Kleine Anfrage 4347
der Abgeordneten Markus Wagner und Dr. Hartmut Beucker AfD
International gesuchter Hells Angel gab Angriffe in Auftrag – Wie groß ist der Einfluss aus dem Ausland?
Zu Beginn des Jahres soll es in NRW zu zwei ähnlichen Überfällen gekommen sein, bei denen den Opfern aus einem Hinterhalt heraus in die Beine geschossen wurde. Vermutlich geschah dies, weil die Betroffenen ihre Schulden in der Drogenszene nicht tilgen konnten. Der erste dieser Vorfälle trug sich am 12. März dieses Jahres zu. Dabei soll der 39-jährige wegen gefährlicher Körperverletzung einsitzende T. während eines Freigangs mit vier Schüssen in beide Beine verletzt worden sein, als er mit seiner Freundin in ein Auto einsteigen wollte. Der Schütze soll auf einer Parkbank auf sein Opfer gewartet haben und nach BILD-Informationen für diesen gezielten Anschlag aus Marbella in Spanien eingeflogen worden sein. Er konnte fliehen, ohne identifiziert zu werden. Der zweite Fall geschah nur etwa zwei Monate später, am 22.05.2024. Dabei wurde der 49-jährige in Gremberg/Humboldt polizeibekannte Drogendealer V. durch einen Schuss in die Wade verletzt. Auch hier konnte der Täter fliehen, ohne erkannt zu werden.1
Derzeitigen Erkenntnissen zufolge sollen beide Taten miteinander in Verbindung stehen. Hintergrund soll ein Drogengeschäft sein, bei dem das erste Opfer und dessen Freund B., ein Ex-Bandidos-Mitglied, der wegen mehrerer Straftaten im Gefängnis einsitzt, den Rocker O. um mehrere Tausend Euro betrogen haben sollen. Da B. noch fest einsaß, soll nur auf dessen Freund Engin geschossen worden sein. Nachdem O., der unter dem Namen „Napoleon“ bekannt ist, auch einige Zeit nach dem Vorfall kein Geld bekam, soll er den Befehl gegeben haben, auf E‘s. Freund S zu schießen, der an der eigentlichen Sache nie beteiligt war. Auch nach dieser Aktion spitzte sich die Situation weiter zu und T. bekam eine Nachricht, in der ein Anschlag auf dessen Bruder angedroht wurde, der sich daraufhin über Wochen nicht aus seiner Wohnung herausgetraut haben soll. BILD-Informationen zufolge soll T. daraufhin mit Unterstützung seiner Familie rund 200.000 Euro aufgetrieben und Eintreibern „Napoleons“ überreicht haben. Auf Anfrage der BILD habe die zuständige Staatsanwaltschaft lediglich mitgeteilt, dass die Ermittlungen weiter andauern. Der türkischstämmige O. sei nach einem Mord, den er in Dänemark beging, in die Türkei geflohen, von wo aus er weiter großen Einfluss ausüben soll. Zudem sei er Mitglied der Hells Angels und werde per internationalem Haftbefehl wegen Mord gesucht.2
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- War O. durch in Deutschland begangene Straftaten vorbestraft?
- Wie viele ins Ausland abgetauchte aus NRW stammende Straftäter gibt es derzeit?
- Wie viele dieser untergetauchten Straftäter weisen Verbindungen ins Clan- und Rockermilieu auf?
- In welchem Umfang plant die Landesregierung aufgrund der aktuellen Ereignisse die Fahndung nach dem Auftraggeber stärker voranzutreiben?
Markus Wagner
Dr. Hartmut Beucker
2 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4347 mit Schreiben vom 24. September 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 04.09.2024 berichtet, seine Behörde führe wegen der mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Vorfälle vom 12.03. und 22.05.2024 Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung.
Zu ersterem hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass eine bislang unbekannte Person in Köln mehrfach mit einer Pistole durch die geschlossene Fensterscheibe auf den in einem PKW sitzenden Geschädigten geschossen und diesen im Beinbereich verletzt habe. In unmittelbarer Tatortnähe sei eine Person angetroffen worden, die ein Fahrzeug mit niederländischem Kennzeichen geführt habe, in dessen Richtung der bislang unbekannte Schütze nach Schussabgabe etwas geschrien und sich sodann in Richtung der Fahrtrichtung des Fahrzeugs begeben habe. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen sei davon auszugehen, dass die Täter zur Tatbegehung aus den Niederlanden eingereist seien. Sie hätten indes ebenso wenig wie etwaige Auftraggeber bislang ermittelt werden können. Insbesondere habe sich ein dringender Tatverdacht gegen den vor Ort ermittelten Fahrer des niederländischen PKW nicht ergeben. Die Ermittlungen dauerten an.
Auch in dem wegen des Vorfalls vom 22.05.2024 geführten Ermittlungsverfahren, dass sich gegen Unbekannt richte und in dem unmittelbare Zeugen der Schussabgabe nicht zur Verfügung stünden, dauerten die Ermittlungen an. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne auch eine mögliche Selbstbeibringung der Schussverletzung nicht sicher ausgeschlossen werden.
Belastbare Beweise, dass die beiden Vorfälle miteinander in Zusammenhang stehen, hätten die Ermittlungen bisher nicht ergeben, auch wenn sich die beiden Geschädigten gekannt hätten.
- War O. durch in Deutschland begangene Straftaten vorbestraft?
Dem in der Antwort auf die Frage 1 bezeichneten Bericht zufolge liegen der Staatsanwaltschaft Köln – abgesehen von dem in den Fußnoten der Kleinen Anfrage zitierten Medienbericht – Erkenntnisse zu einem „Auftraggeber O“ nicht vor.
- Wie viele ins Ausland abgetauchte aus NRW stammende Straftäter gibt es derzeit?
- Wie viele dieser untergetauchten Straftäter weisen Verbindungen ins Clan- und Rockermilieu auf?
Die Fragen 3 und 4 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Der Aufenthaltsort gesuchter Personen ist naturgemäß unbekannt.
- In welchem Umfang plant die Landesregierung aufgrund der aktuellen Ereignisse die Fahndung nach dem Auftraggeber stärker voranzutreiben?
Die Entscheidungshoheit über staatsanwaltschaftliche Ermittlungen, mithin auch über die Einleitung etwaiger Fahndungsmaßnahmen, obliegt nicht der Landesregierung, sondern allein den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten des Landes, die dabei inhaltlich unabhängig sind.