Kamen: Versuchte Tötung auf Schulhof – warum eskalieren immer mehr Streitigkeiten?

Kleine Anfrage
vom 17.07.2023

Kleine Anfrage 2125

der Abgeordneten Markus Wagner und Carlo Clemens AfD

Kamen: Versuchte Tötung auf Schulhof warum eskalieren immer mehr Streitigkeiten?

Nordrhein-Westfalen bleibt weiterhin Schauplatz von Schlägereien, Messerangriffen und sogar Mordversuchen mit Schusswaffen. Am vergangenen Sonntagabend, den 11. Juni 2023, gegen 20:35 Uhr hallten vier Schüsse durch die Innenstadt von Kamen im Kreis Unna. Zeugen, die die Schussabgaben und ein blutendes Opfer wahrnahmen, verständigten die Polizei. Als die Beamten am Tatort, dem Schulhof der städtischen Hauptschule Kamen in der Nähe des Koppelteichs und des Schwimmbads der Stadt, eintrafen, fanden sie einen 21 Jahre alten schwerverletzten Mann vor. Der mutmaßliche Täter, ein 19 Jahre alter Mann, wurde festgenommen.1

Das Opfer wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht und notoperiert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Dortmund wurden insgesamt vier Kugeln aus der Waffe abgegeben. Zwei davon trafen das 21 Jahre alte Opfer in den Oberkörper.2 Der Schütze muss ihm wohl in den Rücken geschossen haben.3

Bei der Tatwaffe handelt es sich um eine PTB-Waffe (Schreckschusspistole), die laut Staatsanwaltschaft umgebaut und damit scharf gemacht worden sein könnte. Es wird vermutet, dass ein Streit zwischen den Männern vorangegangen sein könnte, da sie „wohl schon länger im Clinch gelegen [hätten], vermutlich rund ein halbes Jahr“.4

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
  2. Ist die Schule, an der sich der oben geschilderte Vorfall ereignete, seit 2015 bis heute schon einmal Gegenstand polizeilicher Untersuchungen gewesen? (Bitte nach Jahr und Grund des Polizeieinsatzes aufschlüsseln.)
  3. Welche Straftaten haben sich in Nordrhein-Westfalen seit 2015 bis heute mit dem Tatmittel PTB-Waffe (Schreckschusswaffe) ereignet? (Bitte nach Jahr und Ort aufschlüsseln.)

Markus Wagner
Carlo Clemens

 

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1 Vgl. https:// www .bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/kamen-versuchte-toetung-auf-schulhof-taeter-19-festgenommen-84295236.bild.html.

2 Ebenda.

3 Vgl. https:// m .focus.de/panorama/19-jaehriger-unter-verdacht-schuesse-auf-schulhof-in-nrw-21-jaehrige-schwer-verletzt_id_196234343.html.

4 Vgl. https:// www .bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/kamen-versuchte-toetung-auf-schulhof-taeter-19-festgenommen-84295236.bild.html.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2125 mit Schreiben vom 23. August 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung so­wie dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächti­gen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächti­gen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)

Zum Tathergang hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund dem Ministerium der Justiz unter dem 28. Juli 2023 im Wesentlichen berichtet, der 19-jährige Beschuldigte und das 21­jährige männliche Tatopfer seien am Abend des 11. Juni 2023 auf dem Schulhof der städti­schen Hauptschule in Kamen zufällig aufeinandergetroffen und dort gegen 20.35 Uhr in Streit geraten, der in eine körperliche Auseinandersetzung übergegangen sei.

Im Verlauf dieser körperlichen Auseinandersetzung habe der Beschuldigte dem Tatopfer mit einer Pistole – einer sogenannten ‚scharf’ gemachten PTB-Waffe – gezielt in den Rücken ge­schossen. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen seien zwei Schüsse abgegeben wor­den. Das Tatopfer habe Schussverletzungen erlitten, die in einem Krankenhaus notfallmedizi-nisch haben behandelt werden müssen. Gegen den Beschuldigten werde wegen des Ver­dachts des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und uner­laubten Führens einer Schusswaffe ermittelt.

Zur Person des seit dem 13. Juni 2023 in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund u. a. mitgeteilt, er sei deutscher Staatsangehöriger und nicht vorbestraft.

Die Ermittlungen dauerten an.

Von der Nennung des Vornamens des Beschuldigten wird unter Abwägung des parlamentari­schen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem besonderen Schutz des heranwachsenden Beschuldigten sowie der Unschuldsvermutung abgesehen. Da­bei ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren der Beschuldigte bei Nen­nung des Vornamens identifizierbar wäre bzw. die Gefahr der Identifizierbarkeit erheblich er­höht würde. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das nicht der konkreten Strafver­folgung einzelner Personen gilt, sondern der Regierungskontrolle und Gesetzgebung dient, wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand entsprochen.

  1. Ist die Schule, an der sich der oben geschilderte Vorfall ereignete, seit 2015 bis heute schon einmal Gegenstand polizeilicher Untersuchungen gewesen? (Bitte nach Jahr und Grund des Polizeieinsatzes aufschlüsseln.)

Nach einer Auswertung des elektronischen Einsatzleitsystems der Polizei Nordrhein-Westfa­len sind seit 2015 125 Einsätze für den hier angefragten Einsatzort erfasst.

  1. Welche Straftaten haben sich in Nordrhein-Westfalen seit 2015 bis heute mit dem Tatmittel PTB-Waffe (Schreckschusswaffe) ereignet? (Bitte nach Jahr und Ort auf­schlüsseln.)

Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfas­sung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird.

Ein Tatmittelkatalog steht in der Polizeilichen Kriminalstatistik seit dem Jahr 2019 zur Verfü­gung.

Die Straftaten mit dem Tatmittel „Gaswaffe/Schreckschusswaffe“ habe ich als Anlage beige­fügt.

 

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