Köln: Mann schlägt Kippa-Träger ins Gesicht

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 689
des Abgeordneten Markus Wagner vom 03.11.2022

Köln: Mann schlägt Kippa-Träger ins Gesicht

Am Freitagabend, den 28. Oktober 2022, überwältigte ein Ladendetektiv einen 27-jährigen mutmaßlichen Ladendieb auf der Schildergasse und bat Passanten um Unterstützung. Ein 22 Jahre alter Iraker, der eine Kippa trug, eilte ihm zu Hilfe und wurde von dem aus Syrien stammenden 27-Jährigen nach Angaben der Polizei „mit Blick auf den israelisch-palästinen­sischen Konflikt beleidigt“1 Ein weiterer Syrer, ein 25-jähriger Mann, habe dem Iraker zudem ins Gesicht geschlagen. Er wurde festgenommen und am nächsten Morgen wieder entlassen.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Seit wann sind die beiden Syrer im Land?
  3. Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen sie?
  4. Was tut die Landesregierung, um muslimisch motivierten und/oder dem Israel-Palästina-Konflikt entspringenden Antisemitismus zu verhindern?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. htt p s: / / www . s t e r n .de/ gesellschaft /regional/ nordrhein – westfalen /extremismus–angriff-auf-m a n n-mit-kippa-in-koeln—staatsschutz-ermittelt- 32 86 48 52 .html.

2 Ebd.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 689 mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, dem Minister der Justiz und dem Minister für Bundes-und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei beant­wortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tat­verdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vor­namen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Seit wann sind die beiden Syrer im Land?
  3. Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen Sie?

Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Das Ministerium der Justiz hat mir mit Datum vom 14.11.2022 folgenden Beitrag zur Verfügung gestellt:

„Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz am 11.11.2022 mitgeteilt, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln einem Bericht des Leitenden Oberstaats­anwalts in Köln zufolge andauern. Sie richten sich gegen zwei 22- bzw. 25-jährige syrische Staatsangehörige. Die Erzielung von Erkenntnissen zu deren Vorstrafen und der Dauer ihres inländischen Aufenthaltes sei unter anderem Gegenstand der andauernden Ermittlungen.“

  1. Was tut die Landesregierung, um muslimisch motivierten und/oder dem Israel-Palästina-Konflikt entspringenden Antisemitismus zu verhindern?

Die Landesregierung setzt sich gegen jede Form von Antisemitismus ein. So fördert und un­terstützt sie eine Vielzahl an Programmen, Projekten und Maßnahmen im Bereich der Antise-mitismusprävention. In diesem komplexen und sensiblen Themenfeld agieren die unterschied­lichen Akteurinnen und Akteure interdisziplinär und ressortübergreifend. Durch Wissensver­mittlung und Aufklärung wird die Bevölkerung so sensibilisiert und über bestehende Hilfs- und Unterstützungsangebote informiert.

Da Antisemitismus in verschiedenen Phänomenbereichen (Religiöse Ideologie, Rechts, Aus­ländische Ideologie, Links) vorkommt und nicht immer eindeutig zuzuordnen ist, sind die Pro­gramme und Projekte regelmäßig bereichsübergreifend ausgerichtet. Insgesamt ist festzuhal­ten, dass die nordrhein-westfälischen Programme, Projekte und Maßnahmen im Bereich der Antisemitismusprävention vielfältig, flächendeckend und teils auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnitten sind.

Beispielhaft sind hier zu nennen:

– Die vom Land geförderten Servicestellen für Antidiskriminierungsberatung in Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege beraten von Antisemitismus betroffene Menschen, leisten Prä-ventions- sowie Sensibilisierungsarbeit und fungieren als Informationsstelle.

– Die neu eingerichtete Recherche- und Informationsstelle RIAS NRW (unter Förderung des

Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW) er­fasst, verifiziert und berichtet zudem über alle ihr bekanntgewordenen Vorfälle im Bereich Antisemitismus. So wird ein umfassender Überblick über das Phänomen ermöglicht.

– Zur Erhellung des Dunkelfeldes hat der Landtag Nordrhein-Westfalen die Landesregierung im Rahmen des Beschlusses eines Entschließungsantrags der Fraktionen der CDU und der FPD vom 14.09.2021 mit der Durchführung einer Dunkelfeldstudie zum Thema Rechts­extremismus, Rassismus und Antisemitismus beauftragt. Die Dunkelfeldstudie trägt den Titel „Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft von Nordrhein-Westfalen im Jahr 2023“.

– Die Integrationsagenturen in Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege in den Sozialräumen leisten wichtige Präventionsmaßnahmen, wie beispielsweise die Förderung des inter-religiösen Dialogs.

– Das Projekt „Run in My Shoes“ unterstützt Essener Schulen und außerschulische Einrichtungen in ihrem Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus. Geschulte Studie­rende greifen in Workshops Erfahrungen und Einstellungen von Jugendlichen auf, erarbei­ten Ausprägungen und Folgen von Antisemitismus und Rassismus und regen in prakti­schen Übungen zum Perspektivwechsel und couragierten Handeln gegen Diskriminierung an. Durch das Präventionsprojekt lernen Jugendliche und junge Erwachsene, wie den un­terschiedlichen Formen von Antisemitismus und Rassismus begegnet werden kann. Da­neben erhalten sie unter anderem Einblicke in die Geschichte des Judentums und die Zu­sammenhänge zwischen den Religionen.

– Die nordrhein-westfälischen Kreispolizeibehörden beteiligen sich in verschiedenen Netz­werken und an „Runden Tischen“, wie beispielsweise dem „Netzwerk Wendepunkt“ der Kreispolizeibehörde Rheinisch-Bergischer Kreis, dem Rheinisch-Bergischen Kreis sowie dem schulpsychologischen Dienst, wodurch ein multiprofessionelles und interdisziplinäres Netzwerk zur Förderung von Demokratiekompetenz zur Prävention von Rassismus und politischem Extremismus entstanden ist.

– Die Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit – Beratung bei Rassismus und Antisemitis­mus (SABRA) sensibilisiert für die jüdische Perspektive auf den Antisemitismus und ver­fügt über die Aufgabenfelder Beratung, Prävention sowie Netzwerk- und Gremienarbeit und ist in zahlreichen Arbeitskreisen und Gremien vertreten.

– Bis Sommer 2023 läuft das Projekt der Ruhr-Universität Bochum zum Thema „Antisemitis­mus als soziales Phänomen in der Schule“. Ziel dieses Projektes ist die Untersuchung der Interaktion über Antisemitismus in verschiedenen Unterrichtsfächern. In diesem Kontext werden bisher vorliegende Untersuchungen zu Antisemitismus in schulischen und außer­schulischen Bildungszusammenhängen ergänzend untersucht.

Polizeiliche Kriminalprävention und Opferschutz sind unter anderem darauf ausgerichtet, über Straftaten, die der Politisch motivierten Kriminalität zuzuordnen sind, zu informieren. Zudem wirkt die Polizei bei der Entwicklung, Optimierung und Umsetzung von polizeilichen Konzepti­onen und Strategien zur Prävention und Bekämpfung von Politisch motivierter Kriminalität mit, vernetzt sich mit dem Verfassungsschutz und anderen externen Präventionsträgern. Hierbei beteiligt sie sich mit ihrem Informations- und Beratungsangebot zur Prävention der Politisch motivierten Kriminalität unter anderem an Projekten von Schulen und anderen Präventionsträ-gern sowie an oben genannten Programmen, Projekten und Maßnahmen.

Auf Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen wurde zur Ständigen Konferenz der Innenmi­nister und -senatoren der Länder im Frühjahr 2021 das „Sonderlagebild Antisemitismus“ be­schlossen, welches einen umfassenden Blick auf die insoweit einschlägigen Straftaten in den Ländern ermöglichen soll.

Es soll unter anderem dazu dienen, die Erfassung antisemitischer Straftaten im Kriminalpoli­zeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität differenzierter zu erfassen, neue Er­kenntnisse für Bekämpfungsansätze zu erlangen sowie Prävention und Repression zielge­nauer auszurichten.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner