In welche Unternehmen darf der Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen investieren?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1421

des Abgeordneten Dr. Hartmut Beucker vom 14.02.2023

In welche Unternehmen darf der Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen investieren?

Der Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen zur Finanzierung zukünftiger Beamtenpensionen darf nach den diesbezüglichen Anlagerichtlinien in Aktien und Anleihen investieren. Darunter fällt auch ein Verbot von Investitionen in Unternehmen der Rüstungsindustrie. Darüber hinaus erfolgt auch die Einbeziehung sogenannter Nachhaltigkeitskriterien (ESG-Score) bei der Entscheidung über eine Investition.1

Die neue Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, dass der Pensionsfonds auf Investitionen in Unternehmen verzichten soll, deren Geschäftsmodell auf der Gewinnung bzw. Verwertung von fossilen Brennstoffen beruht. Mit dieser „fossil free“ Investitionsstrategie sollen finanzielle Risiken aus fossilen Geschäftsmodellen vermieden und reduziert werden. Dieser Ausstieg erfolgte bis zum Dezember des Jahres 2022. Der Ausstieg aus Investitionen in Unternehmen, die im Bereich Kernenergie tätig sind, hat bereits im Jahre 2019 stattgefunden.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. In welchen Branchen darf der Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen nicht investieren?
  2. In welche Unternehmen aus folgenden Indizes: DAX, MDAX, TecDAX, SDAX, EURO STOXX 50, STOXX 50, Dow Jones, NASDAQ 100, FTSE 100, CAC 40, NIKKEI, Hang Seng darf der Pensionsfonds nicht mehr investieren? (Dabei bitte ich um eine Unterscheidung zwischen den Investitionen in Aktien und Anleihen. Darüber hinaus bitten wir um eine Begründung.)
  3. Hält die Landesregierung, auch vor dem Hintergrund der unserer Öffentlichkeit zuletzt deutlich vor Augen geführten Systemrelevanz der Rüstungsindustrie, Investitionen in Unternehmen der Rüstungsindustrie mit Hauptsitz in den Ländern von NATO-Partnern für ethisch vertretbar?
  4. Welche Verwaltungskosten z.B. Handelsgebühren sind dem Pensionsfonds durch Umschichtungen in den letzten fünf Jahren entstanden, die in Folge der Beachtung irgendwelcher neuer Nachhaltigkeitskriterien erfolgt sind? (Bei der Beantwortung dieser Frage bitte ich insbesondere darum, dass die Kosten für den Ausstieg aus den Investitionen in der Kernenergie, des „fossil free“ Projekts des Koalitionsvertrages, aber auch entsprechend anderen Nachhaltigkeitskriterien ausgewiesen werden.)
  5. Welche Veränderungen plant die Landesregierung bei den Anlagekriterien des Pensionsfonds?

Dr. Hartmut Beucker

 

Anfrage als PDF

 

1 Htt p s: / /www. F i n a n z verwaltung.nrw.de/nrw – inves tiert-m i t t e l-des-pensions f o n d s – kuenftig-nach haltig-und-f air abgerufen am 08 .02 .20 23

2 Vgl. Vorlage 18/352


Der Minister der Finanzen hat die Kleine Anfrage 1421 mit Schreiben vom 10. März 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. In welchen Branchen darf der Pensionsfonds des Landes NordrheinWestfalen nicht investieren?

Wertpapiere (§ 6 Absatz 4 PFoG) von Emittenten mit ethisch oder ökologisch besonders prob­lematischen Geschäftspraktiken dürfen vom Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen nicht erworben werden. Aktien und Anleihen sind vom Erwerb ausgeschlossen, wenn deutliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass für den Emittenten einer oder mehrere der nachfolgenden Tatbestände vorliegen (vgl. Abschnitt 4 der Allgemeinen Anlagerichtlinien vom 18.07.2019, MBl. NRW. S. 306):

a) eindeutige Verstöße gegen die in den Prinzipien des UN Global Compact niedergelegten Grundsätze verantwortungsvoller Unternehmensführung in den Bereichen Menschen­rechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung,

b) Herstellung kontroverser Waffen (Streubomben, Landminen, ABC-Waffen),

c) Produktion von Atomenergie oder von spezifischen Komponenten von Atomkraftwerken, falls der Umsatz aus diesen Geschäften 5 Prozent vom Gesamtumsatz des Emittenten überschreitet, es sei denn, die Umsatzanteile des Emittenten im Bereich erneuerbare Energien übersteigen diejenigen aus der Produktion von Atomenergie bzw. von spezifi­schen Komponenten von Atomkraftwerken und es liegt eine nachweisbare Unterneh­mensstrategie zum Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energiequellen vor.

2. In welche Unternehmen aus folgenden Indizes: DAX, MDAX, TecDAX, SDAX, EURO STOXX 50, STOXX 50, Dow Jones, NASDAQ 100, FTSE 100, CAC 40, NIKKEI, Hang Seng darf der Pensionsfonds nicht mehr investieren? (Dabei bitte ich um Unter­scheidung zwischen den Investitionen in Aktien und Anleihen. Darüber hinaus bit­ten wir um eine Begründung.)

Für Aktienanlagen des Pensionsfonds kommen nur Unternehmen in Betracht, die dem Refe-renzindex STOXX Global 1800 angehören, ihren Sitz in der Eurozone, USA, Kanada, Japan, Australien, Schweiz oder dem Vereinigten Königreich haben und von der Fa. Stoxx Ltd. für die von den Ländern Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen entwi­ckelten, nachhaltigen Aktienindizes „ESG Länder Eurozone fossil free“ und „ESG Länder World ex Eurozone fossil free“ ausgewählt wurden. Die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem der in der Frage genannten Indizes spielt dabei keine Rolle. Eine Liste der aktuell in die nachhaltigen Aktienindizes aufgenommenen Unternehmen ist der Antwort beigefügt (Anlage 1, dort ab Seite 12).

Im Bereich Unternehmensanleihen liegt die Auswahl zulässiger Titel in der Verantwortung der Fa. ODDO BHF Asset Management GmbH als aktivem Vermögensverwalter. Im Hinblick auf Ausschlüsse gelten dieselben Anforderungen wie im Aktienbereich. Eine Liste der aktuell im Bestand befindlichen Unternehmensanleihen ist der Antwort beigefügt (Anlage 2).

  1. Hält die Landesregierung, auch vor dem Hintergrund der unserer Öffentlichkeit zuletzt deutlich vor Augen geführten Systemrelevanz der Rüstungsindustrie, In­vestitionen in Unternehmen der Rüstungsindustrie mit Hauptsitz in den Ländern von NATO-Partnern für ethisch vertretbar?

Investitionen in Wertpapiere von Emittenten, die kontroverse Waffen herstellen, sind für den Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen (vgl. Abschnitt 4 Buchst. b) der Allgemeinen Anlagerichtlinien). Unternehmen der Rüstungsindustrie, die keine kontrover­sen Waffen herstellen, werden von dem Ausschluss nicht erfasst.

  1. Welche Verwaltungskosten z.B. Handelsgebühren sind dem Pensionsfonds durch Umschichtungen in den letzten fünf Jahren entstanden, die in Folge der Beach­tung irgendwelcher neuer Nachhaltigkeitskriterien erfolgt sind? (Bei der Beant­wortung dieser Frage bitte ich insbesondere darum, dass die Kosten für den Aus­stieg aus den Investitionen in der Kernenergie, des „fossil free“ Projekts des Ko­alitionsvertrages, aber auch entsprechend anderen Nachhaltigkeitskriterien aus­gewiesen werden.)

Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor, da Verwal­tungskosten oder Handelsgebühren, die im Zusammenhang mit Umschichtungen entstehen, nicht separat erfasst werden.

Die Höhe der insgesamt in den letzten fünf Jahren entstandenen Kosten geht aus den Jahres­berichten des Pensionsfonds hervor. Sie können auf der Homepage des Landtags abgerufen werden:

Berichtsjahr Landtags-Vorlage Fundstelle
2017 17/989 h t tp s :/ / w w w . la nd t a g . n r w .d e / p o r t a l /WWW/dokumen-tenarchiv/Dokument/MMV17-989.pdf
2018 17/2160 h t t ps : // w ww .l a nd t a g . n r w . de/portal/WWW/dokumentenar-chiv/Dokument/MMV17-2160.pdf
2019 17/3534 h t t p s: / /w w w . l an d t ag.nrw.de/portal/WWW/dokumen-tenarchiv/Dokument/MMV17-3534.pdf
2020 17/5493 h t tp s :/ / w w w .lan d t ag .nrw.de/portal/WWW/dokumen-tenarchiv/Dokument/MMV17-5493.pdf
2021 18/352 h t t p s: / / www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumen-tenarchiv/Dokument/MMV18-352.pdf

 

Der Bericht für 2022 wird voraussichtlich im Sommer 2023 veröffentlicht.

  1. Welche Veränderungen plant die Landesregierung bei den Anlagekriterien des
    Pensionsfonds?

Die nachhaltigen Aktienindizes werden demnächst an den europäischen Standard für klima­neutrale Finanzanlagen gemäß VO (EU) 2020/1818, sog. Paris-abgestimmter EU-Referenz-wert (Paris Aligned Benchmark – PAB) angepasst.

Die Vorgaben der EU-Verordnung zum Ausschluss fossiler Energie orientieren sich an Min­deststandards, die nach Maßgabe des Sonderberichts „1,5-Grad globale Erwärmung“ des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC 2018) mit einer Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels bis 2050 noch vereinbar sind.

Der PAB-Standard macht es außerdem erforderlich, Unternehmen auszuschließen, die im Be­reich Tabakherstellung tätig sind oder denen schwerwiegende Beeinträchtigungen der 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 oder der Umweltziele der EU-Taxonomie vorzuwer­fen sind.

Für Unternehmensanleihen gelten auch nach der Umstellung auf den PAB-Standard dieselben Nachhaltigkeitsanforderungen wie für Aktien.

 

Antwort samt Anlage als PDF