Judenfeindliche Ausschreitungen und Demonstrationen

Kleine Anfrage
vom 14.12.2017

Kleine Anfrage 615
des Abgeordneten Herbert Strotebeck AfD

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Anlage 1 als PDF laden

Prolog: Seit einigen Tagen ist es mehrfach in Deutschland und im Nahen Osten zu judenfeindlichen Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen. Moslems in Deutschland fühlen sich angeblich davon provoziert, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Botschaft in die Hauptstadt Israels legen wollen. Hauptstadt und Regierungssitz Israels ist Jerusalem.

In der Bundeshauptstadt Berlin „kam es immer wieder zu antisemitischen Ausschreitungen“.1 2.500 Moslems marschierten am Sonntag durch Berlin-Neukölln, verbrannten Fahnen mit dem Davidstern, skandierten „Tod den Juden“ und sangen arabische Lieder gegen das Judentum. In den Gesängen verglichen sie sich mit der „Armee Mohammeds“.2 Des Weiteren wurden Fahnen der islamischen Terrororganisation Hamas („Islamische Widerstandsbewegung“) geschwenkt.3

Die Polizei in Berlin griff laut Pressemeldung erst nach einer Stunde ein, da die Polizei die antisemitischen Demonstranten nicht provozieren wollte: „Rund hundert Polizisten schauen dem illegalen Treiben lange Zeit tatenlos zu. […] In Berlin wollte die Einsatzleitung die wütende Menge offenbar nicht provozieren. Erst nach gut einer Stunde löste sie den Protestzug [auf], zehn Demonstranten wurden festgenommen.“4

Auch vor dem Brandenburger Tor gab es eine islamische Demonstration mit 1.200 Teilnehmern gegen Israel und das Judentum.5 Ebenso demonstrierten unter anderem Türken und Syrer vor der Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin mit „Tod Israel“-Rufen.

„In keiner europäischen Metropole brannten in den letzten Tagen Israelflaggen – außer in Berlin am Brandenburger Tor.“6 Öffentliche Fahnenverbrennungen gab es neben Berlin auch in Beirut im Libanon. Anders als die Berliner Polizei, ging die libanesische Polizei mit Wasserwerfern gegen die antisemitischen Demonstranten vor.7

Die islamische Terrororganisation Hisbollah („Partei Gottes“) veranstaltet bereits seit mehreren Jahren unter anderem in Berlin und Beirut zum Ende des Ramadans den anti-jüdischen al-Quds-Tag mit Demonstrationen.8

In Düsseldorf gab es vergangene Woche eine Kundgebung mit 150 Teilnehmern, welche Jerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaates forderten.9 Die Demonstranten in Düsseldorf „traten dabei auf eine israelische Fahne und sollen diese bespuckt haben“.10 Ein Foto zeigt das anti-israelische Verhalten der Moslems vor dem Düsseldorfer Hauptbahnhof.11

Auch in der Vergangenheit ist es in NRW bereits zu islamischen Demonstrationen gekommen. Bei einer Demo mit ca. 10.000 Teilnehmern der islamischen „Milli Görüs“-Bewegung in Duisburg versuchte die Polizei ebenfalls die Moslems nicht zu provozieren und entfernte israelische Fahnen aus einem Fenster.12 13

Der stellvertretende AfD-Bundessprecher Georg Pazderski sagte, Deutschland habe „einen aggressiven islamistischen Antisemitismus importiert, der nun auch öffentlich völlig enthemmt auftritt“.14

In Frankreich ist das Problem mit islamischen Demonstrationen und Antisemitismus offensichtlich noch größer als in Deutschland. 2014 wurde während einer Anti-Israel-Demo in Paris ein jüdisches Geschäft angezündet. Aus Frankreich sind in den letzten Jahren bereits tausende Juden vor dem wachsenden Antisemitismus geflohen.15

1 http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/berlin-demonstranten-verbrennen-erneut-fahne-mit-davidsstern-a-1182644.html

2 https://www.berliner-zeitung.de/berlin/anti-israel-demo-in-neukoelln-teilnehmer-verbrennen-erneut-fahne-mit-davidstern-29271560

3 Ebd.

4 http://www.bild.de/politik/inland/antisemitismus/israel-hass-bei-demonstrationen-54144744,la=de.bild.html

5 http://www.rp-online.de/politik/deutschland/jerusalem-thomas-de-maiziere-verurteilt-verbrennen-israelischer-flaggen-in-berlin-aid-1.7258853

6 http://www.bild.de/politik/inland/antisemitismus/antisemitismus-anti-israel-demo-zu-chanukka-beginn-54161430,la=de.bild.html

7 http://www.dw.com/de/zusammenst%C3%B6%C3%9Fe-bei-anti-trump-protesten-vor-us-botschaft-in-beirut/a-41731968

8 http://www.deutschlandfunk.de/hisbollah-am-al-quds-tag-die-partei-gottes-wirkt-im .886.de.html?dram :articleid=359088

9 http://www.rp-online.de/politik/deutschland/jerusalem-thomas-de-maiziere-verurteilt-verbrennen-israelischer-flaggen-in-berlin-aid-1.7258853

10 http://www.bild.de/politik/inland/antisemitismus/israel-hass-bei-demonstrationen-54144744,la=de.bild.html#remId=1580498415113725380

11 http://www.bild.de/politik/inland/antisemitismus/der-alltag-von-juden-in-deutschland-54159568,la=de.bild.html

12 http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duisburg/polizei-entfernt-israelische-fahnen-aid-1.1019058

13 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/demo-in-duisburg-polizei-stuermt-wohnung-und-haengt-israelfahne-ab-a-601058.html

14 http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-12/angela-merkel-israel-flaggen-verbrennung-jerusalem-entscheidung

15 http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/juden-aus-frankreich-wandern-wegen-antisemitismus-nach-israel-aus-a-982388.html

Daher frage ich die Landesregierung:

  1. Welche anti-jüdischen Ereignisse gab es von 2016 bis heute in NRW?
  2. Werden anti-jüdische Übergriffe bzw. Straftaten von Moslems in NRW statistisch als „rechte Gewalt“ erfasst?
  3. Wie viele Mitglieder bzw. Anhänger hat schätzungsweise die Hamas („Islamische Widerstandsbewegung“) derzeit in NRW?
  4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass jüdische Bürger aus NRW vermehrt aus der Bundesrepublik Deutschland ausreisen/fliehen?
  5. Plant die Landesregierung bei antisemitischen Demonstrationen von Moslems aus der Türkei und dem Nahen Osten in NRW wieder das Grundgesetz anzuwenden, welches in Art. 8 GG das Recht zur Versammlungsfreiheit nur für „alle Deutschen“ vorsieht?

Herbert Strotebeck

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 615 im Einvernehmen mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenhei­ten sowie Internationales wie folgt:

Frage 1

Welche antijüdischen Ereignisse gab es von 2016 bis heute in NRW?

Die folgenden Darstellungen beruhen auf dem Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK). Die Fallzahlen der Politisch motivierten Kriminalität sind eine statistische Zusammenstellung aller der Polizei bekannt gewordenen politisch moti­vierten strafrechtlichen Sachvörhalte unter Beschränkung auf ihre er­fassbaren wesentlichen Inhalte.

Die gemeldeten Straftaten in dem Jahr 2016 wurden den Phänomenbe-reichen PMK – links, PMK – rechts, PMK – ausländische Ideologien und PMK – sonstige / nicht zuzuordnende zugeordnet.

2017 wurde dem „Definitionssystem PMK“ der Phänom,enbereich PMK ­religiöse Ideologie hinzugefügt. Diesem Phänomenbereich werden Straftaten zugeordnet, wenn eine religiöse Orientierung entscheidend für die Tatbegehung war.

Für die Jahre 2016 und 2017 wurden insgesamt 537 antisemitische Straftaten gemeldet (Stand 20.12.2017).

Davon konnte ein Delikt dem Phänomenbereich PMK – links, 510 Delikte dem Phänomenbereich PMK – rechts, 15 Delikte dem Phänomenbereich PMK -ausländische Ideologie und ein Delikt dem Phänomenbereich PMK – religiöse Ideologie zugeordnet werden.

Zehn Straftaten waren keinem der vorgenannten Phänomenbereiche zuzuordnen.

Die diesem Bericht anliegende Tabelle gliedert statistisch die Phänomenbereiche der PMK in den Jahren 2016 und 2017. Da der Phänomenbereich PMK – religiöse Ideologie erst 2017 eingeführt wurde, sind für 2016 keine Werte erfasst.

Frage 2

Werden antijüdische Übergriffe bzw. Straftaten von Moslems in NRW statistisch als „rechte Gewalt“ erfasst?

Die Zuordnung einer Straftat zu einem Phänomenbereich steht im direk­ten Zusammenhang mit der erkennbaren politischen Motivation.

Liegt eine religiöse Motivation vor, wird die Straftat seit 01.01.2017 dem Phänomenbereich PMK-religiöse Ideologie zugeordnet.

Bis zum 31.12.2016 wurden religiös motivierte Straftaten aus dem Be­reich des Islams der PMK-Ausländer zugeordnet. Straftaten mit einer rechten bzw. linken Motivation werden unabhängig von der Religionszu­gehörigkeit der Täter der PMK-Rechts bzw. PMK-Links zugeordnet.

Frage 3

Wie viele Mitglieder bzw. Anhänger hat schätzungsweise die Hamas („Islamische Widerstandsbewegung“) derzeit in NRW?

Der Hannas werden in Nordrhein-Westfalen ungefähr 75 Personen zuge­rechnet. Darüber hinaus ist mit einem nicht genau eingrenzbaren Po­tenzial an möglichen Sympathisanten zu rechnen, die in Zeiten beson­derer politischer Polarisierung mobilisierbar sind.

Frage 4

Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass jüdische Bür­ger aus NRW vermehrt aus der Bundesrepublik Deutschland aus-reisen/fliehen?

Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.

Frage 5

Plant die Landesregierung bei antisemitischen Demonstrationen von Moslems aus der Türkei und dem Nahen Osten in NRW wieder das Grundgesetz anzuwenden, welches in Art. 8 GG das Recht zur Versammlungsfreiheit nur für „alle Deutschen“ vorsieht?

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse zu geplanten antisemiti­schen Demonstrationen von Muslimen aus der Türkei und dem Nahen Osten in Nordrhein-Westfalen vor. Nach § 1 des Versammlungsgeset­zes darf jedermann an Versammlungen und Demonstrationen teilneh­men. Die Regelungen des Versammlungsgesetzes, unter welchen Vo­raussetzungen eine Versammlung verboten oder von bestimmten Aufla­gen abhängig gemacht werden kann, gelten sowohl für Deutsche als auch für Ausländer. Sie stehen im Einklang mit dem Grundgesetz und sind von den Versammlungsbehörden zu beachten.

Mit freundlichen Grüßen

Herbert Reul