Köln: Großbetrug durch MPU-Masche von Ex-DJ K. – Was sind die Fakten?

Kleine Anfrage
vom 17.06.2024

Kleine Anfrage 3982

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Köln: Großbetrug durch MPU-Masche von Ex-DJ K. Was sind die Fakten?

Am Donnerstag, den 11. Januar 2024, kam es in mehreren Bundesländern zu Wohnungs- und Geschäftsraumdurchsuchungen. Anlass war eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft gegen den Hauptbeschuldigten K., dem gewerbsmäßiger Betrug und Urkundenfälschung vorgeworfen wird. Dieser soll mit einem 44-jährigen Komplizen das Gewerbe „MPU King“1 geleitet haben, mit dem sie dafür warben, dass Kunden nach Verlust ihres Führerscheins – vor allem wegen Drogen- und Alkoholmissbrauchs – die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) bestehen und innerhalb von nur sechs Wochen ihren Führerschein mit makelloser Erfolgsgarantie zurückbekommen würden. Dies ist unter normalen Voraussetzungen gar nicht möglich, da Personen, die ihren Führerschein aufgrund von Alkohol- oder Drogenmissbrauch verloren hatten, über einen Zeitraum von in der Regel einem Jahr Abstinenznachweise in Form von Urin- und Haarproben erbringen müssen. Den Führerschein nach einer so kurzen Zeit bereits wieder ausgehändigt zu bekommen, ist nur möglich, wenn ein korrupter Mediziner falsche Abstinenznachweise ausstellt. Laut Polizei soll in diesem Fall ein Arzt aus dem Raum München dieses Unterfangen unterstützt haben. Je nach Delikt sollen Kunden zwischen 1.500 und 5.000 Euro bezahlt haben. Insgesamt soll damit ein Umsatz in Millionenhöhe gemacht worden sein.

Der Angeklagte posierte häufig in sozialen Medien auf Fotos mit teuren Autos, Markenklamotten und anderen Luxusgütern. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass durch „MPU King“ vor allem „Kunden aus dem Rocker- und Clan-Milieu“ geholfen wurde, ihre Führerscheine schnellstmöglich zurückzuerlangen. So sagte ein Szeneinsider der Bild-Zeitung, dass in diesem Milieu die meisten Leute regelmäßig Drogen aller Art konsumieren würden. Aus diesem Grund würde auch niemand auf legalem Wege den Führerschein zurückbekommen, da die MPU bzw. der Abstinenznachweis immer negativ verlaufen würde. Dabei soll mit Personen wie A., der als Rapper „Haftbefehl“ bekannt ist, gemeinsame Sache gemacht worden sein. Dieser bewarb auf seinen Social-Media-Kanälen die Dienste von „MPU King“ lauthals aus seinem Auto heraus, während K. neben ihm saß. Auch der als Rapper „Massiv“ bekannte T. soll in einem Videoclip Werbung für das Unternehmen gemacht haben. Zusätzlich erschien auf seinem Instagramprofil ein Foto, das ihn zusammen mit K. und dessen Geschäftspartner auf luxuriösen Sesseln zeigte. Im Untertitel des Bildes wurde der Rapper in der „MPU King Familie“ willkommen geheißen. Auf Nachfrage der Bild-Zeitung hieß es aber, es sei nie zu einem geschäftlichen Verhältnis zwischen K. und den Rappern gekommen. Bei der großangelegten Wohnungsdurchsuchung am 11. Januar konnte der Verdächtige nicht angetroffen werden, da er zuvor nach Dubai geflohen war.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Fällen von gewerbsmäßigem Betrug? (Bitte nach Ort, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  3. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Fällen von Urkundenfälschung? (Bitte nach Ort, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  4. Wie hoch ist der finanzielle Schaden, der durch die in Fragen 2 und 3 abgefragten Fälle entstanden ist?

Markus Wagner

 

MMD18-9626

 

1 https://m.bild.de/bild-plus/regional/koeln/koeln-aktuell/er-verdiente-millionen-das-luxusleben-des-mpu-abzockers-in-dubai-86732050.bildMobile.html.
2 Ebenda.


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 3982 mit Schreiben vom 19. Juli 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich jährlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten des Jahres 2024 nicht vor.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächti­gen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat mir unter dem 03.07.2024 im Wesentlichen berich­tet, dass die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen derzeit sieben Beschul­digte deutscher Staatsangehörigkeit wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung, gewerbs­mäßigen Betrugs und Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse führe. Gegen zwei Be­schuldigte bestehe der Verdacht, im Zeitraum von 2018 bis 2023 in einer Vielzahl von Fällen geschäftsmäßig gefälschte Dokumente erstellt und Kunden ausgehändigt zu haben, um die­sen zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu verhelfen. Vier weiteren Beschuldigten werde Bei­hilfe hierzu vorgeworfen. Ein weiterer Beschuldigter sei verdächtig, Gutachten ohne die hierfür erforderlichen Untersuchungen oder Nachweise erstellt zu haben. Seit wann die Beschuldig­ten im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit seien, sei bislang nicht bekannt. Die Ermitt­lungen dauerten an.

Fünf der Beschuldigten seien nicht vorbestraft. Zwei der Beschuldigten seien mehrfach u. a. wegen Verkehrsstraftaten oder Körperverletzungsdelikten verurteilt worden, wobei ein Be­schuldigter zuletzt wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden sei, verurteilt worden sei.

Von einer detaillierten Aufschlüsselung der Vorstrafen bzw. der Nennung der Vornamen der Beschuldigten deutscher Staatsangehörigkeit wird unter Abwägung des parlamentarischen In­formationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschuldigten, insbeson­dere auch im Hinblick auf das Resozialisierungsgebot abgesehen. Dabei ist auch zu berück­sichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren eine Identifizierbarkeit wahrscheinlich oder je­denfalls möglich erscheint. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die wei­teren Angaben zum Sachstand sowie den allgemeinen Angaben zu Vorstrafen entsprochen.

  1. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Fällen von gewerbsmäßigem Betrug? (Bitte nach Ort, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Ge­schlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaats­angehörigkeit extra ausweisen.)

Der gewerbsmäßige Betrug wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik, deren Kriterien bundes­einheitlich festgelegt sind, nicht differenziert erfasst, weshalb eine Beantwortung der Frage 2 nicht möglich ist.

  1. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Fällen von Urkundenfäl­schung? (Bitte nach Ort, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Ge­schlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaats­angehörigkeit extra ausweisen.)

Der nachfolgenden Tabelle bitte ich die Anzahl der Fälle von Urkundenfälschung, die in den Jahren 2015 bis 2023 in Nordrhein- Westfalen bekannt geworden sind, zu entnehmen:

Jahr Fälle
2015 13.829
2016 15.672
2017 15.713
2018 15.079
2019 13.573
2020 15.583
2021 21.797
2022 28.370
2023 19.341

 

  1. Wie hoch ist der finanzielle Schaden, der durch die in Fragen 2 und 3 abgefragten Fälle entstanden ist?

Der finanzielle Schaden umfasst, im Sinne der Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik, den Geldwert des rechtswidrig erlangen Gutes. Bei Vermögensdelikten ist unter Schaden die Wertminderung des Vermögens zu verstehen. Der Schaden ist nach den Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik bei allen im Straftatenkatalog mit „S“ gekennzeichneten vollendeten Straftaten zu erfassen. Bei der Urkundenfälschung erfolgt eine solche Erfassung nicht. Für den gewerbsmäßigen Betrug kann aufgrund der fehlenden Differenzierung in der Polizeilichen Kriminalstatistik ebenfalls keine Auskunft über den Schadensumfang getroffen werden.

 

MMD18-10076

Beteiligte:
Markus Wagner