Kleine Anfrage 4714
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Kriegsverbrecher unter Asylsuchenden – Welche Zahlen liegen der Landesregierung vor?
Nach Informationen der Bild-Zeitung und des Nachrichtenmagazins SPIEGEL ignorierten die Bundesregierungen und deutsche Behörden seit 2014 tausende Hinweise auf mögliche Kriegsverbrecher, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen waren. Bis 2019 waren der Bundesregierung rund 7.000 solcher Hinweise bekannt, 5.000 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), 2.000 aus anderen Quellen. Allerdings blieben die Reaktionen darauf nach den Berichten unzureichend. Die Hinweise betrafen schwere Verbrechen wie Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die unter anderem in Ländern wie Syrien, Afghanistan und dem Irak begangen wurden. Trotz der Schwere der Vorwürfe führten diese Hinweise offenbar in vielen Fällen nicht zu Ermittlungen oder Abschiebungen. Dies wirft selbstverständlich erhebliche Fragen bezüglich der Gefährdung der inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen auf.1
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele der Personen, gegen die seit 2010 Hinweise auf Kriegsverbrechen vorlagen, wurden ausgewiesen respektive abgeschoben? (Bitte nach den Herkunftsländern der mutmaßlichen Kriegsverbrecher sowie dem Land des vermuteten Kriegsverbrechens aufschlüsseln.)
- Wie viele der Personen, gegen die Hinweise auf Kriegsverbrechen seit 2010 vorlagen, sind ausreisepflichtig, aber wurden noch nicht abgeschoben? (Bitte nach dem Jahr und den Herkunftsländern der mutmaßlichen Kriegsverbrecher sowie dem Land des vermuteten Kriegsverbrechens aufschlüsseln.)
- Wie viele der Personen, gegen die Hinweise auf Kriegsverbrechen seit 2010 vorlagen, haben seitdem die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten? (Bitte nach dem Jahr und den Herkunftsländern der mutmaßlichen Kriegsverbrecher aufschlüsseln.)
- Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung seit 2010 ergriffen, um die Verfolgung von Kriegsverbrechern unter Asylbewerbern zu verbessern, und welche Änderungen in der Vorgehensweise wurden vorgenommen?
- Wie viele Hinweise auf Kriegsverbrecher wurden seit 2010 von internationalen Partnern wie Interpol oder Europol an die Landesregierung weitergeleitet? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln.)
Markus Wagner
1 Vgl. www.spiegel.de/politik/deutschland/fluechtlinge-behoerden-ignorierten-offenbar-tausen de-hinweise-auf-kriegsverbrecher-a-1256660.html.
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4714 mit Schreiben vom 6. Dezember 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wie viele der Personen, gegen die seit 2010 Hinweise auf Kriegsverbrechen vorlagen, wurden ausgewiesen respektive abgeschoben? (Bitte nach den Herkunftsländern der mutmaßlichen Kriegsverbrecher sowie dem Land des vermuteten Kriegsverbrechens aufschlüsseln.)
- Wie viele der Personen, gegen die Hinweise auf Kriegsverbrechen seit 2010 vorlagen, sind ausreisepflichtig, aber wurden noch nicht abgeschoben? (Bitte nach dem Jahr und den Herkunftsländern der mutmaßlichen Kriegsverbrecher sowie dem Land des vermuteten Kriegsverbrechens aufschlüsseln.)
- Wie viele der Personen, gegen die Hinweise auf Kriegsverbrechen seit 2010 vorlagen, haben seitdem die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten? (Bitte nach dem Jahr und den Herkunftsländern der mutmaßlichen Kriegsverbrecher aufschlüsseln.)
Die Fragen 1. bis 3. werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemein-sam beantwortet.
In der Bundesrepublik Deutschland obliegt dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) die justizielle Zuständigkeit für die Verfolgung von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (VStGB).
Der GBA unterliegt weder der Zuständigkeit noch der Kontrolle der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Die in den Fragen 1 bis 3 angefragten Informationen tangieren Erkenntnisse, welche die Datenhoheit des sachleitenden GBA betreffen und können durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen somit nicht beantwortet werden.
- Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung seit 2010 ergriffen, um die Verfolgung von Kriegsverbrechern unter Asylbewerbern zu verbessern, und welche Änderungen in der Vorgehensweise wurden vorgenommen?
Der GBA beauftragte bis zum Ende des Jahres 2017 ausschließlich die „Zentralstelle für die Bekämpfung von Kriegsverbrechen und weiterer Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch“ (ZBKV) beim Bundeskriminalamt mit den kriminalpolizeilichen Ermittlungen im Sachzusammenhang. Seit dem Jahr 2018 führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen im Auftrag des GBA Ermittlungsverfahren im Bereich des VStGB. Im November 2019 fand innerhalb des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen die Neuorganisation der Abteilungen Polizeilicher Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung statt. In diesem Zuge erfolgte die Einrichtung eines Teildezernates, welches seitdem als zentrale Dienststelle innerhalb Nordrhein-Westfalens bei Delikten nach dem VStGB im Auftrag des GBA ermittelt.
Sofern die zuständige Ausländerbehörde Kenntnis darüber erhält, dass die betroffene Person durch den Aufenthalt in Deutschland die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich demokratische Grundordnung oder andere erhebliche öffentliche Interessen gefährdet, weist sie die betroffene Person aus. Sofern hierbei ein besonders schweres Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 1 AufenthG festgestellt wird, werden diese Personen in Bezug auf die Aufenthaltsbeendigung prioritär bearbeitet.
Dabei unterstützen insbesondere die Regionalen Rückkehrkoordination bei der Initiierung, Koordination und Begleitung von Vor-Ort-Fallkonferenzen zur behördenübergreifenden Vernetzung der relevanten Akteure sowie zur Festlegung geeigneter Maßnahmen, um eine zeitnahe Durchsetzung der Ausreisepflicht durch die zuständigen Behörden zu ermöglichen.
Ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine konkrete Abschiebung der jeweiligen Person vorliegen, muss im Rahmen einer umfassenden Einzelfallprüfung durch die örtlich zuständige Ausländerbehörde festgestellt werden.
- Wie viele Hinweise auf Kriegsverbrecher wurden seit 2010 von internationalen Partnern wie Interpol oder Europol an die Landesregierung weitergeleitet? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln.)
Der Austausch mit Interpol oder Europol erfolgt im Sachzusammenhang ausschließlich über die ZBKV des Bundeskriminalamts. Eine statistische Erfassung des Ursprungs eines weitergeleiteten Hinweises des Bundeskriminalamts erfolgt im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen nicht.