Kleine Anfrage 4663
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Köln: Ein 15-Jähriger musste sterben, weil er vor Gericht aussagte
Der 15-jährige K. mit kurdischen Wurzeln wurde am Abend des 9. März 2024 im Kölner Stadtteil Mülheim von vier mutmaßlichen Drogendealern entführt, gefoltert und ermordet. Die Täter, Y. (27), M. (19), M. (19) und D. (20), allesamt polizeibekannte Dealer, gehören zu einer Drogengang, die in der Gegend aktiv ist. Das Opfer soll als sogenannter „Läufer“ für die Gang gearbeitet haben, indem er kleinere Drogenverkäufe abwickelte. Drei Wochen vor seinem Tod hatte er vor dem Jugendgericht gegen zwei der Täter, M. und M., ausgesagt und sie belastet. Diese Aussage wurde als Verrat angesehen und brachte ihn in Lebensgefahr. Um ein Exempel zu statuieren und andere „Läufer“ abzuschrecken, plante die Gang seine Ermordung.1
Am 9. März begegneten M. und M. zufällig dem Vater des späteren Opfers am Wiener Platz in Köln. Sie drohten ihm offen an, seinen Sohn umzubringen, da dieser „große Scheiße gebaut“ habe. Der Vater alarmierte daraufhin nach eigener Aussage die Polizei, doch diese konnte keinen entsprechenden Anruf bestätigen. Ungehindert setzten die Täter ihren Plan fort und fanden schließlich das Opfer in der Nähe einer Kneipe und zwangen es mit Gewalt in ein Auto. Der Wirt hörte noch, wie einer der Täter sagte: „Den werdet ihr nie wiedersehen.“ K. wurde daraufhin an den abgelegenen Mülheimer Hafen verschleppt, wo die anderen beiden Täter,
- und D., bereits auf ihn warteten. Laut Anklage soll K. die Täter angefleht haben, sein Leben zu verschonen, doch die Gruppe ignorierte seine Bitten. Sie verprügelten ihn brutal, traten ihm ins Gesicht und brachen ihm die Nase. Sie entkleideten ihn bis auf die Unterhose und verbrannten seine Kleidung. Schließlich fügten sie ihm vier Messerstiche in den Oberschenkel und vier weitere, tödliche Messerstiche in den Oberkörper zu. Diese durchbohrten seine Lunge und Leber, wodurch K. innerlich verblutete. Die Kölner Staatsanwaltschaft erhob Anklage gegen die vier Täter wegen gemeinschaftlichen Mordes aus niedrigen Beweggründen. Die Tat wurde als Racheakt und als Warnung an andere Bandenmitglieder gewertet. Alle vier Beschuldigten sitzen seitdem in Untersuchungshaft.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Über welche Nationalität verfügen die Tatverdächtigen?
- Über welche Mehrfachstaatsangehörigkeiten verfügen die Tatverdächtigen?
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtigen bekannt?
- Wie hat sich die Anzahl der Straftaten in Köln-Mülheim seit 2020 bis heute jeweils pro Halbjahr entwickelt? (Bitte die einzelnen Delikte aufschlüsseln.)
Markus Wagner
2 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 4663 mit Schreiben vom 25. November 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Es wird zunächst auf die Antwort der Landesregierung vom 17.04.2024 (LT-Drs. 18/8935) auf die Kleine Anfrage 3539 Bezug genommen. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat mir unter dem 31.10.2024 ergänzend u. a. berichtet, dass spätestens im weiteren Tatverlauf zwei weitere Personen zur Tatausführung hinzugekommen seien. Gegen nunmehr vier Personen habe seine Behörde Anklage wegen gemeinschaftlichen Mordes aus niedrigen Beweggründen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge erhoben. Die Hauptverhandlung dauere an.
- Über welche Nationalität verfügen die Tatverdächtigen?
Dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalt in Köln zufolge ist der weitere Angeklagte deutscher Staatsangehöriger. Im Übrigen nehme ich Bezug auf die vorbezeichnete Antwort der Landesregierung vom 17.04.2024.
- Über welche Mehrfachstaatsangehörigkeiten verfügen die Tatverdächtigen? Auf die Antwort auf die Frage 2 wird Bezug genommen.
- Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über die Tatverdächtigen bekannt?
Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Sinne dieser Antwort fußen grundsätzlich auf Verdachtsmomenten, die Grundlage für eine polizeiliche Strafanzeige oder die Gegenstand von kriminalpolizeilichen Ermittlungen geworden sind. Solche Erkenntnisse ermöglichen regelmäßig keinen Rückschluss auf die Richtigkeit des in Rede stehenden Vorwurfs und auf das Ergebnis der abschließenden justiziellen Prüfung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Ein Angeklagter ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- In 27 Fällen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz,
- in zwei Fällen wegen einfacher vorsätzlicher Körperverletzung,
- in drei Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung,
- in fünf Fällen wegen Diebstahlsdelikten,
- wegen Betruges,
- wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte,
- wegen des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen,
- wegen des Inverkehrbringens von Falschgeld,
- wegen Raubes,
- wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz und
- wegen unbefugten Gebrauchs eines Fahrzeugs.
Ein Angeklagter ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- In zwölf Fällen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und
- wegen Warenbetrugs.
Ein Angeklagter ist in der Vergangenheit bisher wegen des Verdachts der Begehung der nachfolgenden Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten:
- In sechs Fällen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz,
- in zwei Fällen wegen Hehlerei,
- wegen gefährlicher Körperverletzung,
- wegen Urkundenfälschung,
- wegen einfacher vorsätzlicher Körperverletzung und
- wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen.
Ein Angeklagter ist bislang nicht polizeilich in Erscheinung getreten.
- Wie hat sich die Anzahl der Straftaten in Köln-Mülheim seit 2020 bis heute jeweils pro Halbjahr entwickelt? (Bitte die einzelnen Delikte aufschlüsseln.)
Als Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung dient die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwendige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2024 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen wird der Gemeindeteil Köln-Mülheim nicht separat statistisch erfasst, sodass der Bezirk des Polizeipräsidiums Köln ausgewertet wurde.
Die Fallzahlenentwicklung für den Bezirk des Polizeipräsidiums Köln seit dem Jahr 2014 bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Jahr | Fälle |
2014 | 171 899 |
2015 | 169 468 |
2016 | 159 039 |
2017 | 149 428 |
2018 | 137 313 |
2019 | 133 813 |
2020 | 123 579 |
2021 | 119 473 |
2022 | 141 164 |
2023 | 149 970 |
Obwohl die Fallzahlen im Vergleich zu den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 zuletzt wieder deutlich angestiegen sind, befinden sie sich im Zehnjahresvergleich auf mittlerem Niveau. Auch wenn die Zahlen im Jahr 2023 über denen des „Vor-Corona-Jahres“ 2019 liegen, ist im Vergleich der Jahre 2014 und 2023, und damit langfristig betrachtet, insgesamt ein Rückgang der Fallzahlen um 12,8 % (-21.929 Fälle) zu verzeichnen.