Kleine Anfrage 848
des Abgeordneten Markus Wagner vom 01.12.2022
Kölner Hbf: Fahndung nach brutaler Attacke – Wie weit sind die Ermittler?
Am 28. Mai 2022 wurden zwei 20-Jährige am Hauptbahnhof in Köln gegen 6:15 Uhr von vier jungen Männern grundlos angegriffen und erheblich verletzt. Einem der Opfer wurde gegen das Bein und in den Bauch getreten sowie ins Gesicht geschlagen. Dem anderen Geschädigten schlug man während der Flucht mit voller Wucht gegen den Hinterkopf und trat ihn anschließend zu Boden. Zwei der Täter, ein 17-Jähriger und ein 18-Jähriger, konnten von der Bundespolizei noch am Tattag festgenommen werden. Die beiden weiteren, bis dahin unbekannten Täter wurden im Zuge der Auswertung von Videoaufzeichnungen festgestellt. Eine zuerst interne polizeiliche Fahndung blieb jedoch erfolglos, sodass das Amtsgericht Köln entschied, die Fahndung in die Öffentlichkeit zu bringen.1
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Warum wurde die Öffentlichkeitsfahndung nach den weiteren zwei Tätern erst jetzt eingeleitet?
- Sind die zwei noch zur Fahndung ausgeschriebenen Tatverdächtigen bereits durch weitere Delikte in polizeiliche Erscheinung getreten?
- In welcher physischen wie auch psychischen Verfassung befinden sich die Opfer heute?
- Welche Art der Hilfe wurde den Opfern von Seiten des Landes zuteil?
Markus Wagner
1 Vgl. h t t ps :/ / w ww . e x pr e s s .d e/ k o e l n /k o el n e r-h a u p t b ah n h of-fahndung-nach-brutaler-attacke-370221.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 848 mit Schreiben vom 10. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Zur Beantwortung hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 21. Dezember 2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Soweit mein Geschäftsbereich berührt ist, hat mir der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln unter dem 13.12.2022 wie nachstehend berichtet:
‚Es konnten zwei Tatverdächtige ermittelt werden.
Gegen den zur Tatzeit 18-jährigen B1, angolanischer Staatsangehöriger, wurde das Ermittlungsverfahren an die für den Wohnort des Beschuldigten zuständige Staatsanwaltschaft Münster abgegeben. Der Sachstand dieses Verfahrens ist hier nicht bekannt. […]
Gegen den zur Tatzeit 17-jährigen B2, portugiesischer Staatsangehöriger, wurde wegen der Tat vom 28.05.2022 am 09.09.2022 Anklage wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zum Landgericht Köln erhoben. Mit Beschluss vom 16.09.2022 (104 KLs 33/22) hat das Landgericht Köln das Hauptverfahren eröffnet und das Verfahren sodann mit einem weiteren anhängigen Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen im Tatzeitraum zwischen dem 22.08.2021 und dem 25.03.2022 verbunden (104 KLs 782/22). Mit rechtskräftigem Urteil vom 04.11.2022 hat das Landgericht Köln B2 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gesprochen und zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Entscheidung über die Aussetzung dieser Einheitsjugendstrafe zur Bewährung wurde im Urteil einem nachträglichen Beschluss vorbehalten. Wegen zwei der angeklagten Taten war das Verfahren durch Beschluss des Landgerichts Köln vom 26.10.2022 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der B2 befand sich für das verbundene Verfahren vom 09.08.2022 bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 06.10.2022 in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 04.11.2022 (Tag des Urteils) wurde der Haftbefehl aufgehoben. […]‘
Der Generalstaatsanwalt in Köln hat unter dem 13.12.2022 Folgendes ausgeführt:
‚Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat mir ergänzend berichtet, hinsichtlich der zwei unbekannten Tatverdächtigen sei dort ein gesondertes Verfahren gegen Unbekannt anhängig. Der Vorgang sei zu Ermittlungen an die Bundespolizei versandt und habe in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht beigezogen werden können. Insoweit sei eine Stellungnahme zu den aufgeworfenen Fragen derzeit nicht möglich.
Gegen die staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung habe ich keine Bedenken.‘
Soweit das Verfahren gegen B1 an die Staatsanwaltschaft Münster abgegeben wurde, hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Münster dem Ministerium der Justiz hierzu unter dem 19.12.2022 wie folgt berichtet:
‚Das gegen den B1 wegen der Tat vom 28.05.2022 zunächst bei der Staatsanwaltschaft Köln geführte Ermittlungsverfahren wurde hier am 24.10.2022 übernommen und der B1 am selben Tag wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zum Amtsgericht – Jugendrichter – Warendorf angeklagt. Mit Beschluss vom 28.11.2022 hat das Amtsgericht Warendorf das Hauptverfahren eröffnet und das Verfahren sodann zu einem weiteren Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung – Tatzeit: 01.01.2022 in Köln – verbunden. Gegenstand des Jugendstrafverfahrens ist ferner eine weitere verbundene Anklage wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte – Tatzeit: 15.05.2022 in Köln -. Das Amtsgericht Warendorf hat Termin zur Hauptverhandlung … bestimmt.‘
Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat das Ministerium der Justiz unter dem 19.12.2022 informiert, gegen die berichtete Sachbehandlung der Staatsanwaltschaft Münster keine Bedenken zu haben.
Zum Schutz der zur Tatzeit jugendlichen Beschuldigten und mit Blick auf den Erziehungsgedanken und das Persönlichkeitsrecht wird von einer Darstellung etwaiger Vorstrafen abgesehen. Die in den Berichten genannten Namenskürzel der Beschuldigten wurden pseudonymi-siert.“
- Warum wurde die Öffentlichkeitsfahndung nach den weiteren zwei Tätern erst jetzt eingeleitet?
- Sind die zwei noch zur Fahndung ausgeschriebenen Tatverdächtigen bereits durch weitere Delikte in polizeiliche Erscheinung getreten?
- In welcher physischen wie auch psychischen Verfassung befinden sich die Opfer heute?
- Welche Art der Hilfe wurde den Opfern von Seiten des Landes zuteil?
Die Fragen 2 – 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:
Die den Sachverhalt betreffenden Ermittlungen werden unter den Sachleitungen der Staatsanwaltschaften Köln und Münster zuständigkeitshalber durch die Bundespolizei geführt. Dem Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen liegen zum gegenständlichen Sachverhalt insoweit keine Informationen vor. Gleiches gilt für die Belange des Opferschutzes.