Kindergartenjahr 22/23 – Personalmangel an Kitas und in 160 Stunden zum Erzieher?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 250
der Abgeordneten Andreas Keith und Zacharias Schalley vom 01.08.2022

 

Kindergartenjahr 22/23 Personalmangel an Kitas und in 160 Stunden zum Erzieher?

Nicht nur in Nordrhein-Westfalen ächzen Kitas unter Personalmangel, die Agentur für Arbeit meldet allein in Hamburg mehr als 300 unbesetzte Stellen. Hamburg hat nun für dieses Problem eine Lösung entwickelt und bietet für bestimmte Berufe eine Umschulung zum Erzieher an. 160 Stunden Theorie und ein Jahr Praxis reichen künftig, um sich sozialpäda­gogischer Assistent nennen zu dürfen. Um eine Umschulung machen zu dürfen, muss man eine Ausbildung oder ein Studium im Bereich der Pflege, als Physio- oder Ergotherapeut nachweisen.1

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie viele unbesetzte Stellen in Kitas gibt es zum Start des neuen Kindergartenjahrs 22/23 in NRW?
  2. Wie ist der durchschnittliche Betreuungsschlüssel von Erziehern zu Kindern zum Start des neuen Kindergartenjahres 22/23 in Nordrhein-Westfalen?
  3. Wie bewertet die Landesregierung die Lösung des Entgegenwirkens gegen den Perso­nalmangel im Bereich der Kitas in Hamburg, unter Berücksichtigung des gleichzeitigen Mangels an Pflegepersonal in Nordrhein-Westfalen?
  4. Welche konkreten Pläne hat die Landesregierung, um den Personalmangel an nordrhein-westfälischen Kitas zu lösen?
  5. Wie viele Kinder haben zum Start des Kindergartenjahres 22/23 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in Nordrhein-Westfalen?

Andreas Keith
Zacharias Schalley

 

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1 https://www.bild.de/bild-plus/regional/hamburg/hamburg-aktuell/express-ausbildung-gegen-personal-mangel-in-160-stunden-zum-kita-erzieher-80848224.bild.html


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 250 mit Schreiben vom 19. September 2022 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele unbesetzte Stellen in Kitas gibt es zum Start des neuen Kindergarten­jahrs 22/23 in NRW?

Daten zum Stand der unbesetzten Stellen werden in der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik sowie im Rahmen der Wahrnehmung der Aufgaben der Landesjugendämter als betriebs-erlaubniserteilende Stellen nicht erhoben.

  1. Wie ist der durchschnittliche Betreuungsschlüssel von Erziehern zu Kindern zum Start des neuen Kindergartenjahres 22/23 in Nordrhein-Westfalen?

Nach § 36 Absatz 4 legt das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) die Mindestausstattung der Kinder­tageseinrichtungen fest. Danach ist je Gruppe Personal für mindestens 5 Leitungsstunden wö­chentlich zur Verfügung zu stellen (vgl. § 29 Absatz 2 KiBiz). Die vorzuhaltende Mindestanzahl an Fachkraftstunden ergibt sich aus der Anlage zu § 33 Absatz 1 KiBiz. In der Gruppenform III ist zudem eine Mindestanzahl an Ergänzungskraftstunden in der Höhe der in der Anlage ausgewiesenen Anzahl an Fachkraftstunden für diese Gruppenform vorzuhalten. Die Festle­gung eines Betreuungsschlüssels im Sinne eines Erzieher:in-Kind-Schlüssels erfolgt nicht. Weitere Maßgaben zur vorgesehenen Gesamtpersonalkraftstundenzahl ergeben sich jedoch aus § 28 Absatz 3 KiBiz.

Die im Rahmen der Kindpauschalen finanzierten Gesamtpersonalkraftstunden ermöglichen unter Berücksichtigung von sonstigen Personalkosten wie Vertretungskosten, Kosten für Be­rufspraktikanten/-innen, Fort- und Weiterbildung u. ä. folgende rechnerische Personalschlüssel in den Gruppenformen:

Gruppenform I (Kinder im Al­ter von zwei Jahren bis zur Einschulung)
Personalschlüssel
25 h 1:7
35 h 1:7
45 h 1:7

 

Gruppenform II (Kinder im Al­ter von unter drei Jahren)
Personalschlüssel
25 h 1:3,3
35 h 1:3,3
45 h 1:3,3

 

Gruppenform III (Kinder im Al­ter von drei Jahren und älter)
Personalschlüssel
25 h 1:8,8
35 h 1:8,8
45 h 1:7,9

 

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Lösung des Entgegenwirkens gegen den Personalmangel im Bereich der Kitas in Hamburg, unter Berücksichtigung des gleichzeitigen Mangels an Pflegepersonal in Nordrhein-Westfalen?

Wie viele andere Bundesländer auch steht Nordrhein-Westfalen in erheblichem Maß vor der Herausforderung des Personalmangels in der Kindertagesbetreuung, der auch neben dem Personalmangel in anderen Berufsfeldern besteht.

Gemäß den Richtlinien für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen sowie dem Informations­blatt „Erziehungspersonal in Kitas und der Ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen („Positivliste“)“ der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration der Freien Hansestadt Hamburg können im Bereich der Kindertageseinrichtungen bestimmte weitere Per­sonengruppen neben den Personengruppen mit klassischen Qualifizierungen eingesetzt wer­den. Voraussetzung hierfür ist eine zusätzliche Nachqualifizierung in Pädagogik der Kindheit, Entwicklungspsychologie und Kinderschutz im Umfang von insgesamt mindestens 80 Stunden und eine einschlägige Tätigkeit im Umfang von mindestens 1000 Stunden innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn des Einsatzes in einer Kita oder der GBS. Ohne eine einschlägige Tätigkeit ist eine Nachqualifizierung in Pädagogik der Kindheit, Entwicklungspsychologie und Kinderschutz im Umfang von insgesamt mindestens 160 Stunden erforderlich.

Eine vergleichbare Regelung gibt es auch in Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Personal­verordnung in § 10 Abs. 4.

  1. Welche konkreten Pläne hat die Landesregierung, um den Personalmangel an nordrhein-westfälischen Kitas zu lösen?

In einem ersten Schritt wurde das Alltagshelferprogramm verlängert, um auch Stundenaufsto­ckungen für Bestandskräfte zu ermöglichen.

Die Landesregierung wird darüber hinaus eine Fachkräfteoffensive etablieren und die Weichen für ein verbessertes Fachkräftemanagement stellen. Die Anerkennung ausländischer Ab­schlüsse soll verbessert und zusätzliche Ausbildungskapazitäten geschaffen werden. Zudem soll der Einsatz von Verwaltungsassistenzen ermöglicht werden, um pädagogische Fachkräfte weitestgehend von bürokratischer Arbeit zu entlasten.

  1. Wie viele Kinder haben zum Start des Kindergartenjahres 22/23 einen Rechtsan­spruch auf einen Betreuungsplatz in Nordrhein-Westfalen?

Daten zur genauen Anzahl der Kinder, die über einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungs­platz in einem Angebot der Kindertagesbetreuung zum 1. August 2022 verfügen, werden lan­desweit nicht erhoben.

Nach den Daten der Bevölkerungsfortschreibung lebten am 31.12.2021 in Nordrhein-Westfa­len 963.455 Kinder im Alter von 1 bis 6,5 Jahren.

 

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