Keine Vertiefung der Schuldenunion! „Corona-Bonds“ ablehnen!

Antrag
vom 21.04.2020

Antragder AfD-Fraktion vom 21.04.2020

 

Keine Vertiefung der Schuldenunion! „Corona-Bonds“ ablehnen!

I. Ausgangslage

Die Corona-Krise stellt die Volkswirtschaften der ganzen Welt vor ungekannte Herausforderungen. Der Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevedo, rechnet mit einem Rückgang des Welthandels um 13 bis 32 Prozent und mit der „schlimmsten Rezession zu Lebzeiten“.1

Auch und gerade in Deutschland und in NRW ist mit massiven ökonomischen Schäden zu rechnen. Laut der Bundesagentur für Arbeit haben inzwischen 156.000 Betriebe in Nordrhein-Westfalen Kurzarbeit beantragt.2 225.000 Unternehmen machten in NRW bis zum 2. April von der staatlichen Soforthilfe 2020 Gebrauch.3

Für die staatlichen Haushalte stellt diese Situation eine doppelte Belastung dar. Nicht nur die hohen Ausgaben für derlei Hilfsmaßnahmen werden zu einem massiven Defizit führen, sondern auch die gleichzeitig ausfallenden Steuereinnahmen.

Vor diesem Hintergrund sind Bescheidenheit und Sparsamkeit in allen Bereichen unerlässlich, wenn die Politik neben dem bestehenden nicht noch einen weiteren Schuldenberg zu Lasten der kommenden Generationen auftürmen will.

Umso verwunderlicher ist die auch in der deutschen Politik weit verbreitete Forderung nach „Corona-Bonds“, also nach weiteren gemeinsamen Schuldverschreibungen der Euroländer.4

  • Das CDU-Bundesvorstandsmitglied Elmar Brok hält derartige Anleihen für „unvermeidbar“.5 Eine Reihe weiterer Vertreter der Union äußerten sich ähnlich.
  • Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans äußerte: „Jetzt wäre es Zeit für eine massive und gemeinsam verantwortete Gemeinschaftsanleihe in Form von Corona-Bonds.“6
  • Grünen-Chef Robert Habeck fordert ebenfalls die Einführung gemeinsamer Anleihen.7

Spanien, Frankreich, aber insbesondere Italien drängen auf die Einführung von weiteren gemeinsamen Bonds. Italien lehnte sogar eine bereits beschlossene Hilfe i.H.v. knapp 40 Milliarden Euro im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ab und besteht weiterhin auf gemeinsamer Verschuldung aller Euro-Staaten.8

Dabei hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz Deutschland bereits jetzt zu erheblichen Transferzahlungen im Rahmen der Corona-Krise verpflichtet – und das, ohne dass der Deutsche Bundestag sich auch nur einmal damit befasst hätte. Und ohne Kenntnis des Ausmaßes der krisenbedingten Belastungen für den Bundeshaushalt.

Am 10. April 2020 einigten sich die EU-Finanzminister auf folgendes Hilfspaket:

  • Eine Ausweitung des Eurorettungsschirms (ESM) um 240 Milliarden Euro.
  • Ein zusätzliches Kreditprogramm durch die vom früheren FDP-Generalsekretär Werner Hoyer geleitete Europäische Investitionsbank (EIB) i.H.v. 200 Milliarden Euro.
  • Ein Europäisches Kurzarbeiterprogramm „Sure“ mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro.

Vor dem Hintergrund der gewaltigen Lasten, welche die Corona-Krise für alle öffentlichen Haushalte in Deutschland und Nordrhein-Westfalen mit sich bringt und vor dem Hintergrund der bereits beschlossenen, massiven Finanzhilfen für Mitgliedstaaten der EU wären weitere Schritte in Richtung Transferunion und gemeinsame Verschuldung unverantwortlich und sind abzulehnen.

II. Der Landtag stellt fest

  • Die Corona-Krise führt zu gewaltigen Belastungen der öffentlichen Haushalte in Deutschland.
  • Das genaue Ausmaß dieser Lasten und der unvermeidlichen Wirtschaftskrise ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt noch nicht absehbar.
  • Die Corona-Krise darf nicht zu einer weiteren gemeinsamen Verschuldung der Euroländer oder zu einer weiteren eigenen Verschuldung der Europäischen Union führen.

III. Der Landtag beschließt

  • Der Landtag appelliert an alle zuständigen Regierungsstellen und Parlamente und beauftragt die Landesregierung, sich gegen eine weitere gemeinsame Verschuldung der Euroländer („Corona-Bonds“ u.ä.) einzusetzen.
  • Der Landtag appelliert an alle zuständigen Regierungsstellen und Parlamente und beauftragt die Landesregierung, sich gegen weitere Finanztransfers innerhalb der EU einzusetzen, solange das Ausmaß des Schadens für Deutschland noch nicht absehbar ist.
  • Der Landtag appelliert an alle zuständigen Regierungsstellen und Parlamente und beauftragt die Landesregierung, sich auch gegen andere, sogenannte „innovative Finanzinstrumente“ einzusetzen, die eine weitere gemeinsame Verschuldung mit sich bringen.

Sven W. Tritschler
Herbert Strotebeck
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 https://www.n-tv.de/wirtschaft/Welthandel-koennte-um-ein-Drittel-einbrechen-article21702877.html – abgerufen am 16. April 2020

2 https://www.wz.de/nrw/anstieg-der-kurzarbeit-schwaecht-sich-weiter-ab_aid-50057581  – abgerufen am 16. April 2020

3 https://www.wirtschaft.nrw/pressemitteilung/nordrhein-westfalen-hilft-m ittelstaendischer-wirtschaft – angerufen am 16. April 2020

4 Bereits jetzt gibt es zahlreiche Instrumente in der EU, die zu einer zumindest indirekten gemeinsamen Verschuldung in der EU führen – ESM, Target II sowie die Anleihekaufprogramme PSPP und CSPP. Vgl. beispielsweise https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2019/heft/8/beitrag/staatsfinanzierung-durch-geldpolitik.html sowie  https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2019/heft/8/beitrag/staatsfinanzierung-durch-geldpolitik.html – abgerufen am 20.04.2020

5 https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-mehrere-cdu-politiker-sprechen-sich-fuer-corona-bonds-aus-a-59a84349-7659-470a-9820-ca6e5c7c77ba abgerufen am 16. April 2020

6 https://www.handelsblatt.com/dpa/wirtschaft-handel-und-finanzen-virus-walter-borjans-fuer-corona-bonds-geht-um-die-rettung-europas/25702898.html?ticket=ST-3742174-9FAAXiZCd3bmjkBZSFEc-ap2 – abgerufen am 16. April 2020

7 https://www.spiegel.de/politik/deutschland/robert-habeck-die-ablehnung-von-corona-bonds-schadet-deutschlands-interessen-a-4e393eb2-b8e5-4822-8289-2a4ef3767ca6 – abgerufen am 16. April 2020

8 https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2020/italien-pocht-weiter-auf-corona-bonds/ – abgerufen am 16. April 2020