Jugendlicher verletzt Mitschüler mit Messer am Kopf – Wie gefährlich werden Schulen noch? – Nachfrage

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1690

der Abgeordneten Markus Wagner und Carlo Clemens AfD

Jugendlicher verletzt Mitschüler mit Messer am Kopf Wie gefährlich werden Schulen noch? Nachfrage

Mit Antwort der Landesregierung vom 3. April 2023, auf unsere Kleine Anfrage vom 7. März 2023, Drucksache 18/3427, wurde unsere gestellte Frage 1

„Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vorname des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)“1

unter anderem wie folgt beantwortet:

„Zum aktuellen Sachstand hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund dem Ministerium der Justiz unter dem 23.03.2023 mitgeteilt, der noch am Tatort vorläufig festgenommene Beschuldigte mit syrischer Staatsangehörigkeit sei nach verantwortlicher Vemehmung in die Obhut der Erziehungsberechtigten entlassen worden. Die Ermittlungen dauerten an.

Von einer Mitteilung etwaiger Vorstrafen wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des jugendlichen Beschuldigten im Lichte der Unschuldsvermutung und des Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts abgesehen.”2

Darüber hinaus antwortete die Landesregierung auf unsere Frage 2

„Welche (Er-)Kenntnisse liegen hinsichtlich des 19 Jahre alten Opfers vor? (Bitte Vorstrafen des Opfers, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Opfers, seit wann das Opfer im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vorname des Opfers und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über das Opfer nennen.)“3

wie folgt:

„Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz hierzu in seinem Bericht vom 13.03.2023 mitgeteilt, auch der Verletzte sei syrischer Staatsangehöriger.

Von einer Mitteilung etwaiger Vorstrafen wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des heranwachsenden Geschädigten zur Wahrung des Opferschutzes und im Lichte des Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts abgesehen.“4

Auf unsere Frage 4

„Wie oft kam es an den Schulen NRWs 2022 zu Straftaten mit dem Tatmittel Stichwaffe?“5

hat die Landesregierung unter anderem Folgendes geantwortet:

„Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen 193 FäIle mit der Tatörtlichkeit „Schule“ und einer als Tatmittel erfassten Stichwaffe in der Polizeilichen Kriminalstatistik registriert. In 36 Fällen wurde ein nach dem Waffengesetz verbotenes Messer, in 153 Fällen ein sonstiges Messer und in vier Fällen eine sonstige Stichwaffe erfasst.“6

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Auf welchem Einreiseweg sind der 17-jährige Beschuldigte sowie das 19-jährige Opfer wann in die Europäische Union sowie wann nach Deutschland gelangt?
  2. Wie viele Täter und Opfer sind den besagten 193 Fällen von Stichwaffen an der Tatörtlichkeit Schule zuzuordnen?
  3. Wegen welcher einzelnen Delikte wurde in den 193 Fällen von Stichwaffeneinsatz an der Tatörtlichkeit Schule ermittelt?
  4. Bitte die 193 Fälle respektive Tatverdächtigen nach Alter, Geschlecht und Nationalität (bei Deutschen etwaige Mehrfachstaatsangehörigkeiten sowie Vornamen extra ausweisen) aufschlüsseln.
  5. Wie teilen sich die Tatverdächtigen in Schüler der betreffenden Schulen und „Externe“ auf?

Markus Wagner
Carlo Clemens

 

Anfrage als PDF

 

1 Antwort der Landesregierung, v. 03.04.2023, S. 1.

2 Ebenda, S. 2.

3 Ebenda.

4 Ebenda.

5 Ebenda, S. 3.

6 Ebenda, S. 4.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1690 mit Schreiben vom 12. Mai 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung sowie dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Als Datenbasis für die Beantwortung der Fragen 2 bis 5 dient die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen (PKS NRW). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien er­stellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen dem Bekanntwerden der Straftat und der statisti­schen Erfassung.

Erst seit Einführung eines Tatmittelkatalogs im Jahr 2019 in der PKS NRW lässt sich auch die Verwendung von Waffen und gefährlichen Gegenständen auswerten. In der PKS NRW werden Tatmittel erfasst, wenn sie zur Tatbegehung eingesetzt wurden. Ein reines Mitführen des Ge­genstandes reicht regelmäßig nicht aus. Ausnahme hiervon sind die Delikte des Waffen-, Sprengstoff- und Kriegswaffenkontrollgesetzes, bei denen das Tatmittel stets erfasst wird.

Die „Tatörtlichkeit Schule“ umfasst private und öffentliche Schulen. Als fachlich relevante Tat­örtlichkeit beschreibt und konkretisiert sie den Handlungsort ausschließlich in räumlicher Hin­sicht und umfasst das Schulgebäude und das umfriedete Gelände der Schule sowie das un­mittelbare Umfeld der Schule (Örtlichkeit, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schul­besuch steht). Örtlichkeiten außerhalb des Schulgeländes, an denen schulische Veranstaltun­gen stattfinden (Klassenfahrt, Schulsport) sowie der Schulweg gehören räumlich betrachtet nicht zur Schule. Die „Tatörtlichkeit Schule“ wird unabhängig von schulischen Veranstaltungen und Unterricht bzw. Öffnungszeiten der Schulen erfasst. Straftaten auf dem Schulgelände oder im Schulgebäude werden daher auch außerhalb des Schulbetriebs unter der „Tatörtlichkeit Schule“ erfasst. Ausgewertet wurden Schulen, die einen Schulbetrieb für die Schulklassen 1 bis 13 durchführen.

  1. Auf welchem Einreiseweg sind der 17-jährige Beschuldigte sowie das 19-jährige Opfer wann in die Europäische Union sowie wann nach Deutschland gelangt?

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz hierzu unter dem 14. April 2023 berichtet, Erkenntnisse darüber, auf welchem Einreiseweg der 17-jährige Be­schuldigte und der 19-jährige Geschädigte wann in die Europäische Union sowie wann nach Deutschland eingereist sind, seien nicht vorhanden.

  1. Wie viele Täter und Opfer sind den besagten 193 Fällen von Stichwaffen an der Tatörtlichkeit Schule zuzuordnen?

Tatverdächtig im Sinne der Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik ist jeder, der nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte ver­dächtig ist, eine rechtswidrige Straftat begangen zu haben. Bundesweit wird eine „echte Tat-verdächtigenzählung“ vorgenommen. Unabhängig von der Anzahl der begangenen Straftaten wird eine Tatverdächtige oder ein Tatverdächtiger in dem jeweiligen Statistikzeitraum je De-liktsart nur einmal gezählt.

Opfer im Sinne der Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik sind Geschädigte speziell de­finierter Delikte gegen höchstpersönliche Rechtsgüter (Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, Ehre, sexuelle Selbstbestimmung) sowie Widerstandsdelikte, soweit diese im Straf-tatenkatalog zur Opfererfassung gekennzeichnet sind. Im Gegensatz zur „echten Tatverdäch-tigenzählung“ wird jedes erfasste Opfer entsprechend der Zählweise des bekannt gewordenen Falles auf allen Zählebenen einmal gezählt.

Mit der Tatörtlichkeit „Schule“ und einer als Tatmittel erfassten Stichwaffe wurden 193 Fälle mit 207 Tatverdächtigen und 189 Opfern in PKS NRW erfasst.

Eine als Tatmittel erfasste Stichwaffe wird fallbezogen erhoben. Das führt dazu, dass aus der PKS NRW heraus keine Aussage dazu getroffen werden kann, welche Tatverdächtige oder welcher Tatverdächtiger dem Tatmittel konkret zuzuordnen ist. Bei einem Sachverhalt mit mehreren Tatverdächtigen und einer als Tatmittel erfassten Stichwaffe kann dies dazu führen, dass alle erfassten Tatverdächtigen in die oben aufgeführte Anzahl an Tatverdächtigen mit-einfließen, obwohl das Tatmittel Stichwaffe nicht allen zuzuordnen ist. Die Anzahl der Tatver­dächtigen, denen tatsächlich eine als Tatmittel erfasste Stichwaffe zuzuordnen ist, dürfte daher niedriger als 207 sein.

  1. Wegen welcher einzelnen Delikte wurde in den 193 Fällen von Stichwaffeneinsatz an der Tatörtlichkeit Schule ermittelt?

Die deliktische Verteilung ist der folgenden Übersicht zu entnehmen:

Delikt Anzahl
Straftaten insgesamt 193
Bedrohung gem. § 241 StGB 95
Straftat nach dem Waffengesetz 45
gefährliche Körperverletzung gem. § 224 StGB 30
räuberische Erpressung gem. § 255 StGB 10
Nötigung gem. 240 StGB 4
schwerer Raub gem. § 250 StGB 5
räuberische Erpressung gem. § 255 StGB 2
Nachstellung (Stalking) gem. § 238 StGB Abs. 1 StGB 1
Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen gem. §§ 114, 115 StGB 1

 

  1. Bitte die 193 Fälle respektive Tatverdächtigen nach Alter, Geschlecht und Nationalität (bei Deutschen etwaige Mehrfachstaatsangehörigkeiten sowie Vornamen extra ausweisen) aufschlüsseln.

Der folgenden Übersicht ist die Verteilung der Tatverdächtigen hinsichtlich Nationalität, Ge­schlecht und Alter zu entnehmen:

Nationalität Ge-

schlecht

Kinder Jugendli- che Heran-
wach-
sende
Erwach-sene
Deutschland männlich 62 56 8 8
Deutschland weiblich 6 4 0 0
Afghanistan männlich 0 2 0 0
Albanien männlich 0 1 0 0
Aserbaidschan männlich 0 1 0 0
Bosnien       und

Herzegowina

weiblich 1 0 0 0
Bulgarien männlich 1 2 0 0
Eritrea männlich 1 0 0 0
Griechenland männlich 1 1 0 0
Guinea männlich 1 0 0 0
Irak männlich 2 3 0 0
Irak weiblich 1 0 0 0
Iran    Islamische

Republik

männlich 1 1 0 0
Italien männlich 0 1 0 0
Kosovo männlich 0 2 0 0
Kroatien männlich 0 1 0 0
Libanon männlich 1 0 0 0
Moldau männlich 0 1 0 0
Philippinen männlich 0 1 0 0
Polen männlich 0 2 0 0
Rumänien männlich 2 1 0 0
Russische    Fö-

deration

männlich 1 1 0 0
Serbien männlich 0 2 0 1
Spanien männlich 1 0 0 0
Staatenlos männlich 0 1 0 0
Sudan        (ohne

Südsudan)

männlich 1 0 0 0
Syrien,     Arabi-

sche Republik

männlich 7 5 1 1
Syrien,     Arabi-

sche Republik

weiblich 1 0 0 0
Tschechische Republik männlich 0 1 0 0
Türkei männlich 0 1 0 1
Ungeklärt männlich 1 3 0 0
Usbekistan männlich 1 0 0 0

 

  1. Wie teilen sich die Tatverdächtigen in Schüler der betreffenden Schulen und „Externe“ auf?

Ob die Tatverdächtigen Schülerinnen und Schüler oder der Schule nicht zugehörig sind, lässt sich der PKS NRW nicht entnehmen.

 

Antwort als PDF