Kleine Anfrage 5015des Abgeordneten Markus Wagner vom 18.02.2021
Informationsaustausch zwischen dem Innenministerium und der Stadt Düsseldorf bezüglich möglicher Bezüge zu Islamisten durch den Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM)
Am 4. Februar 2021 beschloss der Rat der Stadt Düsseldorf mehrheitlich eine jährliche Förderung in Höhe von 70.000 Euro für eine Koordinierungsstelle des KDDM. Das Aufgabenprofil soll dabei unter anderem umfassen:
- Koordinierung des ehrenamtlichen Engagements von ca. 33 muslimischen Gemeinden und Vereinen (Zielgruppe);
- Unterstützung der Zielgruppe bei der Professionalisierung ihres ehrenamtlichen Engagements;
- Vernetzung der Zielgruppe in die Stadtgesellschaft und die gesellschaftlichen Institutionen;
- Aufbau von nachhaltigen Strukturen von bürgerschaftlichem Engagement von Düsseldorfern muslimischen Glaubens;
- Ansprechpartner für muslimische Community, Stadtgesellschaft, Politik und Verwaltung in Sachen bürgerschaftliches Engagement;
- Förderung von Demokratie, Verständigung und Toleranz;
- Akquise von Weiterbildungsmaßnahmen in Integration, politischer Bildung und Organisationsentwicklung.
Wohl gestehen die Antragsteller in ihrem Antrag ein, dass das Spektrum der KDDM-Moschee-gemeinden und anderer muslimische KDDM-Organisationen von sehr konservativ bis sehr liberal reicht; eine Benennung von Bezügen zu „Milli Görüs“ oder zu anderen islamistischen Organisationen findet sich andererseits – trotz entsprechender Hinweise in der Presse – nicht.
Bereits am 25. Juni 2018 gab es auf Antrag der AfD-Fraktion einen schriftlichen Bericht des Innenministers im Innenausschuss. Darin hieß es seinerzeit, dass „nach hiesigen Erkenntnissen einzelne Mitglieder [des KDDM] über Kontakte ins legalistisch-islamistische Spektrum verfügen“. Der Innenminister kündigte an, dass die Landesregierung entsprechend reagieren werde, „sollte der KDDM zukünftig eine extremistische Ausrichtung erkennen lassen.“1
In der Antwort der Landesregierung auf einen Berichtswunsch der AfD-Fraktion zum Thema „Mutmaßliche Bezüge des Vorsitzenden des Integrationsrates in Mönchengladbach in den Islamismus“ wird von einem Gespräch zwischen dem Leiter der Abteilung Verfassungsschutz des Ministeriums des Innern und dem Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach zu Fragen des angesprochenen Sachverhalts berichtet.
Allgemein führte der Innenminister in seiner Antwort aus:
„An öffentliche Stellen, wie z.B. Kommunen, darf der Verfassungsschutz Informationen über Personen übermitteln, wenn die Stellen die Informationen für ihre Aufgabenwahrnehmung zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder für erhebliche Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigen. Dazu kann auch der Schutz der Funktionsfähigkeit einer Stadtverwaltung gehören. Der Informationsfluss zwischen dem Verfassungsschutz und den Kommunalverwaltungen ist damit gewährleistet.“2
Das wirft die Frage auf, ob es mit Blick auf den KDDM in der Vergangenheit nicht auch zu Gesprächen der Stadt Düsseldorf mit dem Innenministerium gekommen ist.
Einem Video der Ratssitzung vom 4. Februar 2021 kann entnommen werden, dass die Fraktionen von CDU, SPD/VOLT, den Grünen und „Tierschutz/Freie Wähler“ sowie der Partei „Klima“ für den Antrag gestimmt hatten. Die Fraktionen von AfD und FDP hatten dagegen gestimmt, die der Partei „Die Linke“ hatte sich enthalten.3 Der Antrag auf diese Förderung wurde von den Fraktionen von CDU und Grünen gestellt.4 Damit folgte die CDU einem Wahlversprechen der Grünen.5
Spätestens seit dem Jahre 2012 gibt es nach Informationen der WELT zudem direkte Kontakte zwischen der CDU Düsseldorf und dem KDDM.6
Damals habe der Vorsitzende des KDDM, Dr. Dalinc. D., seine Aufnahme in die CDU beantragt. Dabei habe er signalisiert, dass er nicht an dem Aussteiger- und Präventionsprogramm für Salafisten mitwirken werde. Zudem war bereits zum damaligen Zeitpunkt bekannt, dass zum KDDM nicht nur
„sanfte Sufigemeinden und milde Mazedonier- oder Bosniermoscheen gehören, sondern auch die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppe Milli Görüs und mindestens eine Moschee-gemeinde, die DVDs und CDs des salafistischen Predigers Pierre Vogel empfiehlt.“
Dr. Dalinc D. soll auch der Ditib angehören.
Zudem wurde berichtet, dass Dr. Dalinc D. als Rechtsanwalt für die salafistische Gruppierung „Einladung zum Paradies“ (EzP) tätig war, welche nach eigenen Informationen „eine orthodoxe und konservative Auffassung“ des Islam vertritt.
Das NRW-Innenministerium warnte bereits damals mehrfach, dass der Salafismus nicht konservativ sei, sondern verfassungsfeindlich, und dass er den „ideologischen Nährboden für islamistischen Terrorismus“ böte. Außerdem diagnostizierte das NRW-Innenministerium die „absolute Unvereinbarkeit von Salafismus und dem Demokratiemodell westlicher Prägung“. Laut Informationen der WELT stellte der Verfassungsschutz fest, dass der EzP-Verein einen „wichtigen Repräsentanten dieser Ideologie“ darstelle.
Fürsprache in Bezug auf die Mitgliedschaft von Dr. Dalinc D. in die CDU durch die Staatssekretärin im Integrationsministerium, Serap Güler:
In ihrer damaligen Funktion als stellvertretende Vorsitzende des Deutsch-Türkischen-Forums der CDU NRW (DTF) intervenierte Serap Güler am 31. Januar 2014 in einem Schreiben an Peter Preuß (MdL) wegen des anscheinend in die Länge gezogene Parteiaufnahmeverfahren von Dr. Dalinc D.. Dieser warte bereits seit fast eineinhalb Jahren auf einen positiven Bescheid und sei jetzt in den Kreisvorstand vorgeladen worden.
Man habe Herrn Dr. Dalinc D. im DTF als „zuverlässiges, engagiertes und mit den Werten unserer Partei verbundenes Mitglied kennengelernt“. Serap Güler führte aus:
„Darüber hinaus kenne ich Herrn Dr. D. seit Jahren auch persönlich und habe ihn in dieser Zeit schätzen gelernt. […] Als stellvertretende Vorsitzende des DTF NRW bitte ich Dich nachdrücklich, von dieser Art des Umgangs mit Herrn D. abzusehen – einen Umgang, den ich für eine Großstadtpartei auch nicht angemessen finde.“7
Ich frage daher die Landesregierung:
- In welcher Form gab es – ähnlich wie in einem anderen Fall in Mönchengladbach – Gespräche zwischen dem Leiter der Abteilung Verfassungsschutz des Ministeriums des Innern und dem Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf bezüglich möglicher islamistischer Bezüge des KDDM?
- In welchem Umfang hat es im Vorfeld der Entscheidung zur Förderung des KDDM im Düsseldorfer Stadtrat einen Informationsfluss zwischen dem Verfassungsschutz NRW und der Kommunalverwaltung Düsseldorf gegeben?
- Gibt es nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes NRW weiterhin Kontakte zwischen dem Vorsitzenden des KDDM, Dr. Dalinc. D., und der salafistischen Gruppierung „Einladung zum Paradies“ (EzP)?
- Wie bewertet die Landesregierung die anscheinende Nähe der Staatssekretärin Serap Güler zum Vorsitzenden des KDDM, Dr. Dalinc. D., insbesondere unter der Maßgabe, dass die bereits im Jahre 2014 in der WELT vorgebrachten Anschuldigungen zutreffen sollten?
- War bzw. ist die Anschuldigung zutreffend, dass die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppe „Milli Görüs (IGMG)“ Kontakte zum KDDM pflegt bzw. dort Mitglied ist?8
Markus Wagner
1 Vgl. Lt.-Vorlage 17/946
2 Vgl. Lt.-Vorlage 17/4645
3 Vgl. https://vunv1863.wordpress.com/2021/02/09/foerderung-fuer-den-kddm-beschlossen/
4 Vgl. https://ris-duesseldorf.itk-rheinland.de/sessionnetduebi/getfile.asp?id=400747&type=do
7 Vgl. Lt.-Drucksache 17/7940
8 Vgl. https://vereins.fandom.com/wiki/Kreis_der_D%C3%BCsseldorfer_Muslime
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5015 mit Schreiben vom 18. März 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet.
- In welcher Form gab es – ähnlich wie in einem anderen Fall in Mönchengladbach – Gespräche zwischen dem Leiter der Abteilung Verfassungsschutz des Ministeriums des Innern und dem Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf bezüglich möglicher islamistischer Bezüge des KDDM?
Es hat keine diesbezüglichen Gespräche gegeben.
- In welchem Umfang hat es im Vorfeld der Entscheidung zur Förderung des KDDM im Düsseldorfer Stadtrat einen Informationsfluss zwischen dem Verfassungsschutz NRW und der Kommunalverwaltung Düsseldorf gegeben?
Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz wurde in dieser Angelegenheit nicht konsultiert.
- Gibt es nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes NRW weiterhin Kontakte zwischen dem Vorsitzenden des KDDM, Dr. Dalinc. D., und der salafistischen Gruppierung „Einladung zum Paradies“ (EzP)?
Nein. Die Gruppierung „Einladung zum Paradies“ ist nach Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes nicht mehr existent.
- Wie bewertet die Landesregierung die anscheinende Nähe der Staatssekretärin Serap Güler zum Vorsitzenden des KDDM, Dr. Dalinc. D., insbesondere unter der Maßgabe, dass die bereits im Jahre 2014 in der WELT vorgebrachten Anschuldigungen zutreffen sollten?
Eine Bewertung der hier erbetenen Art ist der Landesregierung nicht möglich, weil Frau Güler im Jahr 2014 noch keine Staatssekretärin war.
- War bzw. ist die Anschuldigung zutreffend, dass die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppe „Milli Görüs (IGMG)“ Kontakte zum KDDM pflegt bzw. dort Mitglied ist?
Die IGMG als Dachverband ist kein Mitglied im KDDM. Nach der im Jahr 2018 veröffentlichten Mitgliederliste des KDDM war dort lediglich eine IGMG-Moscheegemeinde Mitglied; darüber, ob dies gegenwärtig noch der Fall ist, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.