Immer mehr Unternehmen sind zahlungsunfähig

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 555
des Abgeordneten Markus Wagner vom 13.10.2022

 

Immer mehr Unternehmen sind zahlungsunfähig

Wie Spiegel Online mit Bezug auf Aussagen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform berichtet, sind immer mehr Unternehmen in Deutschland von einer Insolvenz bedroht. Vor allem steigende Energiekosten, aber auch Löhne und Kreditzingsen führen dazu, dass Unternehmen ihre Rechnungen mit Verzögerung oder überhaupt nicht mehr begleichen. Die Zahl der überfälligen Rechnungen belaufe sich derzeit mittlerweile auf mehr als zwei Millionen, die der Unternehmen, die deutlich verspätet zahlten, auf rund 280.000. „Das Ausfallrisiko bei Unter-nehmen steigt derzeit fast wöchentlich“, so der Leiter der Wirtschaftsforschung von Credit-reform, Patrik-Ludwig Hantzsch.1 Insbesondere die Baubranche sei davon betroffen, was „insofern bemerkenswert“ sei, „als dass sie bislang in der Coronapandemie ein Konjunkturmotor war“.2 Auch wenn er momentan noch keine „Insolvenzwelle“ erwarte, so gehe er davon aus, „dass wir im ersten Quartal 2023 dann einen starken Anstieg der Insolvenzen in Deutschland sehen werden“.3

Alleine im September 2022 stieg die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im Vergleich zum Vorjahresmonat um 34 Prozent auf 762. Nach Meinung des Experten Steffen Müller, Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsforschung Halle, wird „die Zahl der Insolvenzen in den nächsten Monaten weiter spürbar ansteigen“. Erschreckend komme hinzu, dass es basierend auf Untersuchungen des Industrieverbands BDI mittlerweile für 34 Prozent der Betriebe um die Existenz ginge.4

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele der bundesweit mehr als 2,1 Millionen überfälligen Rechnungen entfallen auf Unternehmen und Betriebe in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Branche aufschlüsseln.)
  2. Wie viele Personen- und Kapitalgesellschaften in Nordrhein-Westfalen haben seit 2020 Insolvenz angemeldet? (Bitte nach Monat, Branche und betroffenen Arbeitsplätzen aufschlüsseln.)
  3. Wie viele Privatinsolvenzen gab es in NRW von 2020 bis heute? (Bitte nach Monat und Jahr aufschlüsseln.)
  4. Mit welchen Insolvenzzahlen rechnet die nordrhein-westfälische Landesregierung in den kommenden sechs Monaten? (Bitte nach Branche und Anzahl aufschlüsseln.)
  5. Welche kurzfristigen Unterstützungshilfen – abweichend von den von der Bundesregierung erlassenen Entlastungspaketen – will das Land insolvenzbedrohten Personen- und Kapitalgesellschaften in Nordrhein-Westfalen anbieten?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. h t tp s : // w ww . sp i eg e l. d e/wirtschaft/unternehmen/daten-von-creditreform-zahlungsmoral-in-wirtschaft-sinkt-von-woche-zu-w o c h e- a- c 43 4 09 05 -eee4-425a-bff3-fbb63d10e75d.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.


Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 555 mit Schreiben vom 9. November 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.

  1. Wie viele der bundesweit mehr als 2,1 Millionen überfälligen Rechnungen entfallen auf Unternehmen und Betriebe in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Branche auf­schlüsseln.)

Dazu liegen der Landesregierung keine exakten Daten vor.

  1. Wie viele Personen- und Kapitalgesellschaften in Nordrhein-Westfalen haben seit 2020 Insolvenz angemeldet? (Bitte nach Monat, Branche und betroffenen Arbeits­plätzen aufschlüsseln.)

Laut IT.NRW sind bei nordrhein-westfälischen Insolvenzgerichten im Jahr 2020 über alle Un­ternehmensrechtsformen hinweg insgesamt 4.353, im Jahr 2021 insgesamt 3.950 und im Jahr 2022 bis einschließlich Juli insgesamt 2.094 Insolvenzverfahren eröffnet worden. Seit 2020 sind somit in Nordrhein-Westfalen rund 10.400 Verfahren bei Unternehmensinsolvenzen er­öffnet worden.

  1. Wie viele Privatinsolvenzen gab es in NRW von 2020 bis heute? (Bitte nach Monat und Jahr aufschlüsseln.)

Laut IT NRW sind bei nordrhein-westfälischen Insolvenzgerichten für Verbraucherinnen und Verbraucher im Jahr 2020 insgesamt 10.147, im Jahr 2021 insgesamt 20.506 und im Jahr 2022 bis einschließlich Juli insgesamt 10.169 Insolvenzverfahren eröffnet worden. Seit 2020 sind somit in Nordrhein-Westfalen rund 40.800 Verfahren bei Verbraucherinsolvenzen eröffnet worden.

Von 2020 auf 2021 hat ein deutlicher Anstieg bei den Verbraucherinsolvenzen stattgefunden. Seit dem 1. Oktober 2020 kann in Deutschland die Restschuldbefreiung bereits in drei statt sechs Jahren nach Insolvenzeröffnung erreicht werden.

  1. Mit welchen Insolvenzzahlen rechnet die nordrhein-westfälische Landesregierung in den kommenden sechs Monaten? (Bitte nach Branche und Anzahl aufschlüs­seln.)

Aktuell befinden sich die Insolvenzzahlen, insbesondere bei den Unternehmensinsolvenzen, auf einem niedrigen Niveau. Eine verlässliche Prognose für die Insolvenzzahlen liegt der Lan­desregierung nicht vor.

  1. Welche kurzfristigen Unterstützungshilfen abweichend von den von der Bundes­regierung erlassenen Entlastungspaketen will das Land insolvenzbedrohten Personen- und Kapitalgesellschaften in Nordrhein-Westfalen anbieten?

Zu Beginn der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen auf die Finanzierungsunterstüt­zung im Rahmen der Bürgschaftsbank NRW und des Landesbürgschaftsprogramms zurück­gegriffen. Diese Unterstützungsinstrumente stehen dauerhaft zur Verfügung und leisten neben dem Ermöglichen von Investitionsfinanzierungen auch einen wichtigen Beitrag dazu, Unter­nehmen über die Absicherung von Betriebsmittelfinanzierungen bei den Kreditinstituten durch wirtschaftlich schwierige Zeiten zu bringen. Darüber hinaus steht die landeseigene Förderbank NRW.BANK den Unternehmen als kompetente Finanzierungspartnerin zur Seite.

Auf die Presseinformation – 838/11/2022 zur Ergänzungsvorlage zum Haushaltsplanentwurf 2023 und auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 454 des Abgeordneten André Stinka der Fraktion der SPD „Ministerin Mona Neubaur stellt Entlastungspakete in Aus­sicht – was plant das Land?“ (LT-Drs. 18/1434) wird hingewiesen.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Markus Wagner