Kinder und Jugendliche schützen: Pubertätsblocker verbieten – Begleitung von Men-schen mit Geschlechtsdysphorie stärken!

Antrag
vom 06.11.2024

Antrag

der Fraktion der AfD

Kinder und Jugendliche schützen: Pubertätsblocker verbieten Begleitung von Men­schen mit Geschlechtsdysphorie stärken!

I. Ausgangslage

Zum 1. November löste das neue Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Ge­schlechtseintrag das bisherige Transsexuellengesetz in seiner Gesamtheit ab. Das neue ‚Selbstbestimmungsgesetz‘ klingt dabei auf den ersten Blick harmlos. Es wird von dem Grund­recht auf Selbstbestimmung und dem Kampf gegen Diskriminierung transsexueller Menschen geschrieben. Doch was ändert sich im Detail?

So ist fortan eine persönliche, schriftliche Erklärung beim Standesamt ausreichend, um Vor­name und Geschlecht ändern zu lassen. Kinder ab dem 14. Lebensjahr können dabei eigen­mächtig die Änderung des Geschlechts einfordern, die Eltern müssen lediglich zustimmen. Ein Vetorecht der Eltern ist nicht vorgesehen, da im Zweifel das Familiengericht ‚zum Wohl des Kindes‘ entscheidet.1 Für die Geschlechtsänderung ist zudem weder ein psychiatrisches Gut­achten noch psychologische Beratung mehr notwendig. Zwar müssen Kinder und Jugendliche eine Selbstauskunft darüber abgeben, ob sie beraten worden sind, diese Auskunft darf das Standesamt aber nicht hinterfragen und keine Bescheinigung verlangen.2 Wer zudem ‚offen­bart‘, dass jemand ‚Trans‘ ist und eine andere Identität in seiner Vorgeschichte hatte, kann zudem mit einem hohen Bußgeld rechnen.

Insbesondere Fachleute aus dem medizinischen und psychiatrischen Bereich haben große Bedenken. So verabschiedete der Deutsche Ärztetag auf der 128. Hauptversammlung im Mai 2024 zwei mahnende Resolution. Die Bundesärztekammer plädiert hierbei für eine Änderung des Selbstbestimmungsgesetzes, die darauf abzielt, die Änderung des Geschlechtseintrags für Minderjährige unter 18 Jahren an eine kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik und Beratung zu koppeln.3

Darüber hinaus wird in einer zweiten Resolution die Anwendung von Pubertätsblockern und gegengeschlechtlichen Hormonen als „experimentelle Medizin an Kindern“ kritisiert, da die langfristigen gesundheitlichen und psychischen Folgen unklar sind. Die Ärztekammer ruft dazu auf, dass solche Behandlungen maximal im Rahmen wissenschaftlicher Studien und nach um­fassender psychologischer Diagnostik durchgeführt werden dürfen. Sie begründet ihren Vor­stoß mit dem Hinweis, dass wissenschaftliche Langzeitdaten zum Einsatz der Medikamente fehlen und Minderjährige kaum eine informierte Einwilligung für irreversible Eingriffe geben können.4

In der Debatte zu Pubertätsblockern sorgte zudem ein Artikel in der New York Times im Okto­ber 2024 für großes Aufsehen. Dr. Johanna Olson-Kennedy, eine Verfechterin von transge-schlechtlicher Behandlung für Jugendliche, hat die Veröffentlichung einer US-Studie zu Pu-bertätsblockern zurückgehalten, da die Ergebnisse im derzeit polarisierten politischen Klima in den USA gegen die Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit Pubertätsblockern genutzt werden könnten. Die Studie, die 2015 begann und von der National Institutes oft Health finanziert wurde, untersuchte 95 Kinder, denen Pubertätsblocker verabreicht wurden, um de­ren langfristige körperliche Veränderungen zu verhindern. Im Gegensatz zu früheren Studien aus den Niederlanden zeigte die amerikanische Studie jedoch keine Verbesserung der psy­chischen Gesundheit der Kinder nach zwei Jahren Behandlung. Nun äußern sich auch anderer Wissenschaftler, die auf die Bedeutung der Veröffentlichung der Ergebnisse hinwiesen, auch wenn diese keine positiven Effekte aufzeigen. Olson-Kennedy befürchtet jedoch, dass die Er­gebnisse politische Eingriffe verstärken könnten, da Pubertätsblocker bereits in vielen US-Bundesstaaten verboten sind.5

Diese Bundesstaaten stehen damit allerdings nicht allein. Schon jetzt variiert der Zugang zu Pubertätsblockern für Menschen mit Geschlechtsdysphorie, insbesondere Minderjährige, in­nerhalb Europas. Finnland beschränkte 2020 die Verabreichung von Pubertätsblockern auf­grund von Bedenken über Nebenwirkungen und unzureichender Datenlage. Seit 2021 wird dort betroffenen Kindern und Jugendlichen zunächst eine psychotherapeutische Unterstüt­zung empfohlen. In Großbritannien führte die Tavistock-Klinik 2011 Pubertätsblocker für Kin­der ein. In den Folgejahren gab es jedoch Bedenken hinsichtlich der Verschreibungspraxis, was 2022 zur Schließung der Klinik und zur Einführung neuer Richtlinien durch den National Health Service (NHS) führte. Laut den Vorgaben des NHS wird der Einsatz von Pubertätsblo-ckern ab 2023 nur noch im Rahmen streng überwachter Studien erlaubt. Die Behandlung be­troffener Jugendlicher soll auch hier vorrangig psychosozial und psychologisch erfolgen.

Auch Schweden, bekannt für seine progressive Gesetzgebung in Bezug auf LSBT-Rechte, schränkte 2021 die Verschreibung von Pubertätsblockern bei Minderjährigen ein. Am Karo-linska-Universitätskrankenhaus in Stockholm dürfen Pubertätsblocker nur noch im Rahmen klinischer Studien und mit Genehmigung des Ethikrates verabreicht werden. Anfang 2022 stellte das Swedish National Board of Health and Welfare in einer Richtlinie fest, dass die Risiken hormoneller Behandlungen für Minderjährige die Vorteile übersteigen. Im Februar 2023 trat schließlich ein allgemeines Verbot von Pubertätsblockern für Minderjährige in Kraft, mit Ausnahme seltener Einzelfälle.6

Trotz der immer restriktiveren Vorschriften im europäischen Ausland hält Deutschland weiter­hin an der Vergabe von Pubertätsblockern fest. So hat das Bundesfamilienministerium in der Vergangenheit auf dem sogenannten ‚Regenbogenportal‘ sogar noch aktiv für deren Ein­nahme geworben, um die natürliche Entwicklung der Kinder zu verzögern und sich so „mehr Zeit zum Nachdenken“ zu verschaffen. Pubertätsblocker wurden als harmlose Medikation dar­gestellt, die es Kindern und Jugendlichen ermögliche, in Ruhe zu überlegen, welcher Körper zu ihnen passt. 7 Die Tragweite einer solchen Entscheidung und die potenziellen Nebenwir­kungen hormoneller Eingriffe sind jedoch für 14-jährige kaum abzusehen.

Neben der fehlenden Evidenz und wissenschaftlichen Langzeitstudien zu den irreversiblen Folgen durch die Einnahme von Pubertätsblocker wird eins besonders deutlich: ‚Trans‘ entwi­ckelt sich zunehmend zu einem Sammelbegriff für sämtliche Varianten rund um die eigene Geschlechtsidentität und schließt dabei alles ein, was nicht dem vermeintlichen gesellschaftli­chen Rollenbild entspricht. Auf diese Weise entsteht ein nicht ungefährlicher Trend für Kinder und Jugendliche. So gibt es immer mehr Fälle von Kindern und Jugendlichen, die scheinbar ihren Körper als fremd empfinden und ihr Geschlecht ändern wollen, oft beeinflusst durch On-line-Communities.8 In Deutschland ist die Diagnose „Störung der Geschlechtsidentität“ in der Altersgruppe der 5- bis 24-Jährigen innerhalb von zehn Jahren auf das 8-Fache angestiegen, jedoch behalten nur etwa ein Drittel der Diagnostizierten ihre Geschlechtsidentitätsstörung bei. Der oftmals mit der Diagnose verbundene Einsatz von Pubertätsblockern kann dabei nicht nur schwerwiegende Nebenwirkungen, sondern auch dauerhafte Folgen bis hin zur Unfruchtbar­keit haben. Wissenschaftliche Belege dafür, dass eine Behandlung mit Pubertätsblockern oder Hormonen die Suizidrate senkt, fehlen jedoch.9 Zudem wird häufig außer Acht gelassen, dass das Unwohlsein mit dem eigenen Körper oft durch tiefe liegende psychische Probleme verur­sacht wird und es so zu zahlreichen Fehldiagnosen kommen kann. Die Vergabe von Puber-tätsblockern oder gegengeschlechtlichen Hormonen kann daher nicht die Lösung sein und zu unreflektierten medizinischen Behandlungen führen.10

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Langzeitstudien und umfassende Erkenntnisse zu den Risiken von Pubertätsblockern fehlen. Es herrscht Unklarheit über deren potenziell irreversible Auswirkungen.
  2. Bisherige Studien zur Evidenz von Pubertätsblockern zeichnen ein unklares Bild.
  3. Fachkreise im medizinischen und psychiatrischen Bereich üben scharfe Kritik an der Vergabe von Pubertätsblockern an Minderjährige. Aufgrund der ungeklärten Langzeit­folgen wird der Einsatz als experimentelle Medizin an Kindern gewertet.
  4. Die Bundesärztekammer fordert, dass solche medizinischen Eingriffe ausschließlich im Rahmen wissenschaftlicher Studien und erst nach gründlicher psychologischer Diagnos­tik erfolgen dürfen.
  5. Mehrere europäische Staaten, darunter Finnland, Großbritannien und Schweden, haben restriktive Regelungen zur Vergabe von Pubertätsblockern verabschiedet und deren Ein­satz bei Minderjährigen weitgehend untersagt.
  6. Deutschland hält – trotz der Einschränkungen in anderen europäischen Staaten und der Unklarheit über die Evidenz und den Langzeitfolgen – weiterhin an der Vergabe von Pubertätsblockern an Minderjährige fest.
  7. Es ist inakzeptabel, dass Forschungsergebnisse aufgrund politischer oder gesellschaft­licher Unannehmlichkeiten zurückgehalten werden und somit wissenschaftliche Trans­parenz beeinträchtigt wird.

III. Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf:

  1. sich auf Bundesebene für ein allgemeines Verbot von Pubertätsblockern für Minderjäh­rige einzusetzen;
  2. die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie durch vorran­gig psychotherapeutische Begleitung sicherzustellen und das Beratungsangebot hierfür weiter zu stärken;
  3. Minderjährige umfassend darüber aufzuklären, dass Geschlechtsdysphorie während der Pubertät häufig nur vorübergehend auftritt und das Unwohlsein mit dem eigenen Körper oft auf tiefere psychische Ursachen zurückzuführen ist. Gleichzeitig sollen die physi­schen und irreversiblen Konsequenzen von Pubertätsblockern und die daraus oftmals resultierende Einnahme von gegengeschlechtlichen Hormonen unmissverständlich ver­mittelt werden.

Zacharias Schalley
Dr. Martin Vincentz
Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-11319

 

1 https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw15-de-geschlechtseintrag-997406 (abgeru­fen am 28.10.2024)

2 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/queerpolitik-und-geschlechtliche-vielfalt/gesetz-ueber-die-selbstbestimmung-in-bezug-auf-den-geschlechtseintrag-sbgg–199332 (abgerufen am 30.10.2024)

3 https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/deutscher-aerztetag-bundesaerztekammer-pubertaetsblo-cker-einschraenken-1.7181643 (abgerufen am 28.10.2024)

4 https://128daet.baek.de/data/media/BIc48.pdf (abgerufen am 28.10.2024)

5 https://www.nytimes.com/2024/10/23/science/puberty-blockers-olson-kennedy.html (abgerufen am 28.10.2024)

6 https://www.bundestag.de/resource/blob/977412/5b0215d36950bf3f0a7ae8c79d4ae527/WD-9-064-23-pdf.pdf (abgerufen am 28.10.2024)

7 Lt.-Drucksache 18/1719

8 https://www.welt.de/politik/deutschland/plus236152872/Transgender-Fehldiagnose-trans-die-gravie-renden-Folgen-fuer-Nele-und-Elie.html (abgerufen am 29.10.2024)

9 https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/transgender-diagnosen-laut-studie-auf-das-acht-fache-gestiegen-19752099.html (abgerufen am 28.10.2024)

10 https://www.welt.de/politik/deutschland/plus236152872/Transgender-Fehldiagnose-trans-die-gravie-renden-Folgen-fuer-Nele-und-Elie.html (abgerufen am 29.10.2024)