Kleine Anfrage 1875
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Köln: Serie der Messerattacken reißt nicht ab – Wieder zwei Jugendliche verletzt
Die Reihe der Gewalttaten, bei denen Messer zum Einsatz kommen, wurde auch diese Woche weiter fortgesetzt. Am Dienstagabend, den 16. Mai 2023 kam es in Köln-Kalk hinter den Köln Arcaden, einem beliebten Einkaufszentrum, an der Barcelona-Allee zu einem Streit. In dessen Verlauf eskalierte die Situation, und bei der anschließenden Messerstecherei wurden zwei Jugendliche im Alter von 17 und 18 Jahren verletzt. Einer der Jugendlichen musste mit „erheblichen Verletzungen“ in ein Krankenhaus gebracht werden. Dem anderen Opfer war es möglich, nach einer ambulanten Behandlung nach Hause zu gehen.1
Nach Angaben der Polizei konnte weder bisher ermittelt werden, wie viele Personen an dieser Auseinandersetzung und letztendlichen Messerstecherei beteiligt waren, noch der Grund des Konflikts. Der oder die Tatverdächtigen befinden sich derzeit auf der Flucht.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- In welcher Form und Umfang wurde respektive wird innerhalb des Ermittlungsverfahrens nach den mutmaßlichen Tätern gefahndet beziehungsweise nach potenziellen Zeugen gesucht? (Bitte die durchgeführten Maßnahmen wie Zeugenaufrufe, Hinzuziehung der Medien [z. B. des WDR und lokaler Zeitungen], Passantenbefragungen vor Ort einzeln aufschlüsseln, Sichtung von etwaigen Videoaufnahmen.)
- Sind die Köln Arcaden, hinter denen sich der oben geschilderte Vorfall ereignete, seit 2015 bis heute schon einmal Gegenstand polizeilicher Untersuchungen gewesen? (Bitte nach Jahr und Grund des Polizeieinsatzes aufschlüsseln.)
- Wie viele Intensivtäter wurden und werden in Köln von 2015 bis heute geführt? (Bitte nach Alter, Geschlecht und Nationalität sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit bei Deutschen aufschlüsseln.)
- Zu wie vielen Angriffen mit dem Tatmittel Stichwaffe/Messer kam es in Köln vom 1. Januar 2022 bis heute? (Bitte Tätermerkmale wie Alter, Geschlecht und Nationalität sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit bei Deutschen aufschlüsseln.)
Markus Wagner
2 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1875 mit Schreiben vom 26. Juni 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 02. und 09.06.2023 zu dem angesprochenen Sachverhalt im Wesentlichen berichtet, dass die Ermittlungen gegen einen jugendlichen Beschuldigten wegen versuchten Totschlags, seinen heranwachsenden Bruder wegen gefährlicher Körperverletzung und deren Mutter wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung andauerten. Die Beschuldigten seien serbische Staatsangehörige; der jugendliche Beschuldigte verfüge zudem über die französische und dänische Staatsangehörigkeit.
Zum Tathergang verhält sich der vorbezeichnete Bericht vom 02.06.2023 wie folgt (Die Namen der Beschuldigten wurden im Hinblick auf ihr Persönlichkeitsrecht und die Unschuldsvermutung pseudonymisiert):
„Am 16.05.2023 gegen 19:30 Uhr kam es in der Parkanlage hinter dem Einkaufszentrum Köln Arcaden in Köln-Kalk zu einer zunächst verbalen Auseinandersetzung zwischen den Beschuldigten X und Y einerseits und den zwei 17- und 18-jährigen Geschädigten andererseits. Im weiteren Verlauf erfolgte ein körperlicher Übergriff durch die Beschuldigten, bei welchem letztendlich durch den zum Tatzeitpunkt 15-jährigen Beschuldigten X ein von ihm mitgeführtes Küchenmesser gegen die Geschädigten eingesetzt wurde. Einer der Geschädigten erlitt zwei Stichverletzungen im Rücken, die aufgrund des erheblichen Blutverlustes zeitweise potenziell lebensgefährlich waren. Der weitere Geschädigte wurde am Oberarm und an der Hand verletzt. Die Messerklinge verblieb nach einer Stichbewegung im Rücken des erstgenannten Geschädigten stecken, so dass eine weitere Tatausführung nicht mehr möglich war. Der Beschuldigte X flüchtete anschließend vom Tatort. … Seit dem 18.05.2023 befindet er sich in Untersuchungshaft.“
Ergänzend hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln unter dem 09.06.2023 berichtet:
„Nach Zeugenaussagen soll die Beschuldigte einen der beiden Geschädigten kurzzeitig festgehalten haben. Da sie aber nach den bisherigen Erkenntnissen nicht mit dem Einsatz des Messers durch den Beschuldigten X rechnete bzw. rechnen konnte, besteht gegen sie derzeit lediglich ein Anfangsverdacht wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung.“
Von weiteren Angaben zu den Beschuldigten, insbesondere zu etwaigen Vorstrafen, wird mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die im Ermittlungsverfahren nach Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu beachtende Unschuldsvermutung unter Abwägung mit dem parlamentarischen Informationsinteresse abgesehen.
- In welcher Form und Umfang wurde respektive wird innerhalb des Ermittlungsverfahrens nach den mutmaßlichen Tätern gefahndet beziehungsweise nach potenziellen Zeugen gesucht? (Bitte die durchgeführten Maßnahmen wie Zeugenaufrufe, Hinzuziehung der Medien [z. B. des WDR und lokaler Zeitungen], Passantenbefragungen vor Ort einzeln aufschlüsseln, Sichtung von etwaigen Videoaufnahmen.)
Den vorbezeichneten Berichten des Leitenden Oberstaatsanwalts in Köln zufolge sind am Tatort und in den folgenden Tagen u. a. zahlreiche Tatzeugen befragt und weitere Ermittlungen angestellt worden. Pressemitteilungen erfolgten durch die zuständige Kreispolizeibehörde Köln. Auf diese Weise konnten die Namen der Beschuldigten und Informationen zu deren Aufenthalt ermittelt werden.
- Sind die Köln Arcaden, hinter denen sich der oben geschilderte Vorfall ereignete, seit 2015 bis heute schon einmal Gegenstand polizeilicher Untersuchungen gewesen? (Bitte nach Jahr und Grund des Polizeieinsatzes aufschlüsseln.)
Ja. Überwiegend kam es an der Anschrift der Köln Arcaden, Kalker Hauptstraße 55 in 51103 Köln zu Diebstahlsdelikten.
- Wie viele Intensivtäter wurden und werden in Köln von 2015 bis heute geführt? (Bitte nach Alter, Geschlecht und Nationalität sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit bei Deutschen aufschlüsseln.)
Zur Beantwortung der Frage werden – wie im Rahmen der Beantwortung gleichlautender Fragestellungen vorangegangener Kleiner Anfragen auch – die entsprechenden jährlich erhobenen Steuerungskennzahlen des landesweit einheitlichen Fachcontrollings der Kriminalpolizei NRW herangezogen (Führungs- und Informationssystem der Polizei NRW – FISPol NRW).
Der nachfolgenden Tabelle bitte ich die Anzahl der jeweils im laufenden Kalenderjahr von der Kreispolizeibehörde Köln als Intensivtäterin und Intensivtäter geführten Personen zu entnehmen. Personen, die über einen mehrjährigen Zeitraum als Intensivtäterin oder Intensivtäter geführt wurden, werden dabei mehrfach gezählt.
2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
131 | 215 | 298 | 306 | 286 | 268 | 218 | 177 |
(Zum Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres)
- Zu wie vielen Angriffen mit dem Tatmittel Stichwaffe/Messer kam es in Köln vom 1. Januar 2022 bis heute? (Bitte Tätermerkmale wie Alter, Geschlecht und Nationalität sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit bei Deutschen aufschlüsseln.)
Als Datenbasis für die Beantwortung dient die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach jährlich bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen dem Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2023 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor und finden demnach auch keinen Eingang in die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage.
Für den Statistikbereich Köln kam es im Jahr 2022 zu 385 Straftaten bei denen ein Messer oder eine Stichwaffe verwendet wurde.