Iserlohn: Frau durch Kopfschüsse ermordet – Was steckt dahinter?

Kleine Anfrage
vom 24.10.2023

Kleine Anfrage 2786

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Iserlohn: Frau durch Kopfschüsse ermordet Was steckt dahinter?

In der Nacht auf Mittwoch, den 27. September 2023, wurde eine Frau im sauerländischem Iserlohn durch zwei Kopfschüsse getötet. Gegen 3:45 Uhr sollen Zeugen die lauten Knalle von zwei Schüsse einer Schusswaffe gehört haben. Kurz darauf sollen zwei Jugendliche die Leiche einer Frau vor einer Bankfiliale in der Iserlohner Innenstadt gefunden haben. Bei dem Opfer soll es sich um eine aus der „Obdachlosen-Szene“1 stammende 57-jährige Frau handeln. Diese wies zwei Schusswunden in der Kopfregion auf. Noch am selben Tag konnte ein Tatverdächtiger ermittelt werden. Seine Wohnung wurde gegen 12 Uhr mittags durch das Sondereinsatzkommando aufgesprengt. Die Wohnung des Verdächtigen soll sich nur ungefähr zwei Kilometer vom Tatort entfernt befinden. Beim Eindringen der Spezialkräfte in die Wohnung eines Mehrfamilienhauses gelang es den Polizisten, den Verdächtigen festzunehmen. Dabei soll er von einem am Einsatz beteiligten Diensthund ins Gesicht gebissen worden sein.2 Der 29-jährige Verdächtige befinde sich weiter vorerst in einem Justizvollzugskrankenhaus, jedoch wurde er bereits durch einen Haftrichter wegen Mordes zu Untersuchungshaft verurteilt. Auf ihn seien außerdem zwei Schusswaffen zugelassen. Nun werde abgeklärt, ob eine dieser Waffen die Tatwaffe ist.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie viele Straftaten im Zusammenhang mit Schusswaffen gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Art der Schusswaffe sowie Geschlecht des Täters aufschlüsseln.)
  3. Wie viele dieser Straftaten fanden auf öffentlichen Plätzen statt? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Art der Schusswaffe sowie Geschlecht des Täters aufschlüsseln.)
  4. Welches Alter haben die für die in den Fragen 2 und 3 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen?
  5. Welche Nationalität haben die für die in den Fragen 2 und 3 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen?           (Bitte bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner

 

MMD18-6580

 

1 https://m.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/obdachlose-in-iserlohn-mit-kopfschuss-hingerichtet-sek-schnappt-verdaechtigen-85554142.bildMobile.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2786 mit Schreien vom 22. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenquelle für die Beantwortung zu Fragen der Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich jährlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfas­sung.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2023 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor.

Zur Beantwortung der Fragen 2 bis 5 wurde das Fallmerkmal „Schusswaffenverwendung“ aus­gewertet. Das Fallmerkmal unterscheidet zwischen den Begehungsweisen „gedroht“ und „ge­schossen“.

Im Rahmen der Einführung eines Tatmittelkataloges im Jahr 2019 wurden die Pflichtfelder und die dazugehörigen Plausibilitäten in den Vorgangsbearbeitungssystemen der Polizei NRW, u.a. zur Verwendung von Schusswaffen, insbesondere zur Sicherung der Datenqualität ange­passt. Ein Vergleich der Daten ab dem Jahr 2019 mit den Daten bis zum Jahr 2018 ist daher nur bedingt möglich.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vor­namen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Hagen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 31.10.2023 zur Beantwortung der Kleinen Anfrage im Wesentlichen wie folgt berichtet:

„Im derzeitigen Stadium der Ermittlungen, die andauern, ist der Beschuldigte dringend ver­dächtig, am 27.09.2023 gegen 02.32 Uhr im nicht ausschließbaren Zustand der Schuldunfä­higkeit zweimal mit einer legal in seinem Eigentum stehenden Pistole „Glock“ in Tötungsab­sicht in den linken Hinterkopf einer auf den Treppenstufen vor einem Geschäftshaus in Iser-lohn schlafenden obdachlosen Frau geschossen zu haben, welche an den Folgen der Schuss­verletzungen verstarb. Der Beschuldigte ist derzeit aufgrund Unterbringungsbefehls des Amts­gerichts Iserlohn wegen des dringenden Tatverdachts des Mordes, begangen im nicht aus-schließbaren Zustand der Schuldunfähigkeit, §§ 211 Abs.1, Abs.2, 2. Gruppe, 1. Alt., 20 StGB vorläufig gemäß § 126a StPO untergebracht in der geschlossenen Abteilung eines psychiatri­schen Krankenhauses.

Der Beschuldigte hat nach Aktenlage die deutsche und die polnische Staatsangehörigkeit. Er wurde im Jahr 2021 wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt.“

Von Angaben zu dem Vornamen des Beschuldigten und zu dessen Geburtsort wird unter Ab­wägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeits­recht des Beschuldigten sowie der Unschuldsvermutung vorliegend abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren wäre der Beschuldigte bei Nennung seines Vornamens und des Geburtsortes identifizierbar bzw. würde die Gefahr der Identifizierbarkeit erheblich erhöht. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die weiteren Angaben zum Sach­stand entsprochen.

  1. Wie viele Straftaten im Zusammenhang mit Schusswaffen gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Art der Schusswaffe sowie Geschlecht des Täters aufschlüsseln.)

Die Darstellung der bekannt gewordenen Fälle mit Schusswaffenverwendung in Nordrhein-Westfalen nach Jahren, differenziert nach „gedroht“ oder „geschossen“, bitte ich der nachfol­genden Tabelle zu entnehmen.

Anzahl bekannt gewordener Fälle
Jahr Fallmerkmal „Schusswaffenverwendung“
Gedroht Geschossen Gesamt
2015 815 814 1 629
2016 805 921 1 726
2017 756 715 1 471
2018 654 665 1 319
2019 1 422 1 613 3 035
2020 1 500 1 238 2 738
2021 1 371 1 194 2 565
2022 1 350 1 115 2 465

 

  1. Wie viele dieser Straftaten fanden auf öffentlichen Plätzen statt? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Art der Schusswaffe sowie Geschlecht des Täters aufschlüsseln.)

In der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen wird die Tatörtlichkeit „Öffentlichkeit“ oder „öffentliche Plätze“ nicht konkret erfasst und ausgewiesen. Es werden jedoch die Tatört­lichkeiten „Straße, Platz innerhalb geschlossener Ortschaften“ und „Straße, Platz außerhalb geschlossener Ortschaften“ seit dem Berichtsjahr 2018 erfasst. Die Darstellung nach Jahren bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

Anzahl bekannt gewordener Fälle Fallmerkmal „Schusswaffenverwendung“ (gedroht oder geschossen)
Jahr Tatörtlichkeit
Straße, Platz innerhalb geschlossener         Ortschaften Straße, Platz außerhalb geschlossener         Ortschaften Gesamt
2018 399 25 424
2019 1 012 36 1 048
2020 717 27 744
2021 594 2 596
2022 627 11 638

 

  1. Welches Alter haben die für die in den Fragen 2 und 3 abgefragten Straftaten ver­antwortlichen Tatverdächtigen?

Die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen in Nordrhein-Westfalen für die Jahre 2015 bis 2022, differenziert nach den Altersgruppen Kinder (0 bis 13 Jahre), Jugendliche (14 bis 17 Jahre), Heranwachsende (18 bis 20 Jahre) und Erwachsene (ab 21 Jahren) bitte ich den nach­folgenden Tabellen zu entnehmen.

Bekannt gewordene Fälle mit dem Fallmerkmal „Schusswaffenverwendung“ (gedroht oder geschossen)
Jahr Anzahl der Tatverdächtigen nach Altersgruppe
Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene
2015 13 135 166 735
2016 22 147 218 848
2017 28 143 188 721
2018 16 136 194 668
2019 31 341 416 1 801
2020 28 254 364 1 513
2021 42 265 288 1 535
2022 49 310 336 1 363

 

Bekannt gewordene Fälle mit dem Fallmerkmal „Schusswaffenverwendung“ (gedroht oder geschossen) Ausgewählte Tatörtlichkeiten (Straße, Platz innerhalb geschlossener Ortschaften oder Straße, Platz außerhalb geschlossener Ortschaften)
Jahr Anzahl der Tatverdächtigen nach Altersgruppe
Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene
2018 3 46 73 222
2019 14 159 173 663
2020 11 78 133 436
2021 14 61 78 413
2022 9 73 112 368

 

  1. Welche Nationalität haben die für die in den Fragen 2 und 3 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei Deutschen die Mehrfachstaatsange­hörigkeit extra ausweisen.)

Die in den Fragen 2 und 3 abgefragten Tatverdächtigen, nach Staatsangehörigkeiten differen­ziert, für Nordrhein-Westfalen für den Auswertezeitraum 2015 bis 2022 bitte ich den Anlagen 1 und 2 zu entnehmen.

 

MMD18-6879

Beteiligte:
Markus Wagner