Köln: Massenschlägerei nach Fußballspiel – Was sind die Fakten?

Kleine Anfrage
vom 05.03.2024

Kleine Anfrage 3473

der Abgeordneten Markus Wagner und Andreas Keith AfD

Köln: Massenschlägerei nach Fußballspiel Was sind die Fakten?

Am Samstagabend, den 3. Februar 2024, kam es im Kölner Stadtteil Bickendorf zu einer Auseinandersetzung zwischen gewalttätigen Anhängern aus der Fußballszene, wobei mehrere Beteiligte verletzt wurden. Nach dem Bundesligaspiel des 1. FC Köln gegen Eintracht Frankfurt wählten Passanten gegen 20.30 Uhr den Notruf, da sich an der Venloer Straße/Ecke Äußere Kanalstraße eine Schlägerei mit etwa 100 Beteiligten zutrug.1

Beim Eintreffen der Einsatzkräfte flüchteten die mutmaßlichen Straftäter in diverse Richtungen. Viele seien in Richtung eines beliebten Kölner Szenetreffpunkts an der Vogelsanger Straße geflüchtet. Die von Zeugen als Anhänger des Vereins Eintracht Frankfurt identifizierten Beteiligten wurden nicht von der Polizei gefasst. Nach Rücksprache mit der Kölner Staatsanwaltschaft sperrten die Einsatzkräfte das Umfeld des Treffpunkts an der Vogelsanger Straße weiträumig ab und fanden im Gebäude mehr als 30 Personen auf, von denen mehrere Verletzungen aufwiesen. Diese konnten, nachdem ihre Personalien aufgenommen wurden, den Bereich verlassen. Nun werden Ermittlungen wegen Landesfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung geführt.2

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fangruppen aus der Fußballszene? (Bitte nach Ort, Vereinszugehörigkeit der Fangruppe, Anzahl der Beteiligten und Anzahl der Verletzten aufschlüsseln.)
  3. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr zu Straftaten, die in Verbindung zu einem Fußballspiel standen und speziell von Fans des 1. FC Köln begangen wurden? (Bitte nach Ort, Straftatbeständen und Anzahl der Beteiligten aufschlüsseln.)
  4. Bei wie vielen der in Frage 2 erfragten Vorfälle kam es zu Beschädigungen von öffentlichem oder privatem Eigentum? (Bitte nach Jahr, Ort, entstandenem Schaden, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  5. Bei wie vielen der in Frage 3 erfragten Vorfälle kam es zu Beschädigungen von öffentlichem oder privatem Eigentum? (Bitte nach Jahr, Ort, entstandenem Schaden, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner
Andreas Keith

 

MMD18-8368

 

1 https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/12415/5706425.

2 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3473 mit Schreiben vom 12. April 2024 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstra­fen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdäch­tigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 11.03.2024 berichtet, dass wegen des in der Kleinen Anfrage geschilderten Sachverhalts ein Ermittlungs­verfahren wegen schweren Landfriedensbruchs u. a. gegen derzeit 37 Beschuldigte anhängig sei.

Zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt verhält sich der vorbezeichnete Bericht wie folgt:

„Am 03.02.2024 gegen 20:30 Uhr, wenige Minuten nach Beendigung der im Kölner Rhein-Energie-Stadion ausgetragenen Fußballbundesligapartie zwischen dem 1. FC Köln und Ein­tracht Frankfurt, meldeten mehrere Zeugen bei der Polizei in Köln, dass im Kreuzungsbereich Äußere Kanalstraße/Venloer Straße in Köln eine tätliche Auseinandersetzung zwischen 70 bis 80 augenscheinlich der gewaltbereiten Fanszene des Fußballvereins Eintracht Frankfurt an­gehörigen Personen und 20 bis 25 Personen der entsprechenden Szene des 1. FC Köln statt­finde. Mit Eintreffen der alarmierten Polizeikräfte entfernten sich die an der Auseinanderset­zung beteiligten Personen in verschiedene Richtungen, darunter auch eine Gruppe in Richtung der Vogelsanger Straße, ohne dass es zu diesem Zeitpunkt zu Festnahmen und Identitätsfest­stellungen kommen konnte.

Polizeikräfte, die bereits mit der Meldung der Auseinandersetzung auch zu den an der Vogel-sanger Straße gelegenen Räumlichkeiten mehrerer Kölner Ultra-Fangruppierungen verlagert worden waren, konnten dort fünf Personen, darunter zwei polizeibekannte Fußballgewalttäter, von denen einer augenscheinlich verletzt war, beim Eintreten in das Vereinsheim beobachten.

Nachdem der eildiensthabende Staatsanwalt gegen 21:10 Uhr von diesem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt worden war, ordnete er die Durchsuchung der Vereinsräumlichkeiten an. In den Räumlichkeiten wurden 37 männliche Personen festgestellt, von denen sieben leichtere Verletzungen wie Schürfwunden und kleinere Platzwunden aufwiesen. Ferner wurden um­fänglich, individuell bislang nicht zurechenbare Utensilien festgestellt, wie sie für die Durchfüh­rung gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Fanlagern typisch sind, so etwa Quarzsandhandschuhe, Schlauchschals, Sturmhauben, Zahnschutzleisten, pyrotechni­sche Gegenstände und ein Baseballschläger.

Mit den weiteren Ermittlungen wurde eine eigens bei dem Polizeipräsidium Köln eingerichtete Ermittlungsgruppe beauftragt. Die Ermittlungen, insbesondere die Auswertung der sicherge­stellten Beweismittel sowie die Sichtung im Umfeld des Tatgeschehens gesicherter Videoauf­nahmen, dauern noch an.

Die – teilweise mehrfach vertretenen – Vornamen der zwischen 18 und 37 Jahre alten Be­schuldigten lauten Andre, Anton, Bruno, Cederic, Daniel, Dennis, Dominik, Eugene, Fabian, Fabrice, Frederik, Fritz, Gereon, Gregor, Johannes, Jonathan, Julian, Kevin, Lennart, Leonard, Maximilian, Michael, Moritz, Nicolas, Niklas, Nils, Pierre, Samuel, Sascha, Sebastian, Sidney, Tristan und Tufan. Sämtliche Beschuldigte haben die deutsche Staatsangehörigkeit.

Von den Beschuldigten weisen 26 keine Vorstrafen auf. Bei sieben Beschuldigten ist jeweils ein Eintrag im Bundeszentralregister zu verzeichnen, der in drei Fällen jugendstrafrechtliche Diversitätseinstellungen und in den anderen vier Fällen Verurteilungen zu Geldstrafen zwi­schen 30 und 40 Tagessätzen wegen Sachbeschädigung, Betäubungsmittelbesitzes oder Be­truges zum Inhalt hat. Weitere zwei Registerauszüge weisen zwei Eintragungen auf, die je­weils zwei jugendstrafrechtliche Einstellungsentscheidungen vermerken. Einer der Beschul­digten ist ausweislich des Auszugs aus dem Bundeszentralregister nach einer jugendstraf­rechtlichen Einstellung neben einer wegen Körperverletzung ausgeurteilten Geldstrafe von 40 Tagessätzen wegen Betäubungsmittelhandels zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten zur Bewährung verurteilt worden, die inzwischen erlassen ist. Ein weiterer Beschuldigter weist insgesamt elf Eintragungen im Bundeszentralregister auf, darunter auch mehrfach solche we­gen Landfriedensbruchs, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Be­leidigung und Sachbeschädigung. Gegen ihn ist zuletzt eine Freiheitsstrafe von sieben Mona­ten zur Bewährung verhängt worden; die Bewährungszeit ist noch nicht abgelaufen.“

  1. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu gewalttätigen Auseinander­setzungen zwischen Fangruppen aus der Fußballszene? (Bitte nach Ort, Vereins­zugehörigkeit der Fangruppe, Anzahl der Beteiligten und Anzahl der Verletzten aufschlüsseln.)

Im Rahmen des polizeilichen Informationsaustauschs zu Sportveranstaltungen werden grund­sätzlich Spielzeiten ausgewertet (Fußballspiele der ersten vier Spielklassen). Aufgrund einer bundesweit systemischen Umstellung im polizeilichen Informationsaustausch zu Sportveran­staltungen Endes des Jahres 2017 kann für die Spielzeiten 2015/16, 2016/17 und 2017/18 auch für das Land Nordrhein-Westfalen retrograd keine Auswertung gemäß der Fragestellung mit vertretbarem Verwaltungsaufwand erfolgen. In den Spielzeiten 2018/2019 bis heute kam es in Nordrhein-Westfalen zu insgesamt 171 Vorfällen, die sich wie folgt auf die Spielzeiten verteilen:

Spielzeit Anzahl Auseinandersetzungen
2018/19 44
2019/20 20
2020/21 9
2021/22 38
2022/23 36
2023/24 24

 

Als „gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Fangruppen aus der Fußballszene“ im Sinne der Fragestellung sind Gewaltdelikte (Körperverletzungsdelikte und Landfriedensbruch) unter Beteiligung von mindestens drei Personen aufgeführt.

  1. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr zu Straftaten, die in Verbindung zu einem Fußballspiel standen und speziell von Fans des 1. FC Köln begangen wur­den? (Bitte nach Ort, Straftatbeständen und Anzahl der Beteiligten aufschlüsseln.)

Die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste des Landes Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW), gleichzeitig auch Landesinformationsstelle Sporteinsätze (LIS) für Nordrhein-Westfalen, sammelt, analysiert und bewertet jeweils die Daten einer gesamten Saison. Die entsprechenden Berichte der ver­gangenen 20 Jahre für Nordrhein-Westfalen und den Bund sind unter: https://lzpd.poli-zei.nrw/artikel/zis-jahresbericht frei im Internet zugänglich.

Eine erforderliche händische Auswertung zu speziell von Fans des 1. FC Köln begangenen Straftaten ist innerhalb der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

  1. Bei wie vielen der in Frage 2 erfragten Vorfälle kam es zu Beschädigungen von öffentlichem oder privatem Eigentum? (Bitte nach Jahr, Ort, entstandenem Scha­den, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationali­tät aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra aus­weisen.)

Eine erforderliche händische Auswertung ist innerhalb der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

  1. Bei wie vielen der in Frage 3 erfragten Vorfälle kam es zu Beschädigungen von öffentlichem oder privatem Eigentum? (Bitte nach Jahr, Ort, entstandenem Scha­den, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationali­tät aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra aus­weisen.)

Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

 

MMD18-8822