In welchem Umfang war Staatssekretärin Güler in die Vergabe der Crossmedia-Kampagne „Einwanderungsland NRW – Gesichter der Integration“ involviert?

Kleine Anfrage
vom 01.04.2021

Kleine Anfrage 5260der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky vom 01.04.2021

 

In welchem Umfang war Staatssekretärin Güler in die Vergabe der Crossmedia-Kampagne „Einwanderungsland NRW – Gesichter der Integration“ involviert?

Einem Pressebericht zufolge war die Staatssekretärin im MKFFI, Serap Güler, anscheinend doch wesentlich umfangreicher als bisher angenommen in die Vergabe einer Crossmedia-Kampagne involviert. „Verhalf die Staatssekretärin einer CDU-Freundin zu einem lukrativen Auftrag?“, heißt es in einem Artikel, der vor dem Hintergrund früherer Skandale die aktuelle Affäre beleuchtet.1

Im aktuellen Fall geht es um die Vergabeentscheidung des im Rahmen der Crossmedia-Kampagne „Einwanderungsland NRW – Gesichter der Integration“ im Umfang von 489.610 Euro. Nach Aussage des Integrationsministers, Dr. Joachim Stamp, erfolgte die Vergabe nach einem Auswahlverfahren an den Bewerber mit dem besten Angebot. Wie eine Fragestunde im Landtag allerdings ergeben hat, traf sich der Integrationsminister einen Monat vor der Ausschreibung der Kampagne mit der späteren Auftragnehmerin zu einem Abendessen. Nach Aussage des Ministers ging es dabei nicht um das Vergabeverfahren.

Bezüglich möglicher privater Kontakte zwischen der Staatssekretärin und der Geschäftsführerin einer Kommunikationsagentur, wollte sich der Minister nicht äußern. Frau Güler war nach Aussage des Ministers nicht in die Entscheidungsfindung eingebunden, was merkwürdig erscheint, da sie für den Bereich „Integration“ im MKFFI zuständig ist und maßgeblich in die spätere Kampagne involviert war. Die Letztentscheidung habe stattdessen Staatssekretär Bothe getroffen.

Merkwürdig war bei dieser Gelegenheit zudem die Enthüllung, dass in den sozialen Medien ein Foto der Geschäftsführerin und dem Minister mit dem Untertitel „Klüngel auf hohem Niveau“ existiere. Zudem seien die Geschäftsführerin und der Minister seit 2014 miteinander bekannt.2

Wie jüngsten Erklärungen aus dem Umfeld der CDU Köln entnommen werden kann, war die Staatssekretärin Frau Güler möglicherweise wesentlich tiefer in die Auftragsvergabe eingebunden. So wurde bekannt, dass es sich bei der Geschäftsführerin nicht nur um ein Mitglied der CDU Köln handelt, sondern auch um eine langjährige enge Freundin der Staatssekretärin.

Dies sei durch CDU-Mitglieder und zahlreiche Bilder bestätigt worden. Im Jahre 2017 soll die Agentur nach eigenen Angaben bereits für die Landtagswahlkampagne von Frau Güler verantwortlich gewesen sein. Die Frage, ob sie indirekt oder von außen einen Einfluss auf die Auswahl hatte, sei nicht geklärt.

Wie die Recherchen im Umfeld der CDU Köln ergeben haben, gab es Widerstände gegen die Kandidatur Serap Gülers für den Deutschen Bundestag im Wahlbezirk Köln/Leverkusen. Sie stehe ausschließlich für das Thema Zuwanderung und Migration. Ihre „linkspolitische Affinität“ wurde scharf kritisiert. Zusätzlich gäbe es, nach Aussage des CDU-Vorstands Köln-Mülheim, ein „Anbiedern bei linksökologischen Gruppen und Milieus.“ Man wolle sich „diese Erfahrungen“ ersparen.1

Bereits in der Vergangenheit ist die Staatssekretärin aufgefallen. Zuletzt beteiligte sie sich zusammen mit dem Integrationsminister, Dr. Joachim Stamp, an einer Kampagne der Organisation CLAIM zum Thema „Antimuslimischer Rassismus“.

Wie eine Anfrage der AfD ergeben hat, gibt es bei drei Mitgliedsorganisationen im CLAIM-Netzwerk Anhaltspunkte für Bezüge zur Muslimbruderschaft.3

Bis Anfang August 2019 unterstützte Frau Güler die Initiative „Speisen für Waisen“ der Wohltätigkeitsorganisation „Islamic Relief“. Erst nachdem sich der öffentliche Druck erhöhte, ging sie auf Abstand.4

Im Jahre 2014 intervenierte Serap Güler, in ihrer damaligen Funktion als stellvertretende Vorsitzende des Deutsch-Türkischen-Forums der CDU-NRW (DTF) in einem Schreiben an Peter Preuß (MdL) wegen eines in die Länge gezogenen Parteiaufnahmeverfahrens.5

Vor ihrer Zeit als Staatssekretärin fallen insbesondere die Beziehungen zum „Deutsch-Türkischen Forum (DTF)“, der „Union der Vielfalt (UdV)“ und dem „Landesfachausschuss Integration und Vielfalt“ ins Auge.6 Wie aus dem 132-seitigem Schriftstück mit der Überschrift „Einfluss türkisch-islamischer Lobby-Organisationen auf die Politik der deutschen Parteien“, welches ein Gronauer CDU-Politiker verfasst hatte, hervorgeht, wurden seinerzeit mehrere islamistisch beeinflusste Gruppierungen dem DTF/ der UdV zugeordnet.7 Tragende Mitglieder der UdV waren u.a. Cemile Giousouf8, die aktuelle Leiterin der Fachabteilung in der Bundeszentrale für politische Bildung sowie als stellvertretendes Vorstandsmitglied (Stand 31.01.2014) die derzeitige Staatssekretärin im Integrationsministerium, Serap Güler.

Kosten/ Nutzen der Kampagne #IchDuWirNRW

Ein Ziel der Kampagne #IchDuWirNRW war es, die interkulturelle Öffnung des öffentlichen Dienstes zu fördern. Wie eine Kleine Anfrage ergeben hat lässt sich der Erfolg der Kampagne nicht messen, was bereits an der fehlenden Ermittlung belastbarer Zahlen zum Anteil von Beschäftigten mit Einwanderungsgeschichte im öffentlichen Dienst scheitert.9 Auffällig auf der Ausgabenseite war vor diesem Hintergrund eine Sonderplakatierung noch im „Coronasommer“ 2020 mit Ausgaben in Höhe von 251.429 Euro. Ein weiterer Schwerpunkt der Kampagne #IchDuWirNRW ist das Thema Einbürgerung.10 Auch hier stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Kampagne zu einem Anstieg von Einbürgerungen beitragen konnte.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche (außer den oben genannten) Treffen zwischen den Geschäftsführern von Kommunikationsagenturen und dem Integrationsminister Herrn Dr. Stamp sowie der Staatssekretärin Frau Güler gab es im Vorlauf der Vergabeentscheidung der Crossmedia-Kampagne „Einwanderungsland NRW – Gesichter der Integration“?
  2. Im Rahmen der Fragestunde am 27.01.2021 wollte sich der Integrationsminister – mit Bezug auf die Privatangelegenheit der Staatssekretärin – nicht zu möglichen Verbindungen Frau Gülers zur Geschäftsführerin einer Kommunikationsagentur äußern. Welche Bedeutung haben vor diesem Hintergrund die aufgeführten, aktuellen Enthüllungen aus dem Umfeld der CDU Köln?
  3. Nach eigener Aussage ist der Integrationsminister seit ungefähr 2014/2015 mit der Geschäftsführerin einer Kommunikationsagentur bekannt. Ein gemeinsames Bild mit dem Untertitel „Klüngel auf hohem Niveau“ wurde vom Integrationsminister lediglich als „Scherz“ bezeichnet.11 Mit welchen Dokumenten kann die Landesregierung eine mögliche Vorteilsnahme ausschließen? (Dokumente bitte als Anlage beifügen)
  4. Bis zu welchem Zeitpunkt plant die Landesregierung eine umfangreiche Evaluation der Kampagne #IchDuWirNRW, um basierend auf Kennzahlen über die Effizienz und Notwendigkeit einer Fortführung entscheiden zu können?

Gabriele Walger-Demolsky

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/naechste-cdu-affaere-nun-steht-laschet-vertraute-in-der-kritik/?fbclid=IwAR0QsrvH5SmhWplt9thOAuojiioZZqpYwyIQSq9iQaYmORbZvuabjwtVg-A

2 Vgl. Lt.-Protokoll 17/114 vom 27.01.2021

3 Vgl. Lt. Drucksache 17/12708

4 Vgl. https://www.waz.de/politik/nrw-politiker-unterstuetzten-umstrittenen-islam-verein-id226824239.html

5 Vgl. Lt. Drucksache 17/13132

6 Vgl. Lt. Vorlage 17/7940

7 Vgl. https://docplayer.org/37847013-Einfluss-tuerkisch-islamischer-lobby-organisationen-auf-die-politik-der-deutschen-parteien.html

8 Vgl. https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/naehe-zu-grauen-woelfen-cdu-lehnt-cdu-kandidatin-fuer-vize-posten-ab-59032982.bild.html#remId=1658238706568645278

9 Vgl. Lt.-Drucksache 17/10472

10 Vgl. https://ichduwir.nrw/einburgerung

11 Vgl. Lt.-Protokoll 17/114 vom 27.01.2021


Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 5260 mit Schreiben vom 28. April 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie dem Minister für Verkehr beantwortet.

  1. Welche (außer den oben genannten) Treffen zwischen den Geschäftsführern von Kommunikationsagenturen und dem Integrationsminister Herrn Dr. Stamp sowie der Staatssekretärin Frau Güler gab es im Vorlauf der Vergabeentscheidung der Crossmedia-Kampagne „Einwanderungsland NRW – Gesichter der Integration“?

Im Zusammenhang mit der Vergabeentscheidung der Crossmedia-Kampagne „Einwande­rungsland NRW – Gesichter der Integration“ gab es keine Treffen.

  1. Im Rahmen der Fragestunde am 27.01.2021 wollte sich der Integrationsminister – mit Bezug auf die Privatangelegenheit der Staatssekretärin – nicht zu möglichen Verbindungen Frau Gülers zur Geschäftsführerin einer Kommunikationsagentur äußern. Welche Bedeutung haben vor diesem Hintergrund die aufgeführten, aktu­ellen Enthüllungen aus dem Umfeld der CDU Köln?

Die Landesregierung bewertet keine internen Parteivorgänge.

  1. Nach eigener Aussage ist der Integrationsminister seit ungefähr 2014/2015 mit der Geschäftsführerin einer Kommunikationsagentur bekannt. Ein gemeinsames Bild mit dem Untertitel „Klüngel auf hohem Niveau“ wurde vom Integrationsminister lediglich als „Scherz“ bezeichnet. Mit welchen Dokumenten kann die Landesregie­rung eine mögliche Vorteilsnahme ausschließen? (Dokumente bitte als Anlage beifügen)

Zur Beantwortung wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 4845 vom 26.01.2021 (Landtags-Drs. 17/12475) sowie das Plenarprotokoll 17/114 vom 27.01.2021 zur Mündlichen Anfrage Nr. 91 verwiesen.

  1. Bis zu welchem Zeitpunkt plant die Landesregierung eine umfangreiche Evalua­tion der Kampagne #IchDuWirNRW, um basierend auf Kennzahlen über die Effizi­enz und Notwendigkeit einer Fortführung entscheiden zu können?

Die Kampagne #IchDuWirNRW wird bis zum Ende der Legislaturperiode fortgeführt. Danach obliegt es der Bewertung der Landesregierung, ob die Kampagne fortgesetzt wird.

 

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