Kleine Anfrage 697
des Abgeordneten Herbert Strotebeck AfD
Prolog: Am 3. Januar 2018 wurden bei einer Razzia der Kölner Polizei am Friesenplatz, am Neumarkt und am Hauptbahnhof 32 Platzverweise („Bereichsbetretungs- und Aufenthaltsverbote“) ausgesprochen.1 Ein weiterer Kriminalitätsschwerpunkt ist der in der Innenstadt gelegene Ebertplatz, an welchem es im vergangenen Jahr mehrfach zu schweren Straftaten kam. Derzeit läuft der Prozess gegen einen Marokkaner, welcher am Ebertplatz einem Mann das Ohr abgeschnitten haben soll.2
Von Januar bis Oktober 2017 hat die Polizei 4000 Personalstunden auf dem Ebertplatz verbracht.3
Die AfD-Fraktion im Rat der Stadt Köln hat sich mehrfach mit Anträgen für eine Verbesserung der Lage am Ebertplatz eingesetzt (unter anderem sollte der Polizeipräsident aufgefordert werden, längerfristige Aufenthaltsverbote in den Bereichen Neumarkt und Ebertplatz zu verhängen)4.
Aus der Antwort des Ministers des Inneren, Herbert Reul, auf die Kleine Anfrage „Ebertplatz – Eine No-go-Zone im Herzen von Köln?“ (Drucksache 17/1273)5 ergeben sich weitere Fragen. Insbesondere die Aussagen „Zielgerichtetes Initiieren von Ermittlungsverfahren und priorisierte Bearbeitung unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten“ und „Prüfung von Bereichsbetretungsverboten“ erfordern weitere Details.
1 https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/12415/3830464
2 http://www.bild.de/regional/koeln/drogenhandel/ohr-abgeschnitten-54375144,la=de.bild.html
4 https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=641131&type=do&
5 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD17/1273&quelle=alle
Daher frage ich die Landesregierung:
- Wie entwickelte sich die Anzahl der Personalstunden der Polizei im Zeitraum von 2014 bis 2017 im Bereich Kölner Ebertplatz (bitte aufschlüsseln nach Jahr und Anzahl)?
- Bezog sich die Prüfung von Bereichsbetretungsverboten (ugs. Platzverweise) lediglich auf kurzfristige Platzverweise oder auch auf längerfristige Aufenthaltsverbote bis zu einer Höchstgrenze von maximal drei Monaten?
- Welche Art von Verweisen wurden 2017 im Bereich Kölner Ebertplatz ausgesprochen (bitte aufschlüsseln nach Art und Monat)?
- Welche konkreten Maßnahmen wurden bei Verstößen gegen die Verweise (siehe Frage 3) ergriffen?
- Wäre die Einführung von Stadtverweisen, welche über längerfristige Aufenthaltsverbote hinausgehen, ein sinnvolles Instrument für die Kommunen mit erheblichen Kriminalitätsproblemen?
Herbert Strotebeck
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 697 wie folgt:
Frage 1 Wie entwickelte sich die Anzahl der Personalstunden der Polizei im Zeitraum von 2014 bis 2017 im Bereich Kölner Ebertplatz (bitte aufschlüsseln nach Jahr und Anzahl)?
Die Polizei Köln hat im Anschluss an die Ereignisse der Silvesternacht 2015 ein Präsenzkonzept entwickelt, das seit Januar 2016 umgesetzt wird. Im September 2016 wurde der Ebertplatz als gefährlicher Ort gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PoIG Nordrhein-Westfalen) eingestuft.
Seitdem erfolgt eine statistische Erfassung der Personalstunden im Bereich des Ebertplatzes, ohne dass dabei außenveranlasste Einsätze Berücksichtigung finden. Aus diesem Grund stehen erst seit dem Jahr 2017 valide Zahlen über die Personalstunden an der Örtlichkeit zur Verfügung. Im Jahr 2017 wurden demnach 8.823 Personalstunden am Ebertplatz geleistet.
Frage 2 Bezog sich die Prüfung von Bereichsbetretungsverbo-ten (ugs. Platzverweise) lediglich auf kurzfristige Platzverweise oder auch auf längerfristige Aufenthaltsverbote bis zu einer Höchstgrenze von maximal drei Monaten?
Gemäß § 34 Abs. 1 PolG Nordrhein-Westfalen kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten.
Diese Ermächtigung wird umgangssprachlich auch als Platzverweis bezeichnet.
Gemäß § 34 Abs. 2 PolG Nordrhein-Westfalen kann die Polizei einer Person für eine bestimmte Zeit verbieten, einen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie dort Straftaten begehen wird oder zu ihrer Begehung beiträgt. Dieses Verbot darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten und wird auch als Bereichsbetretungsverbot bezeichnet.
Die in der Antwort auf die kleine Anfrage 474 (LT-Drs. 17/1273) erwähnte Prüfung von Bereichsbetretungsverboten bezieht sich auf Platzverweise und Bereichsbetretungsverbote.
Im Bereich des Ebertplatzes wurden sowohl Platzverweise im Sinne des § 34 Abs. 1 PolG Nordrhein-Westfalen als auch Bereichsbetretungsver-bote im Sinne des § 34 Abs. 2 PolG Nordrhein-Westfalen ausgesprochen.
Frage 3 Welche Art von Verweisen wurden 2017 im Bereich Kölner Ebertplatz ausgesprochen (bitte aufschlüsseln nach Art und Monat)?
Im Jahr 2017 wurden im Bereich Ebertplatz insgesamt 906 kurzfristige Platzverweise gemäß § 34 Abs. 1 PolG Nordrhein-Westfalen erteilt, die im Folgenden nach Monaten aufgeschlüsselt sind:
Monat | Platzverweise |
Januar | 61 |
Februar | 53 |
März | 77 |
April | 51 |
Mai | 54 |
Juni | 52 |
Juli | 142 |
August | 120 |
September | 43 |
Oktober | 123 |
November | 97 |
Dezember | 33 |
Gegen 18 Personen wurden im Jahr 2017 für den Bereich Ebertplatz Bereichsbetretungsverbote gemäß § 34 Abs. 2 PolG Nordrhein-Westfalen verfügt. Aufgrund teils langwieriger Verwaltungsverfahren bis zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes ist eine – trennscharf nach Monaten – gegliederte Aufschlüsselung nicht möglich.
Frage 4 Welche konkreten Maßnahmen wurden bei Verstößen gegen die Verweise (siehe Frage 3) ergriffen?
Zur Durchsetzung eines ausgesprochenen Platzverweises kann eine Gewahrsamnahme gemäß § 35 Abs. 1 Punkt 3 PolG Nordrhein-Westfalen erfolgen.
Im Jahr 2017 wurden im Bereich des Ebertplatzes insgesamt 61 Personen in Gewahrsam genommen, die im Folgenden nach Monaten aufgeschlüsselt sind.
Die statistische Erfassung von Gewahrsamnahmen erfolgt ohne Aufschlüsselung nach der zugrundeliegenden Rechtsnorm. Eine entsprechende Auswertung lässt sich nur händisch, unter einem enormen Arbeitsaufwand erstellen und ist innerhalb der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu bewältigen. Dementsprechend kann keine Aussage über die Anzahl der Gewahrsamnahmen zur Durchsetzung von Platzverweisen nach § 34 Abs. 1 PolG Nordrhein-Westfalen getätigt werden.
Monat | Gewahrsamnahmen |
Januar | 6 |
Februar | 0 |
März | 3 |
April | 0 |
Mai | 2 |
Juni | 4 |
Juli | 11 |
August | 2 |
September | 5 |
Oktober | 11 |
November | 10 |
Dezember | 7 |
Zur Ahndung von Verstößen gegen verhängte Bereichsbetretungsverbo-te nach § 34 Abs. 2 PolG Nordrhein-Westfalen für den Bereich Ebert-platz wurden im Jahr 2017 in 23 Fällen Zwangsgelder festgesetzt. In 22 Fällen davon wurden zusätzlich Gewahrsahmnahmen durchgeführt.
Frage 5 Wäre die Einführung von Stadtverweisen, welche über längerfristige Aufenthaltsverbote hinausgehen, ein sinnvolles Instrument für die Kommunen mit erheblichen Kriminalitätsproblemen?
Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass in Kommunen in Nordrhein-Westfalen Bedarf nach einer über die geltenden Regelungen in § 24 Nr. 13 Ordnungsbehördengesetz und § 34 PolG Nordrhein-Westfalen hinausgehenden Regelung besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Reul