels geeigneter Unterlagen, Dokumente und Bescheinigungen fehlt bzw. nicht erbracht werden kann. Diese Fälle betreffen zahlreiche Fundtiere (insbesondere Landschildkröten), Tiere aus Erbschaften (z.B. Pelzmäntel, Elfenbein-Schnitzereien, Tierpräparate) sowie Tiere mit einer sehr hohen Lebenserwartung (z.B. Papageien).
Im Bereich des Artenschutzes sind die in den Anlagen 5 und 6 aufgeführten Fälle mit Einziehungen aus den Jahren 2020 und 2021 erfolgt. Zu der Auflistung ist darauf hinzuweisen, dass diese in Bezug auf den Umfang des illegalen Handels nur bedingt aussagekräftig ist. Die Auflistung enthält auch die zahlreichen Fälle, in denen es den Tierhalterinnen und -haltern nicht möglich war, den Nachweis der Besitzberechtigung zu erbringen.
Im Bereich des Artenschutzes wurden die folgenden Fälle mit einem Bußgeld geahndet (eine Aufschlüsselung liegt nur in Bezug auf den Schutzstatus vor):
2020 | 2021 | |||
Grund | Vorgänge | Bußgelder | Vorgänge | Bußgelder |
Verstoß gegendas EG-Vermark-tungsverbot für Anhang A-Arten (Art. 8 (1) der VO (EG) 338/97) | 5 | 373,50 EUR | 4 | 235,- EUR |
Verstoß gegendas EG-Vermark-tungsverbot für Anhang B-Arten (Art. 8 (5) der VO (EG) 338/97) | 1 | 400,- EUR | 0 | 0 |
Für die Jahre 2022 und 2023 liegen der Landesregierung artenschutzseitig noch keine Zusammenfassungen vor.
- Wie viele sehr giftige Tiere wurden seit 1. September 2022 von Personen in Nordrhein-Westfalen trotz des Verbots gemäß GiftTierG NRW erworben?
Nach Auskunft des zuständigen Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz liegen keine Erkenntnisse vor, wonach seit dem 1. September 2022 Personen in Nordrhein-Westfalen trotz des Verbots gemäß GiftTierG NRW erworben hätten.
- Inwieweit hilft das GiftTierG NRW dabei, den Handel mit illegalen exotischen Tieren zu beschränken?
Zielsetzung des GiftTierG NRW ist die Abwehr von Gefahren vor sehr giftigen Tieren. Durch das Verbot der Abgabe bestimmter giftiger, in § 2 Abs. 1 GiftTierG NRW aufgelisteter Tiere an private Haltungspersonen (§ 3 Abs. 1 GiftTierG NRW) und das Verbot der Neuanschaffung dieser Tiere (§ 4 Abs. 2 Satz 3 GiftTierG NRW) trägt das GiftTierG NRW in Bezug auf die Tierarten, die seinem Anwendungsbereich unterfallen, allerdings indirekt dazu bei, insoweit auch den Handel mit exotischen, artgeschützten Tieren zu beschränken.
- Wie viele Fälle des illegalen Welpenhandels sind der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen seit 2018 bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)
Seit 2018 sind insgesamt 316 Fälle des illegalen Welpenhandels bekannt geworden. Die Fallzahlen der jeweiligen Jahre sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 |
29 | 34 | 61 | 107 | 69 | 16 |
Wie bereits ausgeführt, wurden auch hier nur Daten von Fällen berücksichtigt, in denen keine entsprechende tierschutzrechtliche Erlaubnis vorgelegen hat.